Die Hüter der Nacht
Pakad Barnea. Nur die der Arbeiter, die hier gestorben sind, Juden und andere. Sie werden feststellen, dass Paul Hesslers Name ebenfalls nicht zu finden ist.«
»Weil er entkommen konnte, nachdem er Ihren Vater getötet hat.«
Mundt antwortete, ohne sich ihr zuzuwenden. »Dieses Gebäude enthält viele Geheimnisse, von denen ich jetzt eines mit Ihnen teilen werde.«
Sie gingen jedoch nicht näher an das Gebäude heran. Stattdessen wandte Mundt sich davon ab und schritt langsam auf den feuchten Wald zu. Danielle folgte ihm dichtauf. Nach ein paar hundert Metern verharrten sie bei einem rechtwinkligen Loch, unverkennbar ein Grab.
»Hier war mein Vater begraben. Ich fand vor drei Wochen die Leiche. Die Knochen waren noch mit einem SS-Mantel bedeckt. Ausgefranst und zerfressen, aber die Rangabzeichen waren noch deutlich zu erkennen. Der Anblick ekelte mich an.«
»Sie haben Ihren Vater niemals gekannt.«
»Ich wurde geboren, als er schon im Krieg war.«
»Im Pflegeheim erzählte mir Günther Weiss, dass Ihr Vater mit Hessler befreundet war und ihm mindestens zweimal das Leben gerettet hat. Und er war dafür verantwortlich, dass Hessler am Leben blieb.«
»Stimmt alles. Paul Hessler traf hier nach dem Tod seiner Eltern im Getto von Lodz als sechzehnjähriger, entkräfteter, völlig verängstigter Junge ein. Er war hier in eine andere Art Tod, eine andere Art Hölle geschickt worden. Wäre mein Vater nicht gewesen, hätte er diese Hölle zweifellos gefunden.«
Danielle senkte die Stimme. Ihre Lippen waren trocken und rau vom Wind. »Sie können all diese Jahre nicht zurückholen. Sie können Ihren Vater nicht auf diese Weise kennen lernen.«
»Nicht?«
»Eine lebenslange Besessenheit ist bei Ihnen zur Midlifecrisis geworden. Sie haben keine Kinder, oder?«
»Ebenso wenig wie Sie, Pakad Barnea.«
»Der Unterschied ist nur, dass Sie niemals Kinder haben werden. Das haben Sie erkannt, können es aber nicht akzeptieren. Deshalb sind wir hier. Darum dreht sich all dies.«
»Wer sind Sie, mir zu sagen, worum sich das alles hier dreht?«
»Hessler hat Ihren Vater getötet – Karl Mundt –, um zu entkommen, und jetzt, nachdem Sie die Bestätigung haben, wollen Sie Hessler töten.«
Mundts Gesichtsausdruck wurde beinahe gütig. »Ich habe nicht vor, Hessler zu töten.«
Danielle hatte das Gefühl, von einem unsichtbaren Strick zurückgerissen zu werden. »Warum haben Sie dann Sergeant Phipps, den alten Mann, in der vergangenen Woche zum Flughafen Ben-Gurion geschickt?«
Mundt schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht. Er wurde nicht von mir geschickt.«
»Sie wollen abstreiten, dass Sie Kontakt mit Phipps hatten?«
»Nein. Ich habe mit ihm gesprochen. Er sollte mir helfen, einige der letzten fehlenden Einzelheiten zu klären. Darüber, wie er Paul Hessler Wochen nach dessen Flucht halb tot in den Wäldern fand.«
»Und was haben Sie ihm gesagt?«
»Nichts. Aber er muss es sich selbst zusammengereimt haben.«
»Was hat er sich selbst zusammengereimt?«, fragte Danielle ärgerlich.
Mundts steinerner Gesichtsausdruck begann ein wenig zu weichen. »Der Mann, den er rettete, war nicht Paul Hessler. Er war Karl Mundt. Mein Vater.«
70.
»Ich will diese Schweinerei in Ordnung gebracht haben. Ist das klar?«
Israels Außenminister David Turkanis bemühte sich nicht, seinen Zorn zu verbergen, der sich auf den ehemaligen Leiter des Mossad richtete, Abraham Vorsky.
»Das ist nicht meine Schweinerei, Minister«, sagte Vorsky und versuchte, respektvoll zu klingen. »Sie gehört zur Geschichte.«
Turkanis schnaubte angewidert. »Sie schieben diese Morde auf die Geschichte?«
»Die Gerechtigkeit lässt sich oftmals Zeit.«
Turkanis schüttelte den Kopf. Er trat in den Sand der Negev-Wüste, um seine Wut abzureagieren. Sie hatten sich hier auf Turkanis' Wunsch getroffen, da er im israelischen Hauptquartier des Luftverteidigungskommandos wegen weiterer Tests mit dem Arrow-Raketen-Verteidigungssystem dabei sein musste; diese Tests sollten um Mitternacht stattfinden. Doch der Treffpunkt bot auch ein gewisses Maß an Abgeschiedenheit und Intimsphäre, das für Israel normalerweise kaum möglich war.
»Gerechtigkeit«, wiederholte Turkanis und zwang sich, nicht zu schreien. »Wenn es stimmt, was Sie sagen, und davon bin ich gar nicht überzeugt, hätten Sie die Information durch die entsprechenden Kanäle weitergeben sollen.«
»Auf diese Weise werden solche Dinge nicht erledigt.«
»Zu Ihrer Zeit vielleicht
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