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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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erfüllt, noch mit Dingen sich abgiebt, die er seinen Räthen und Dienern überlassen kann.«
    »Da, sieh hier,« rief Joachim, und riß aus den Fächern seines Schreibtisches Papiere und Pergamente. »Hier fließt die Oder, hier ist Frankfurt; das ist der Riß zum Collegienhaus; im künftigen Jahre wird der Bau begonnen. In dieser Kapsel ist die Bulle des Papstes, hier ist des Kaisers Freibrief, den mein Vater schon empfing. Dies Pack, die Briefe, gewechselt mit den Gelehrten in Basel, Straßburg, Leipzig. Lächelst Du wieder darüber?«
    »Mein verdammter Mund, der so wenig ausdrückt, was die Seele denkt. Ich bin kein Gelehrter, wie mein Fürst, aber wär ich's, ich könnte mich nicht mit andern Dingen daneben beschäftigen. Auf die Gefahr meinem Herrn zu mißfallen, spreche ich es geradezu aus, es ist meine Pflicht als Mitglied Eures Geheimrathes, wenn die Seele von einem Gegenstande erfüllt ist, sollte sie auch alle Kräfte ihm widmen. Wie lange hat sich's nun schon hingezogen, daß die Mark einer Universität entbehrt, weil Euer erlauchter Vater von zu vielen andern kleinen lästigen Sorgen gedrückt war. Ob die Straßen fahrbar, ob sicher sind, ob die Zölle gut verpachtet, ob die Bierziese richtig eingeht, dafür können andere sorgen, aber das geistige Wohl Eures Volkes zu bewachen, zu diesem hochheiligen Geschäfte weiß ich nur Einen, der fähig ist, und jeder Augenblick, den er zu anderen Beschäftigungen abstiehlt, ist ein Raub.«
    »Ein Fürst soll seine Augen überall haben.«
    »Und doch ist er nur ein Mensch. Indem er Alles selbst sehen, nichts seinen Getreuen überlassen will, sieht er oft das Wichtigste nicht. Da ist es denn geschehen, daß Kursachsen uns zuvorkam, Wittenberg ist gegründet und wir wollen noch Frankfurt bauen.«
    »Mein Frankfurt soll Wittenberg überflügeln.«
    »Aber schon entging uns der gelehrte Dr. Simon Pistoris . Er bleibt nun in Leipzig, weil sein Gegner der
Dr.
Pollicius , nach Wittenberg gegangen. Diese Säule von Gelehrsamkeit, die allein eine Universität getragen, dieser erste Arzt Deutschlands, ist uns verloren.«
    »Ich meine, wir haben dafür einen andern, bessern gewonnen,« sprach der Kurfürst mit freudestrahlenden Blicken, indem er ein eben eröffnetes Schreiben dem Ritter vorlegte.
    » Wimpina kommt.«
    Lindenberg las und blickte mit dem Ausdruck der Ueberraschung und Freude auf: »In der That, das hatte ich nicht erwartet. Das ist ein Gewinn!«
    »Ein ungeheurer, sage ich Dir, Lindenberg. Eine Schule, auf weltliche Weisheit gegründet, ist ein halbes Werk; in Pistoris verloren wir einen großen Arzt des Leibes, in
Dr.
Koch gewinnen wir einen Arzt des Geistes, eine Säule der Kirche, den ersten Theologen Germaniens. Ich wünsche, Du kenntest seine gelehrten Streitschriften. Noch kein Gelehrter hat mit solchen überzeugenden Gründen, mit solchem göttlichen Feuer seine Gegner niedergedonnert.«
    »Koch-Wimpina!« rief Lindenberg. »Derselbe, welcher in der Streitschrift gegen den Thoribäus die Zahl der Ehemänner der heiligen Anna, Christi Großmutter, feststellte 3 , und mit welcher glänzenden Beredsamkeit!
Dr.
Musculus las es in einer Abendgesellschaft bei Hofe vor, Eure Gnaden waren ja selbst zugegen. Ich darf gestehen, ich ging nie so erschüttert und erbaut nach Hause.«
    »Derselbe, Lindenberg! Kommen wir noch zu spät?« rief er triumphirend.
    Der Geheimrath verneigte sich tief.
    »Hast Du noch etwas zu sagen? Hast Du noch zu tadeln? Sprich es aus.«
    »Ich kann nur wiederholen, was mein Herr schon gesprochen. Eine hohe Schule ist wichtiger, als Alles. Der Geist, der von da aus über die Mark sich verbreitet, wie aus einem reichen, vollen Flusse Wassergräben und Rinnen, wird den trocknen, dürren Boden durchsickern und die Früchte der Zucht, Gesittung, der Ordnung und des Fleißes herstellen. So bessern wir am besten, so allein den Zank, Mord und Grausamkeit, von denen der erlauchte Johannes spricht. Aber nur wenn der Fluß selbst klares Wasser ist. Daß die Worte, die mein Fürst sprach, in Granit über der Thüre eingegraben würden: ›eine Schule, auf weltliche Weisheit gegründet, ist nur ein halbes Werk.‹ Herr, mein Fürst, laßt Euch nie verleiten durch glänzenden Ruf der Gelahrtheit, beruft immer nur rechtgläubige Gelehrte, die Säulen werden der Kirche, nicht der weltlichen Wissenschaft. So nur wird Frankfurt hier aufblühen, wenn die Kirche hier ihre Säulen findet, wenn die Gelehrten festhalten an ihren Satzungen, unerbittlich in

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