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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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in den letzten Jahren mit seinem Übereifer, seinem vorauseilenden Gehorsam, der manches Mal verheerende Folgen gehabt hatte, nicht gerade Respekt unter der Ritterschaft erworben. Gloucester war ein miserabler Feldherr, der sich selbst kolossal überschätzte. Eine gefährliche Kombination.
    »Gloucester hat gut reden«, brummte Tudor. »Wenn er nicht satt wird, hat er ja immer noch seine Fingernägel. Und außerdem …«
    Er brach ab, weil John plötzlich stehen geblieben war und seine beiden Freunde mit ausgestreckten Armen hinderte, weiterzugehen. Als sie ihn fragend anschauten, wies er mit dem Kinn auf einen lang gezogenen Holzschuppen, der, nur wenige Schritte zur Rechten, den Innenhof des Kaufmannshauses in zwei Hälften zerschnitt. Aus der offenen Tür des Gebäudes fiel flackernder Fackelschein und beleuchtete einen großen, breitschultrigen Mann, der einen Knaben von hinten gepackt hielt und ihm mit dem Unterarm die Luft abdrückte.
    »Arthur Scrope«, sagte John leise, und es klang wie einFluch. Ihr Verhältnis hatte sich seit jenem folgenschweren Ausflug ins Londoner Hurenviertel nie gebessert. Entschlossen trat John näher, und seine Freunde folgten ihm.
    Als sie sich den beiden Gestalten im Lichtschein näherten, erkannte John ohne alle Überraschung, dass es sich bei Scropes Opfer um seinen Knappen Daniel handelte. »Lasst ihn los, Scrope. Werdet Ihr es eigentlich nie müde, Euch an Schwächeren zu vergreifen?«
    »Vergreifen, he?«, höhnte der vierschrötige Ritter, lockerte seinen Würgegriff und stieß Daniel das Knie in die Nieren, sodass der Junge im Schnee landete. Tudor packte ihn nicht gerade sanft am Oberarm und zog ihn auf die Füße. Daniel senkte beschämt den Blick und fuhr sich mit dem Ärmel über die blutige Nase.
    »Der Bengel hat die Manieren eines Bauern, Waringham. Und ein großes Maul obendrein.« Mit einem verächtlichen Blick auf Daniel fügte er hinzu. »Ganz der Vater, könnte man wohl sagen.«
    John rang seinen Zorn nieder. »Was hat er getan?«
    »Ich habe ihn geschickt, uns einen Krug Wein zu holen, und da sagt dieser Flegel zu mir: ›Holt ihn Euch selbst.‹ Ich meine, ist das zu fassen?«
    John warf einen kurzen Blick zu seinem Knappen, dessen Miene ihm verriet, dass dieser Unverschämtheit allerhand vorausgegangen war, und er hatte keine Mühe, sich vorzustellen, was Scrope alles zu dem Jungen gesagt hatte. Trotzdem verneigte er sich knapp, biss die Zähne zusammen und entschuldigte sich: »Ich bitte um Nachsicht mit meinem Knappen, Sir. Er steht noch nicht lange in meinen Diensten und hat noch allerhand zu lernen.«
    Scrope schnaubte abfällig. »Was soll aus Englands Armee werden, wenn so der Nachwuchs aussieht? Es ist ja beklagenswert, dass Ihr ein Bettelritter seid und Euch keinen vernünftigen Knappen leisten könnt, aber konntet Ihr wirklich nichts Besseres finden als Eures Bruders Bastard?«
    Tudor hielt Daniel immer noch am Oberarm gepackt undspürte die plötzliche Anspannung in den Muskeln, als sei der Junge im Begriff, mit den Fäusten auf den Ritter loszugehen. »Nur ruhig Blut, Daniel«, murmelte der Waliser, laut genug, dass alle ihn hörten. »Lieber eines anständigen Mannes Bastard als der Bruder eines Verräters.«
    »Owen, muss das wirklich sein?«, fragte Somerset seufzend, während Scrope erwartungsgemäß die Hand an das Heft seines Schwertes legte und angriffslustig einen Schritt vortrat.
    Tudor belächelte ihn spöttisch, drehte ihm dann rüpelhaft den Rücken zu und führte Daniel aus dem Lichtkreis. »Es wird ja wohl noch gestattet sein, die Wahrheit zu sagen, oder?«, hörten sie ihn sagen.
    John betrachtete seinen alten Widersacher mit verengten Augen, die Arme vielsagend vor der Brust verschränkt. »War’s das für heute, Scrope? Ich muss morgen zeitig aus den Federn, aber wenn Ihr darauf besteht, können wir uns auch jetzt und hier bei Fackelschein schlagen. Mir ist es gleich. Nur wäre ich dankbar, wenn Ihr Euch bald entscheidet.«
    Mit einem angewiderten Ruck steckte Scrope sein halb gezogenes Schwert zurück in die Scheide. »Ihr seid genau so ein Großmaul wie Euer Bruder, Waringham.« Und damit wandte er sich ab, ging zurück in den Holzschuppen und schlug die Tür zu.
    »Ich nehme an, das heißt ›nein‹«, sagte Somerset. »Dann lass uns gehen, John. Meine Füße frieren ein. Ich hoffe, die Jungen haben uns ein erträgliches Quartier gesucht.«
    Natürlich hätte man über die Frage, was »erträglich« war und was nicht, lange

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