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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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hatte. »Dem!«
    »Der Dich verklagt.«
    »Soll der Mond antworten, wenn der Hund ihn anbellt?« rief Otterstädt.
    »Ich entsinne mich nicht, den Mann gesehen zu haben,« stotterte Lindenberg.
    »Wilkin Lindenberg! Drei Jahre meines Lebens d'rum, wenn es so ist. Sieh' ihn scharf an.«
    »Er hext, die Natterbrut!« schrie Otterstädt. »Sieh' ihn nicht an.«
    »Verschluck Deine Zunge, Hund, wo Dein Fürst spricht!« schrie ein Anderer den Krämer an, der eben den Mund öffnete.
    »Du kennst ihn nicht, Lindenberg?«
    »Nein.« Es kam wie ein hohler Ton heraus, der sich Luft macht nach langer Anstrengung.
    »Die Hand darauf!«
    Da der Geheimrath nicht allzu rasch, schien es Einigen, den Arm erhob, wendete sich der Krämer mit einer sonderbaren Bewegung zum Fürsten. Er sprach kein Wort, aber öffnete den Mund und steckte den rechten Daumen hinein.
    »Den Handschuh aus!« gebot der Kurfürst. »Deine Rechte wie Gott sie gemacht, leg' in meine.«
    Der Ritter zog. Schien es doch als schüttele ihn ein Krampf; der Handschuh flog ab und mit ihm ein blutiger Verband. Auch der Daumen blutete auf. Ein stiller, kichernder Schrei, wie aus einer höllischen Pfeife, wie aus einer Brust, krank von satanischer Lust, gellte durch die Luft.
    »Die blutende Hand in Deines Fürsten!«
    Einen Augenblick schauten sich Beide an: dann schreckte der Ritter zusammen, wie ein von Gottes Strahl Getroffener. Er öffnete die Lippen, aber er brachte keinen Ton hervor.
    »In Ketten! Zum Gericht!« rief Joachim, und ohne Jenen eines Blickes zu würdigen, schritt er aus dem Saal.
     
Fußnoten
     
    1 Das Bild dieses ausgezeichneten Rechtsgelehrten, noch durch Meisterhand erhalten, fand ich in der Schloßkirche zu Wittenberg in der in Erz gegossenen Votivtafel: Die Krönung der Maria von Peter Vischer, m.E. einem der schönsten Werke des großen Künstlers. Henning Göde, als Votant, kniet mit seiner Familie zur Linken vor Gott. Vater, Sohn und Maria. Gestalten, in denen man Raphaelischen Adel und Schönheit zu erblicken glaubt.
     
     
Sechszehntes Kapitel.
Der Befreite und der Gerichtete.
    Sechs kurfürstliche Trompeter in ihrer Sonntagslivree und mit silbernen Mundstücken hielten vor dem Mühlenhofe, und vom Mühlendamm, von der Stralower Gasse und den Quergäßchen um Sanct Nicolas kamen sie in Schaaren, um zu sehen, wie der Markgraf den edlen Ritter Götze Bredow mit Ehren aus dem Gefängniß abholen ließ. Auch die Lehns-Vettern kamen auf stattlich geschmückten Pferden, ganz anders trabend als vorhin, da sie in die Stadt einritten. Der Vogt von Hoym hatte Mühe, daß er die Leute nur abhielt vom Gitterthor, die alle den trefflichen Mann mit Augen schauen wollten, der ohne Schuld wie ein Räuber und Mörder gefesselt worden und die Unbill über sich kommen ließ, fromm wie ein Lamm. Kaum ließen sie sich's in ihrer Ungeduld bedeuten, daß der Geistliche noch bei ihm sei, und er zum Unterschiede doch einen Imbiß und Trunk einnehmen müsse, Stadt und Gefängnis; zu Ehren, und da er noch nicht selbst erschien, drängten sie um sein Roß und streichelten es, das, mit Federn und bunten Decken aufgeputzt, von zwei Stallmeistern geführt ward. Einige meinten, das sei noch nicht genug, der Kurfürst hätte selbst kommen müssen, ihn abzuholen, und nicht aus der Stadt hinaus müßte er solchen Mann mit Ehren geleiten lassen, sondern zu sich in's Schloß und dort eine Woche lang traktiren. Das waren ehrenwerthe Bürger, die es meinten, und von den Ritterbürtigen nickte Mancher dazu: Er hätte auch mehr thun können!
    Von alledem sah, hörte und dachte der nichts, den es anging.
    »Den Seinen giebt er's im Schlafe«, hatte der Dechant gesagt.
    Das erinnerte Herrn Gottfried daran, daß er geschlafen hatte. Man hätte eher daran zweifeln können, ob er wirklich schon erwacht sei.
    »Wie kam's denn nun aber?«
    »Wer sich selbst erhebt, der wird erniedrigt werden, aber wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöhet werden. Grade dadurch, mein werther Ritter, daß Ihr Euch hergabt seinem Willen, wie ein Kind, das den Vater walten läßt, weil es weiß, daß der Vater Alles doch am besten macht, Eures blinden Glaubens willen hat Euch der Herr gerettet. Ja, wenn Ihr auf weltliche Klugheit gelauscht, wenn Ihr den Advokaten angenommen, den Euch Euer Schwager schickte, da hättet Ihr geleugnet, bestritten, da wäret Ihr verhört worden, wer steht dafür, daß Ihr nicht gar peinlich befragt wärt, und Ihr läget vielleicht jetzt unten im Thurm, auf faulem Stroh,

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