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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Etwas ruchlos sonst in seinen Gesinnungen, schien doch die Gnade plötzlich zum Durchbruch gekommen. Eine rechte Freude war es, einen solchen Sünder in zerknirschter Buße der Kirche wieder gewonnen zu sehen. Auf seinen Knien, die Hände krampfhaft faltend –«
    »Herr Dechant,« unterbrach ihn der Ritter aufspringend, »Ihr seid ein Diener der Kirche, Ihr kennt Eure heiligen Pflichten. Ein Priester, der das Geheimniß der Beichte bricht, und gält' es des Kurfürsten Leben, Joachim vergiebt es ihm nimmer.«
    »Nicht in der Beichte, als Freund vertraute mir der Junker, was er wußte. Mich bindet nichts, als – meine Vernunft, wenn ich alle Schritte thue, die Freundschaft und Religion mir gebieten, die Ehre und das Leben eines unschuldigen Freundes zu retten.«
    Sie standen sich gegenüber, der Ritter mit gekreuzten Armen, der Geistliche die Hände in den Aermeln verschlungen, und maßen sich mit ihren Blicken:
    »Sprecht!« sagte der Geheimrath mit vollkommener Ruhe, das Auge scharf auf den Priester, der seine Augen jetzt auf der Diele ruhen ließ:
    »Der Rechtsstreit unseres Domcapitels über die Caveln und die Fischerei in den Havelseen dauert schon Jahre und kann noch Jahre dauern, und wiewohl ich nicht zweifle, daß das Recht, welches auf Seiten des Stiftes ist, zu Tage kommen muß, so sind die Grävenitze doch leider jetzt im Besitz und –«
    »Und Ihr möchtet gern die süßen Karpfen, die Aale, Karauschen und Zander schon jetzt auf Eurer Tafel haben – Herr Dechant! Ich bin nur der Vormund der Grävenitz'schen Kinder.«
    »Als gerechter Vormund dürft Ihr aber doch kein Unrecht vertheidigen; Ihr könntet Namens der unschuldigen Kleinen –«
    »Das ist viel gefordert, Herr Dechant!«
    »Es steht bei Euch, was Ihr opfert und was Ihr gewinnt, abzuwägen. Ich spreche nicht für mich, nur im Auftrag des Capitels, das mir schon seit länger Vollmacht ertheilte.«
    Der Geheimrath schwieg eine Weile: »Der Kauf wäre für Euch zu vorteilhaft und mein Gewinn mehr als zweifelhaft. Mit den stummen Fischen stopfe ich nur den Mund eines Zeugen. Wo soll ich Fische hernehmen für die andern Mäuler! So wie Euer Verstand Euch sagen wird, kann ich auf den Handel nicht eingehen. Ihr müßt zulegen, viel, das Beste.«
    Der Dechant schlug wieder die Augen auf: »Sprecht!«
    »Götze war es, dabei bleibt, dabei muß es bleiben. Glaubt Ihr nicht, daß ich auch Beweise sammeln kann? Ich habe auch Zeugen vorzuführen. Aber ich will einen besseren haben. Götze selbst soll es eingestehen.«
    Mit halb offenem Munde sah ihn der Geistliche an.
    »Wäre das so schwer ihn zu überreden, daß er eine That einräumte, die ihm vor den Menschen keine Schande macht? Was! hat nicht der Krämer beim Handel seine Leute über's Ohr gehauen, mußten diese nicht selbst Justiz an ihm nehmen? Noch mehr, wie ich erfuhr, hat der Schelm von dem Trockenplatz des Herrn Leibkleid bei nächtlicher Weile fortgestohlen. Sollte Götz das ruhig hinnehmen! Wenn er gesteht, will ich sein Advokat sein vor dem Kurfürsten. Und kein schlechter; das glaubt mir. Nur ein Exceß in eigenmächtiger Selbsthülfe war es; in die andere Wagschale thut man seinen guten Leumund, die ganze Ritterschaft tritt für ihn ein. Eine ritterliche Haft von ein paar Monaten, eine Geldbuße von ein paar Mark, die ich bezahlen will, und der ganze Bettel ist ausgeglichen.«
    »Gnädigster Herr, wer soll ihn dazu überreden!«
    »Wozu seid Ihr Pfaff, wozu habt Ihr Logik studirt und die Beredsamkeit in Ingolstadt?«
    »Wenn er bei gesunden Sinnen ist, Herr von Lindenberg –«
    »Auf den Götz kommt's nicht an, es kommt auf Euch an, ob Ihr bei gesunden Sinnen seid.«
    »Er ist zu ehrlich und wahrhaftig.«
    »Will ich denn, daß er lügen soll? – Wenn er nicht geschlafen, wenn er gewußt hätte, daß der Krämer mit seinen Hosen durchging, würde er nicht gewüthet und getobt, würde ernicht, auch ohne Hosen, auf's Pferd sich gesetzt haben, und hätte er dann ihn sanfter gestreichelt?«
    »Ich glaube kaum.«
    »So verständigen wir uns. Er schlief acht volle Tage, so glaubt Ihr, er, ich vielleicht auch; aber thut der Mensch im Schlafe nichts? Vegetirt, träumt er nicht, fährt er nicht auf, ja man weiß sogar, daß er auf Dächern spazieren geht! – Ist's so schwer, ihm einreden, daß er das gethan, was er hätte thun müssen, was er bei freien Sinnen gethan haben würde? Ehrwürdiger Herr, bedürfen denn nicht Menschen, wie er, immer eines Vormundes, wie denn eigentlich die Mehrzahl

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