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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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dem, was den weltlich Gelehrten eine Thorheit scheint. Wo ist denn die Grenze zwischen dem, was der Verstand begreift und der Glaube faßt, und der ketzerische Dünkel, daß ich es bekennen muß, ist von Alters in der Mark zu Hause: auch der Adel ist nicht davon frei, vielleicht daher die Verderbniß, die wir beklagen.«
    Joachim hatte ihn nur schwer ausreden lassen. »Thue ich es denn nicht?«
    »Euer Wille ist gut, Eure Weisheit über alle Frage, aber dennoch weiß die Schlange unter allerhand Wegen in das Heiligthum zu dringen. Wer hat die Einsicht auf allen ihren Krümmungen ihr zu folgen? Sagt man doch selbst von diesem Abt Trittheim –«
    »Was!«
    »Er ist gewiß ein großer Gelehrter. Sei es auch fern von mir, zu zweifeln, daß er ein gläubiger Christ sei. Aber man meint doch, daß er für einen Christen sich zu sehr in die Naturwissenschaften vertieft. Da spricht man von wunderbaren Dingen –«
    »Ich weiß es. Das dumme Volk hält jeden für einen Zauberer, der in ihre Geheimnisse zu dringen sucht.«
    »Auch in die verbotenen, Herr?«
    »Die Naturwissenschaften sollen frei sein. Das will ich, Lindenberg. Da sind noch Dinge verborgen, die wir aus tiefen Schachten fördern müssen, wie das Gold, das erst in der Sonne glänzt. Da muß man den Arbeitern freie Hand lassen, zur Ehre Gottes. Und schützen muß man sie gegen das Volk. Das ist Fürsten Pflicht. Ich will das Licht. Was senkst Du die Augen?«
    »Ich will es glauben, daß der Abt Trittheim kein Zauberer ist, da mein Herr es mich versichert –«
    »So wenig als ich es bin 4 .«
    »Aber ich will es nicht für gewiß behaupten, doch hörte ich es von sicheren Leuten, er deutete an der Geschichte von Josua und der Sonne. Das Scheinbild der Sonne habe nur stillgestanden, die Sonne aber sei weitergegangen.«
    »Trittheim! – Nein, das darf er nicht. An den Grundfesten der Religion darf auch die Wissenschaft nicht rütteln. Beruhige Dich, Lindenberg, ich werde mit ihm darüber sprechen. Er wird sich von seinem Irrthum überzeugen lassen.«
    »Er wird es, davon bin ich überzeugt. Mein gnädigster Herr, vielleicht beleidige ich Eure bessere Einsicht, ich spreche ja nur als Laie, aber verzeiht mir oder verdammt mich, ich konnte nicht anders.«
    Mit dem Ausdruck immer steigenden Wohlgefallens hatte der junge Fürst ihm zugehört. Er faßte seinen Arm: »Lindenberg, das ist gesprochen wie –«
    Er unterbrach sich selbst, wie von einem plötzlichen Entschluß durchzückt, und eilte nach einem kostbar mit Elfenbein ausgelegten Nußbaumschrank, dessen schweres Schloß er aufdrehte. Aber ebenso schnell ließ er es wieder ruhen:
    »Nein, nicht hier, morgen vor dem ganzen Hofe will ich Dir meinen – werde ich Dir antworten.«
    Mit einem gnädigen Kopfnicken entließ der Fürst den Geheimrath.
    Er ergriff noch einmal das Testament des Vaters und las die Stelle:
    › Straf die Schmeichler, die Alles Dir zur Liebe und nichts zu des Landes Wohlfahrt reden. Wirst Du ihnen folgen, so wirst Du Deine klugen Räthe verlieren. – Des Schmeichlers Rede gleichet dem Schlangengifte, welches im süßen Schlaf zu Herzen dringt und den Tod wirkt, ehe man es gewahr wird .‹
    Indem er das Pergament wieder in den Schrank verschloß, sprach der Kurfürst Joachim:
    »Gelobt sei der Herr, ich habe einen Rath, der kein Schmeichler ist.«
     

Fußnoten
     
    1 Albrecht, der nachmalige Erzbischof von Magdeburg und Kurfürst von Mainz, Tebel's und der Wissenschaft Beschützer.
     
    2 Diese und die folgenden gesperrt abgedruckten Sätze wörtlich aus Johannes Cicero's Testament.
     
    3 Factum, wie auch die übrigen Anführungen. Koch Wimpina , als Rector der Universität Frankfurt, nachmals der größte und wirksamste Gegner der Reformation in der Mark.
     
    4 Weil Trittheim seine Zeitgenossen an Kenntnissen übertraf und auch in den sogenannten geheimen Kenntnissen der Sternkunde, in der Physik, Chemie und Arzneikunde bewandert war, wurde sowohl er, als sein Schüler, der Kurfürst, von Vielen für einen Schwarzkünstler gehalten.
     
     
Vierzehntes Kapitel.
Die Macht der Ueberzeugung.
    Es war großer Markttag in Berlin. Aber wo die Verkäufer und Käufer ihre Köpfe zusammensteckten, war's nun bei den Tuchen aus Brandenburg und Burg, oder bei den Stiefeln aus Kalau, oder dem süßen Gebäck aus Spandow, oder den Kochlöffeln und Quirlen und den Honigwaben, welche die Wenden aus Beeskow und Storkow feilboten, überall gab es nur eine Neuigkeit, die besprochen ward. Ein Raubritter war

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