Die Hosen Des Herrn Von Bredow
gefangen worden und in Ketten eingebracht und sollte gerichtet werden. Ein Bredow war es, und der Bredow von Hohen-Ziatz, das wußten Alle; aber was er gethan, wie er gefangen, ob er allein für sich stand, oder im Bunde mit Vielen, darüber liefen so verschiedene Erzählungen um als Berlin und Köln zusammen Einwohner hat. Eine war immer schreckhafter als die andere, wie der Kurfürst gewüthet und sich die Haare gerauft und geschworen, er wolle ihn an den höchsten Galgen hängen lassen.
Waren die Bürger und die von draußen uneins, ob sie darüber sich freuen oder klagen sollten, – denn Einige meinten, es sei doch schade, daß es gerade den Götze Bredow getroffen – so sah man dafür nur zornige Gesichter unter den Herren, die vom Lande gekommen. Sie steckten die Köpfe zusammen in den Schänken und Gaststuben, die Augen rollten und die Fäuste schlugen auf den Tisch. Was da geflüstert ward, die Flüche und Drohungen, die von den Lippen quollen, wie Jener über die Tafel spie und mit dem Fuß auftrat, daß die Tischbeine knackten; es war gut für die Herren und das Gemeinwohl auch, daß es dazumal noch keine Horcher gab, und gab es deren, daß die Angeber nicht bezahlt wurden, die nichts hinterbringen konnten als Worte. Davon wären heutzutage Berge von Acten geschrieben und Processe geworden, die hätten lange Jahre gedauert, ja, es hätte nicht Dinte genug gegeben, noch Papier, um Alles zu schreiben, noch hätte die Mark so viele Festungen gehabt, um Alle, die verurtheilt wären, einzusperren. Auch dazumal kamen die Worte bis zu den Geheimräthen und Kanzlaren und den Fürsten selbst; die aber dachten Einer wie der Andere: Worte sind Wind. Der kommt und geht, und der ist ein Thor, der den Wind fassen will. Und darum ward es nicht schlimmer. Den Kurfürsten aber nannten seine Zeitgenossen und Nachkommen: Joachim Nestor oder Joachim den Weisen. 1
Durch's Spandauer Thor kamen an die Hundert geritten, in Wehr und Waffen und sahen gar nicht freundlich aus. Es waren die Bredows von Friesack mit ihren Lehnsvettern und Lehnsleuten. Jeder wußte, um was sie kamen und verargte ihnen nicht ihre bösen Blicke, aber es ward darum keine Trommel gerührt, noch schickten die kurfürstlichen Offiziere in's Schloß, daß man sich vorsehe, ja die Wache am Thor trat nicht einmal in's Gewehr. Die Bredows ritten nach ihrem Hause am hohen Steinweg, um da zu rathschlagen, was zu thun sei, und man fand das gut und ließ sie rathschlagen, so viel sie wollten; erst wenn sie etwas gethan, das nicht gut war, dann war es Zeit, daß man nach ihnen fahndete und richtete.
An seinem Fenster aber sah sie der Herr von Lindenberg vorüberreiten, und sein blasses Gesicht ward darum nicht freudiger. Man sah ihm an, daß er die Nacht wenig geschlafen, sein Morgentrunk stand auf dem Tische fast unberührt: sein buntes, glänzendes Hofkleid schien wie ein Spott zu seiner Miene. An seiner Thür klopfte es, und herein trat der Dechant von Alten-Brandenburg.
In Beider Blicken sprach sich etwas aus, was keiner Verständigung durch Worte bedurfte. Da bedarf ein Gespräch keiner langen Eingänge.
»Wir haben wohl Beide Eil'«, sagte der Herr von Lindenberg.
»Es freut mich, daß mein gnädiger Herr von Lindenberg zu Hofe sein muß, so kostet das, warum ich ihn bitte, keinen besonderen Gang.«
»Ihr kennt, wie ich, den unbiegsamen Charakter meines Herrn.«
»Auch wenn der Herr von Lindenberg es auf sich nimmt, diesen Sinn zu beugen? Wir haben alle Beweise gesammelt, die Zeugen sind unterwegs, daß Herr Gottfried in jener Nacht geschlafen hat.«
»Sagt lieber, daß er zu Bett gegangen und spät am Morgen aufgestanden ist. Der Kanzler wird entgegnen, daß damit nicht das Alibi erwiesen, daß es eine oft vorgekommene List derer ist, die Nachts ausziehen, sich Abends vor den Leuten zu Bett zu legen und Morgens vor den Leuten aufzustehen, derweil man in der Nacht durch die Fenster schlüpft, an einem Seil über die Mauer gleitet und auf der Koppel ein gesattelt Pferd findet. Da kann man denn auch schwören, daß das Thor verschlossen blieb. Uebrigens wißt Ihr, was die Zeugnisse der Dienstleute und Freunde in solchen Dingen vor Gericht gelten.«
»Auch mein Zeugniß!« sprach der Geistliche mit einem scharfen Blick auf den Ritter. »Ich komme eben von einem Krankenlager. Es war ein jammervoller Anblick, den edlen Herrn von Krauchwitz zu sehen, wie er vom Fieber und unaussprechlicher Angst geschüttelt, alle Heiligen anrief, sich seiner zu erbarmen.
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