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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Hauptgassen beider Städte ging der Zug, und die sechs Trompeter schmetterten in die Luft, daß es für alle Bredow's wie eine Hochzeit war. Nur einmal hieß Herr Gottfried sie inne halten, als ein Wagen vorüber fuhr, in dem ein Gefangener auf Stroh saß. Der Herr Lindenberg ward nach dem Schloß gebracht, der Eine, geschlossen und bewacht, zu Verhör und Gericht, der Andere, mit Freunden und Musikern, zu Ehren und Freiheit. So begegnen sich Menschen wohl öfters im Leben; der früher den Hut zog und tief sich bückte, geht aufrecht und nickte kaum, und der sonst den Kopf im Nacken trug, schleicht, das Kinn in der Brust, froh, wenn der Andere ihn nicht erkennt. Götze Bredow hatte den Lindenberg nie gemocht, aber ihm schien's unrecht, daß Einer sich laut freue, wenn ein Anderer tief trauert. Darum hieß er die Trompeter schweigen und hob sich im Sattel, und hielt den Hut gelüftet, bis der Wagen vorüber war. Der Lindenberger grüßte nicht wieder.
    Vor ihrem Haus am hohen Steinweg hielt die Sippschaft an. Da ward Herrn Gottfried ein Ehrentrunk aus goldenem Pokal gereicht, und der alte Bodo schüttelte ihm die Hand und sagte, daß er sich herzlich freue. Die jüngern Vettern und die Trompeter gaben ihm aber noch das Geleit zum Spandauer Thor hinaus bis an's Weichbild der Stadt. Er hatte gedacht noch heut Abend bis Ziatz zu kommen, aber jeder Vetter verlangte und er mußte es versprechen, daß er bei ihm einspreche. Da dachte er, Frau Brigitte wird wohl warten müssen bis morgen. Wer bei allen Bredows im Havellande einsprechen will, der kommt auch morgen und übermorgen nicht nach Haus.
     
    Der alte Schlieben hatte es nicht gut geheißen, daß der Kurfürst den Ritter Lindenberg noch einmal sehe, er wollte ihn denn nicht richten lassen. Des Fürsten Angesicht und Zuspruch sei für den Verbrecher Gnade. Er hatte eifrig widersprochen, wie es eines guten Dieners Pflicht ist; Joachim hatte ihn ruhig angehört: »Hast Du nun ausgesprochen?« – »Ich hab's, gnädiger Herr, und da Ihr ihn richten wollt, könnt Ihr ihn nicht vor Euch lassen.« – »Er ist gerichtet,« antwortete Joachim, und ein seltsames Lächeln lag auf seinen Lippen, und sein Blick war der, den der alte Rath gar nicht mochte, als er die Hand auf die Brust schlug. »Aber ich will's!«
    Der Lindenberger stand unfern der Thür, wo er eingetreten, der Kurfürst an seinem Sessel, die Arme verschränkt. Als er zu ihm sprach, waren seine Blicke halb zum Fenster, halb auf die Wand gerichtet.
    »Ich ließ Dich rufen, damit Du mich nicht anklagst, daß ich einen alten Freund ungehört von mir stieß.«
    »Von meinem Herrn und Kurfürsten konnt ich mich deß versehn.«
    Joachim unterbrach ihn: »Das Recht geht seinen Weg, täusche Dich nicht. Nur dem Freunde von ehemals gestattet der Freund von ehemals ein letztes Wort.«
    »Dies Band mußte gesprengt werden, gnädigster Herr. Meine Ahnung trog mich nicht. Es lastete etwas seit Wochen auf meiner Brust. – Doch nichts davon! Mein Glück war zu groß, der Neid zu mächtig.«
    Joachim warf ihm einen ernsten Blick über die Schulter zu: »Ich ließ Dich rufen, damit Du Dich vertheidigen könntest. Vor mir , nicht vor dem Gesetz.«
    »Vor dem hab' ich gefehlt. Fern sei es, wie ein gemeiner Sünder leugnen zu wollen. Das ist das Arge in dieser Welt, das Einer vor sich im Rechte sein kann, und doch vor dem Gesetze sündigt.«
    »Bist Du's vor Dir, sollst Du's vor mir sein.«
    »Um gerecht zu werden vor Joachim dem Gerechten, müßte ich mit viel Besserem als einem Fastnachtsschwank sein Ohr ermüden. Mein gnädiger Herr kennt den Bredow, den Gottfried mein ich. Daß ich ihm von der landkundigen Geschichte erzählen muß, von seinen Elennshosen! Wäre mir scherzhaft zu Muthe, sagte ich, von ihm könne man nicht sagen, sein Herz steckt in den Hosen, weil der ganze Mann drin streckt. Ich will ihn gewiß nicht verreden; er ist ein trefflicher Mann; aber wer schützt uns vor einer Grille, einer Schrulle! Und das Verdrießlichste, daß solche Grille anstecken anstecken kann! Ihm sind sie ein Talisman, sein Amulet, wie anderen Familien ein Waffenstück, ein Ring, ein Becher, eine alte Fahne. Nein gnädigster Herr, gewiß, wenn ich ernsthaft darüber nachdenke, weiß ich keinen Zusammenhang zu finden zwischen leblosen Gegenständen und dem Schicksal, das unser Herr Gott und die Heiligen über uns bestimmt.«
    »Um Kindermährchen stehst Du nicht hier.«
    »Ach gnädigster Herr, sind wir nicht Alle zuweilen Kinder; unser Sinn

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