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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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»Ihr habt kaum geatmet, als man Euch herausbrachte, und beide Schultern waren ausgekugelt, wurde mir berichtet.«
    »Ja, Mylord, ich weiß. Und ich will das nicht hören.«
    »Doch. Das werdet Ihr. Ich muss noch heute nach Mantes zurück. Ich habe wichtige Neuigkeiten für den König, ganz abgesehen davon, dass er ebenso wie Eure Brüder und Somerset und Tudor sehnsüchtig auf Nachricht über Euer Befinden wartet. Ich habe also nicht viel Zeit, Euch umzustimmen.«
    »Ich fürchte, wenn Ihr das versucht, verschwendet Ihr Eure kostbare Zeit nur.«
    Beaufort schüttelte den Kopf. »Der Dauphin ist eine schwache, widerwärtige Kreatur. Victor de Chinon ist ein Wurm, der keinen ritterlichen Anstand kennt. All das ist höchst bedauerlich. Aber die Tatsache, dass beide Franzosen sind, gibt Euch kein Recht, über das ganze Volk zu urteilen. Das dürft Ihr einfach nicht.«
    »Nein? Dann schlage ich vor, Ihr lasst mich in Ketten legen und schickt mich zurück nach Jargeau. Denn genau das tue ich. Und mir ist gleich, ob Ihr es billigt!«
    Beaufort tat, als habe er ihn nicht gehört. »Auch Isabeau kennt ihren Sohn, und sie ist eine Frau von klarem Urteilsvermögen. Sie macht sich nie etwas vor. Wie genau sie ihn dazu bewogen hat, Euch herauszugeben, weiß ich nicht. Vermutlich kennt sie ein paar unschöne Details seines Liebeslebens oder Ähnliches, das der Dauphin gern vor der Welt verborgen wissen will. Wie dem auch sei. Isabeau hat nicht nur ein halbes Dutzend verlässlicher Männer nach Jargeau geschickt, um Euch zu holen, sondern auch ihren Leibarzt. Er ist ein berühmter Medicus, der an der Universität von Montpellier gelehrt hat. Nie habe ich einen besseren Arzt gesehen. Er hat Euch mit Opiumin einen tiefen Schlaf versetzt, Eure Schultern eingerenkt und Eure Knochenbrüche gerichtet. Allein zwei Stunden hat er auf Euer rechtes Handgelenk verwandt, das er neu gebrochen hat, bevor es geschient wurde, sodass es mit ein wenig Glück nicht steif wird. Und von alldem habt Ihr nicht das Geringste gespürt, ist es nicht so? Dieser Mann ist ein Künstler. Ein Genie. Und er stellt sein Wissen in Isabeaus Dienst, weil er an ihrem Hof auf verwandte Seelen trifft. Auf Gelehrte aller möglichen Fakultäten, auf Dichter, Alchimisten – was Ihr Euch nur vorstellen könnt. An Isabeaus Hof herrschen lose Sitten, das mag wohl sein. Aber ebenso Esprit. Furchtlosigkeit vor neuen Ideen. Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Das sind Tugenden, die wir in England verloren haben, John.«
    John schnaubte angewidert. Dann sagte er: »Da Ihr so hingerissen von Isabeau und ihrem verlotterten Hof seid, mache ich Euch einen Vorschlag: Bleibt Ihr hier und lasst mich an Eurer Stelle nach Mantes zurückkehren. Wenn der berühmte Medicus so ein Genie ist, wie Ihr sagt, könnte er womöglich gar Euer Rückenleiden kurieren. Wie wär’s?«
    Beaufort bedachte ihn mit einem bekümmerten Kopfschütteln. »Was ist nur aus Euren schönen Manieren geworden …« Er seufzte.
    »Oh, jetzt kommt mir nur nicht so! Ihr habt mich aus diesem Drecksloch geholt, damit ich irgendetwas für Euch tue, das ich nicht tun will. Und ich ahne, dass Ihr mich zwingen werdet, weil Ihr glaubt, es sei zum Wohle Englands. Bitte, Ihr dürft es gern versuchen. Aber auf meine schönen Manieren werdet Ihr verzichten müssen, Mylord.«
    Beaufort zeigte ein anerkennendes Lächeln, entgegnete aber: »Es gab einmal eine Zeit, da der Zorn Euch immer völlig sprachlos machte. In gewisser Weise ist es bedauerlich, dass Ihr erwachsen werden musstet. Früher hatte man es leichter mit Euch.« Er hob die Hand, um Johns hitzigen Einwand abzuwehren. Dann beugte er sich leicht vor, sah seinem Gegenüber unverwandt in die Augen und sprach mit dieser verfluchten Samtstimme, mit der er wohl den Teufel selbst hätte umgarnenkönnen: »Ihr kennt Frankreich nur als Feind, John. Es war schon bei Eurer wie bei meiner Geburt unser Kriegsgegner. Alle Begegnungen, die Ihr je mit Franzosen hattet, gingen einher mit Blutvergießen und Gewalt. Das erscheint Euch natürlich und richtig, weil Ihr es nie anders erlebt habt. Aber Ihr kennt nur eine Seite Frankreichs. Es gibt auch eine andere. Frankreich ist ein wundervolles Land mit vielen guten, gottesfürchtigen, wohlmeinenden Menschen, die unter dem Krieg weit mehr gelitten haben als wir Engländer, weil er in ihrem Land ausgetragen wird, nicht in unserem. Höfe liegen verwaist, ganze Dörfer sind entvölkert, es herrschen Hunger und Not. Frankreich sehnt sich nach

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