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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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schwere Vorwürfe gemacht, dass er einfach weitergeritten ist.«
    »Unsinn«, entgegnete John ungehalten. »Er trug den Brief. Er durfte nicht riskieren, in Gefangenschaft zu geraten.« Nicht nur die Vehemenz, mit der er das aussprach, überraschte John, sondern vor allem die Erkenntnis, dass er es selbst glaubte. Manches Mal hatte er Owen Tudor verflucht. Jetzt, da er dem Schrecken entronnen war, wurde ihm klar, dass sein Freund das Einzige getan hatte, was ihm übrig blieb. Und dass Tudorin den vergangenen zwei Monaten vielleicht durch seine ganz eigene Hölle gegangen war …
    »Wo sind wir hier, Mylord?«, fragte er nach einem längeren Schweigen.
    »In Troyes. Am französischen Hof, der vorübergehend von Paris hierher …«
    » Was ?« John sprang auf die Füße. Das bekam ihm nicht gut, auf der Stelle wurde ihm wieder schwindelig. Doch er ignorierte das Schwächegefühl und taumelte zum Fenster, als wolle er hinausklettern und fliehen. Er musste allerdings feststellen, dass es ein verdammt weiter Weg war bis zu dem herrlichen Frühlingsgarten hinab, wo die Narzissen friedvoll in der Sonne nickten.
    »John, nehmt wieder Platz, seid so gut. Ich muss Euch ein paar Dinge erklären.«
    John kam zu ihm zurück, setzte sich aber nicht, sondern verschränkte die Arme vor der Brust. »Bin ich ein freier Mann, ja oder nein? Wenn ja, dann möchte ich auf der Stelle von hier verschwinden. Jetzt, in dieser Minute.«
    »Die Antwortet lautet nein. Aber Ihr seid hier zu Gast.«
    »Ich verzichte!«
    »Ich sagte, Ihr sollt Euch setzen.« Beaufort hatte die Stimme nicht erhoben. Das hatte er nicht nötig.
    Als folgten sie einem äußeren Befehl, trugen Johns Füße ihn zu seinem Schemel zurück, er setzte sich mit kerzengeradem Rücken darauf und legte die Hände auf die Knie. »Ich bin ganz Ohr, Mylord.«
    Der Bischof seufzte verstohlen. »Es war nicht einfach, wisst Ihr. Die Königin …« Er brach ab, als sein Blick auf Johns Daumen fiel. Beide waren immer noch grotesk geschwollen, die Nägel schwarz und blutunterlaufen.
    Zu spät versteckte John die Daumen in losen Fäusten.
    Beaufort sah ihm blitzschnell in die Augen, dann wandte er den Kopf ab. »Großer Gott … Was ist dort in Jargeau passiert, John?«
    »Nichts. Nichts ist passiert.« Rastlos stand er wieder auf,wandte dem Bischof den Rücken zu und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Tisch.
    Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter. »Ich merke, die Dinge sind schwieriger, als ich glaubte. Aber ich brauche Eure Hilfe. England braucht Eure Hilfe.« Samtweich war diese Stimme. Allein ihr Klang trug Überzeugungskraft. Es war beinah unmöglich, ihr zu widerstehen.
    John schloss einen Moment die Augen, und es war alles andere als schwierig, die Schreckensbilder heraufzubeschwören. Sie waren gar zu gegenwärtig. Brüsk schüttelte er die Hand ab und drehte sich wieder zu Beaufort um. »England kann sich meiner Hilfe gewiss sein«, antwortete er. »Auf dem Schlachtfeld. Ich bin Soldat, und ich werde bereitwillig jeden Franzosen töten, der in die Reichweite meiner Klinge kommt. Mit Freuden, Mylord. Aber das ist alles. Zu welchem Zweck Ihr mich auch immer an diesen Hof gebracht haben mögt, wenn es sich nicht um ein Mordkomplott gegen den schwachsinnigen Charles handelt, dann bin ich nicht Euer Mann.«
    Beaufort ließ ein paar Atemzüge verstreichen, ehe er wieder sprach. »Ich zweifle nicht daran, dass Eure Verbitterung gerechtfertigt ist. Ich kenne den Dauphin.«
    »Also bitte. Dann bedarf es wohl keiner weiteren Worte.«
    »John.« Beaufort hatte wieder Platz genommen. Er stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel und legte die Fingerspitzen aneinander. »Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte Euch einige Tage Zeit lassen können, Euch zu erholen …«
    »Und was bitte soll das nun wieder heißen?«, fiel John ihm aufgebracht ins Wort. »›John of Waringham, dieses zarte Pflänzchen, hat ein paar unschöne Wochen in einem französischen Verlies gelegen, und jetzt ist er ein Invalide und im Feld nicht mehr zu gebrauchen‹? Ihr täuscht Euch, Mylord. Ich bin erholt. Auch wenn der Teufel wissen mag, wie. Mir ging es selten besser …«
    »Das verdankt Ihr allein Isabeau.«
    »Wer ist das?«
    »Die Königin von Frankreich, John.«
    »Tatsächlich? Nun, dann wäre es mir lieber, ich wäre verreckt.«
    Die Behauptung hing einen Moment im Raum, harsch und unversöhnlich.
    »Es hat weiß Gott nicht viel gefehlt«, sagte der Bischof schließlich betont sachlich.

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