Die Hosen Des Herrn Von Bredow
auf den Sprecher: »Nach Jerusalem? Das bleibt ja nicht im Lande?«
»Freilich nicht, indessen –«
Es schien, als habe Herr Götz mit einem Male den Schlaf abgeschüttelt. Er sah fast pfiffig den Geistlichen an: »Es bleibt doch Manches im Kasten kleben in Brandenburg, nicht wahr? Da ist's besser, ich schick's gar nicht erst nach Jerusalem.«
»Wenn ich Euch riethe, eine neue Lampe in unserm Dome zu stiften, sähe es wie Eigennutz von mir aus. Aber wir finden schon etwas zur Beruhigung Eures Gewissens. Das fällt mir ein, es thun sich in Rom fromme Leute zusammen, die das Kreuz den Heiden predigen wollen in der neu entdeckten Welt und in Asien. Für diese Bekehrer wird gesammelt. Was müssen sie leiden, diese heiligen Männer, unter den Teufelsdienern: Qualen, Martertode, Hitze, Kälte, Hunger und Durst. Wenn wir nur an ihr Dürsten in der Wüste bei jedem Becher dächten, ach mein Herr von Bredow, der Tropfen Wein würde uns auf den Lippen zum Gifte. Wer spendet da nicht aus vollem Herzen, was er kann. Was Ihr geben wollt –«
»Will's mit meiner Frau überschlagen.«
»Die gute Frau, wenn sie nur die Noth dort kennte, wie sie barfuß durch den glühenden Sand laufen müssen, die armen Kindlein zu ihrem Heil, sie zöge ihre eignen Strümpfe aus.«
»Barfuß?«
»Alle barfuß, die in Indien und bei den Tartaren, und wollen Christen werden! Ist das nicht schrecklich?«
»Laufen bei uns auch genug ohne Strümpfe rum.«
»Die gute Frau von Bredow wird gewiß ein hübsches Päckchen schnüren, aber es braucht auch Geld, und mein Freund Götz wird gewiß mit Freuden –«
»Ne,« sagte Herr von Bredow, mit einem ganz besonderen Lächeln den Dechanten anschielend, »dazu geb' ich nichts.«
»Gar nichts, ei, mein theurer –«
»Wollen erst warten bis die Jungen und Mädel bei uns im Dorfe Strümpfe haben. Aber wißt Ihr was, Dechant? – Wollen Eins mit einander trinken auf das Wohlsein der armen Leute, die da dürften, auch auf die, die barfuß laufen.«
Aber der Dechant trank diesmal nicht mit dem Ritter, den der Voigt von Hoym in die Halle geführt, wo der Imbiß für ihn angerichtet stand. Herr Götz aß und trank allein, was indeß seinem Appetit gar keinen Abbruch zu thun schien. Zwar war Herr Götz der Meinung, daß gute Gesellschaft zu einer guten Mahlzeit sich schicke, wenn aber eines von beiden fehlen sollte, hielt er dafür, daß man darum die Mahlzeit nicht im Stich lassen muß, weil die Gesellschaft uns im Stich gelassen hat. Er ließ es sich vielmehr wie ein rechtschaffener Mann schmecken, der nicht absieht, warum Einer, der schwer gekränkt ist, drum noch hungern soll.
Der Voigt von Hoym aber sah wie Einer aus, dem ein Leidwesen widerfahren und er kann sich noch nicht fassen:
»Bitt' Euch um aller Heiligen Willen, und der Lindenberger?«
Der Dechant zuckte die Achseln.
»Solch ein Herr, und hat's eingestanden?«
»Er dürft' es doch nicht auf' die Beweisprobe ankommen lassen! Der Krämer war schon bereit dazu mit seinen Zähnen!«
»Mir gehts wie ein Mühlrad im Kopf rum. Der Lindenberg war doch so eigentlich Alles.«
»Und ist nun weniger als nichts.«
»Ich bitt' Euch, was soll draus werden! Wen er befahl, steckte ich ein, wen er loslassen wollte, ich ließ ihn los. Ich wußte, ich that immer recht. Der kurfürstliche Befehl kam hinterdrein. Hatte mich so hineingefunden in seine Art und Launen. Und nun soll's wieder anders werden! Wer meint man denn, daß dran kommt?«
»Man will behaupten, der Kurfürst wolle allein regieren.«
Mit einem verwunderten Blicke sah der Voigt ihn an: »Ihr wollt es mir nicht sagen. Lieber Herr Dechant, ich bin ein alter Mann, möchte auch in Ruhe leben; bitt Euch, gebt mir aus alter Freundschaft 'nen Wink, wenn Ihr's erfahrt. Einmal geht's noch, einmal find ich mich noch zurecht, aber wenn's wieder und wieder wechseln sollte – das wär zu viel. Aber was Ihr sagt, er wollte allein steh'n, hochwürdiger Herr, dazu bin ich zu alt, um's zu glauben. Einer muß doch sein, der's für den Fürsten thut, und hinter ihm steht, ob er nun Hinz heißt oder Kunz, ob er's grob oder fein, heimlich thut oder vor aller Welt; Einer thut's, Einer ist's. An Einen muß man sich halten können, und wenn Jeder es weiß, ist's besser, als wenn Jeder es rathen muß.«
»Das ist ein braver Mann!« – »So müßten alle Ritter sein!« riefen die Bürger Herrn Gottfried noch lange nach, wenn sie ihn mit lautem Zuruf und Mützenschwenken begrüßt hatten. Durch alle
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