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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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daß er sich ›ehrlich und füglich für schämliche und schändliche Missethaten, für Unfug und Unehre treulich bewahre, verschwiegen sei und der Mitgenossen Ehre auf alle Weise rette‹? Möchte Keiner mehr geloben, daß er, so oft die Sonne aufgeht und untergeht, zur Mutter Gottes bete, trachtet Keiner mehr nach dem Bilde, das ihn erinnere, dankbar zu sein zu jeder Stunde für die Gnade Gottes, der ihn durch seinem Sohn Jesum erlöset hat?«
    Es war still umher.
    »Da sei Gott für,« hub er weiter an, »daß die Zeit um sei und nicht wiederkehrte daß meine Ritter nach christlicher Ehre trachten! Ist die Stiftung veraltet, stifte ich sie neu.« Und er winkte dem Kanzler. Der alte Schlieben entrollte ein Pergament und verlas die Urkunde.
    Joachim schaute sich wieder um und winkte den Bürgermeister von Berlin zuerst heran.
    »Knie nieder!« sprach er. »Dein frommes Walten ist mir nicht entgangen. Ein Siechenhaus hast Du gestiftet und ewige Renten geschenkt den Spitälern zu St. Georg und an den drei Linden. Da nun die Zacken, die zusammengepreßten Herzen in dieser Kette die mancherlei Gebreste des menschlichen Lebens vorstellen, so muß der sie tragen, der täglich den Gebrestigen den Arm reicht und den Hungrigen Brod giebt. Stehe auf Mathias, als Ritter des Schwanenordens.«
    Ein Murmeln ging durch den Saal: »Wo sind seine vier Ahnen!« – »Er ist kein Edelmann.«
    »So sind meine Ritter,« sprach Joachim, »doch noch vertraut mit den Satzungen des Ordens. Aber Ihr vergeßt, daß ich die alte Stiftung neu gemacht. Meine im Uebrigen, daß der ein besserer Schwanenritter ist, der die Geschlagenen am Wege aufhebt, als der sie schlug und liegen ließ.«
    Da ward es wieder still, Mancher ließ den Kopf sinken. Der Kurfürst winkte den Altermann der Bredows:
    »Die Ernte war schlecht im Havelland?«
    Bodo sah ihn verwundert an, die Andern auch.
    »Und Deine Aussaat gut,« fuhr der Fürst fort. »Du kannst nicht dafür, daß sie nicht aufging.«
    »Der Roggen trug gut aus, gnädigster Herr, und wenn Nässe und Stürme den Hafer und die Gerste verdarben –«
    »Du sätest Besseres aus als Roggen und Hafer«, fiel Joachim ein und legte seine Hand auf des alten Bodo Schulter. »Wenn Zucht und Sitte nicht aufgingen, ist's nicht Deine Schuld. Der beste Vater kann nicht dafür, wenn nicht alle seine Söhne gerathen. Und doch entging mir's nicht, wie Du in Deinem Haus gewaltet, wie Du der rohen Lust der Deinen gewehrt hast. Bodo Bredow knie nieder,« sprach der Fürst und nahm die zweite Kette vom Kissen.
    Wie da Aller Blicke auf dem alten Bodo und dem Fürsten hafteten; das hatte Keiner erwartet. Der polnische Abgesandte hatte vorhin, da er die vielen Bredows im Saal gesehen, verwundert gefragt, ob man ihnen denn die Waffen nicht abnehme; wenn so etwas bei ihm zu Haus sich ereignet, daß ein Glied eines großen Hauses gekränkt worden, wie hier, würde man sich vorsehen, die Sippschaft nur zu Hof zu lassen. Fritz Rohr, der ihn herumführen mußte, hatte gelacht: »So schlimm ist's bei uns nicht;« jetzt aber flüsterte er dem polnischen Herrn in's Ohr: »Paßt Acht, er will ihn kirr' kriegen. Bin doch neugierig, ob der Alte in die Falle geht.«
    »Durchlauchtigster Herr Markgraf, ich bin zu alt zum Knieen,« sprach der Senior.
    »So neige deinen Hals, ich weiß keinen würdigern Kettenträger.«
    Der Alte blieb aufrecht stehen; ein leises Zittern sah man doch an den magern Händen, die den Stock hielten.
    »Hilf mir Gott, mein Markgraf, ich kann nicht. Spare die Kette für die, so nach Ehre dürsten. Liegt doch meine im Grabe. Wie soll ich sie tragen, sonder Scham, die mir's zur Pflicht macht, der Mitgenossen Ehre auf alle Weise zu retten, derweil ich meinen nächsten Blutsfreund in Ketten und Schmach weiß und darf ihn nicht retten.«
    Vorhin waren die von der Sippschaft gemieden worden, wie man solche meidet, die mit Aussätzigen zusammenkommen. Als der Fürst Bodo vorrief, trat Mancher an die Vettern und drückte ihnen verstohlen die Hand und sie nickten ihnen zu mit freundlichen Blicken. Jetzt fuhren sie zusammen und ängstlich schauten sie auf den Fürsten und auf den alten Mann. Die Reden hatten die Wenigsten gekümmert; sie nahmen sie hin wie etwas, das sein muß, weil es eine Mode ist; auch daß er den Matthias zum Ritter gemacht, kümmert sie eigentlich wenig. Er war ein Ritter des Fürsten, aber nicht ihrer. Aber, daß ein Vasall sich unterstand, Ehren auszuschlagen, die ihm sein Fürst bot, das, meinten

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