Die Hosen Des Herrn Von Bredow
sie's aushalten, wenn ich nicht zuhören muß. Ich will auch gar nicht mehr auf den Landtag reiten.«
Den Entschluß billigte seine Frau: »Was hast Du auch da zu thun, Götz! Hast darüber die Reiherjagd versäumt und die Martinigänse.«
»Was da gestänkert jetzt und geredet wird, Brigitte, Du glaubst es gar nicht. Nun frag' ich eine Seele, haben wir nicht genug Gerichte und Gerechtigkeit im Land? Sprachen sie jetzt davon, es sollte ein großes oberstes Gericht für die Marken errichtet werden in Berlin. Ist denn das Reichskammergericht nicht schon Plage genug für 'nen rechtschaffenen Edelmann, der's Unglück hat, daß er da was suchen muß? Nein, wir sollen die Plage auch apart haben. Da sollen zwei Banken hingestellt werden, auf einer sollen die Edelleute sitzen, auf der andern Gelehrte, und da soll alles geschlichtet und entschieden werden, was sich in den Haaren liegt.«
»Das wird 'nen Kohl geben!« sagte Frau von Bredow.
»Rechtes Futter für die Advokaten, Processe, die einen Edelmann von Haus und Hof fressen. Aber das ist den gelbschnäblichten Herren schon recht, je mehr nur geschrieben wird, desto confuser und besser.«
»Was Recht ist, weiß doch jeder selbst zum besten, nicht wahr, Götze. Gott sei Dank, wir haben nichts mit den Gerichten zu thun.«
»Meinst Du! Der Kunz Reder hat vor Jahren 'nen See abgelassen und ackert darauf. Nun sagen die Bauern vom alten Kietz, sie hätten ein Recht auf die Fische gehabt. Auf dem Acker könnten sie keine angeln. Und was kam beim Landtage vor. Der Redner sagte: sie könnten ja Frösche angeln, wollt's ihnen nicht wehren. Aber glaubst Du, Tile Holzendorf und noch ein Paar stunden auf, die Bauern wären im Recht. Da schlag denn doch das Donnerwetter drein. Wenn der Adel nicht mal zusammenhält.«
»Was ist auch das Angeln, Götze! Der Förster sagte gestern, der Dachs hat sich gestellt. Mann, wir brauchen Dachsfett in der Wirtschaft. Reite raus nach dem Bau und laß die bösen Gedanken. Die frische Luft thut Dir gut. Will die Jäger rufen lassen und die Körbe und Flaschen füllen.«
»Brigitte!« sagte Herr Gottfried aufstehend und reckte sich. »Ich wünschte, ich wäre selbst ein Dachs und könnte in mein Loch kriechen und schlafen den ganzen Winter und sähe nichts und hörte nichts. Denn Gescheites geschieht doch nicht mehr auf der Welt.«
Die Edelfrau horchte auf Etwas. Der Thürmer blies: »Was ist das? – Nachher Götze muß ich Dir noch was sagen. Der Herr von Lindenberg war heute Nacht hier. Es scheint mir was nicht richtig, aber da wir's nicht ändern können, ist's wohl gescheidter, wir thun, als wüßten wir nichts.«
Der Burgherr war damit vollkommen einverstanden, um so mehr, da er wirklich nicht wußte, was er nicht wissen sollte, und was Einer nicht weiß, ihn nicht heiß macht; und endlich, weil er gar nicht neugierig und der Meinung war, daß viel Wissen für einen Mann vom Uebel sei. Aber eins hätte er doch wissen mögen, als Brigitte hinaus war, nämlich warum sein Eisenhemde nicht am Platze hing. Auch die Büffelhaube fehlte und die Handschuhe. Er war ein Mann, der die Ordnung liebte, nämlich seine eigene, und wie er auch danach suchte, so fand er sie eben so wenig als Gründe, warum er sie nicht fand. So etwas konnte ihn verdrießen, und wenn er verdrießlich war, konnte er auch zornig werden. Und er fing schon an, nur daß keiner da war, an dem er seinen Zorn auslassen konnte, was aber noch mehr zornig machen kann.
Der Thürmer hatte wirklich geblasen, nicht einmal, wie wenn ein vereinzelter Reiter gesehen wird, sondern in langen, wiederholten und anhaltenden Stößen, die einen ganzen Heereszug bedeuten. Ein Trupp Reiter in Harnisch und Helm schwenkte in den langen Baumgang, der zum Schloß führte, das Eisen klirrte, und grad' als die Edelfrau auf dem Hof war, forderte der Anführer im Namen seiner kurfürstlichen Gnaden Oeffnung und Einlaß.
Alle sahen sich verwundert an, es war doch nicht Fehde, Herr Gottfried nicht in Acht, noch im Proceß mit der Kammer des Kurfürsten, daß er Einlagerung zu fürchten hatte.
»Oeffnet sonder Zaudern!« rief der Anführer, den Eisenklopfer dreimal fallen lassend. »Wir wissen, daß der Burgherr drinnen ist.«
»Das ist ja Herr Achim von Arnim, der Voigt von Potsdam!« rief die Frau. »Thut auf Leute, das ist etwas, oder 's ist eine Irrung.«
Die Reiter sprengten nur zum Theil in den Hof, der größere Theil blieb draußen. Der Anführer grüßte mit adliger Sitte die Burgfrau, doch
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