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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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zu. Seine Stirn war gefurcht, vermutlich hatte er Kopfschmerzen. Wieder legte sie die Hand darauf. Um die Fieberglut zu lindern und ihm ein bisschen Trost zu spenden, aber auch, gestand sie sich, weil sie die Finger nicht von ihm lassen konnte. John of Waringham war mit seinen schwarzen Locken, den feinen Zügen und blauen Augen wohl der schönste Knabe, der ihr je unter die Augen gekommen war, und gerade war ihr aufgegangen, dass er eben doch schon ein wenig mehr war als nur ein Knabe.
    »Verdammt, Raymond«, flüsterte sie. »Wo bleibst du mit den Tüchern?«
     
    Raymond war schwer beschäftigt. In der Küche unter der großen Halle, wohin es ihn auf der Suche nach Wasser und Tüchern verschlagen hatte, war er auf Maud gestoßen. Nun lehnte er an der großen Anrichte, die eine ganze Wand des langen Raumes einnahm, hatte die Arme verschränkt und sah der kleinen Magd tief in die Augen.
    »Arbeitest du schon lange hier auf der Burg, Maud?«
    »Seit einem Vierteljahr, Mylord.«
    »Und bist du glücklich hier? Alle sind gut zu dir, hoffe ich.«
    Sie lächelte scheu und nickte.
    »Was ist mit deiner Familie?«
    Sie senkte den Blick für einen Moment, ehe sie Raymond wieder anschaute. Tränen standen in ihren Rehaugen. »Meine Eltern sind gestorben. Meine Geschwister schon vor Jahren. Es gibt niemanden mehr.«
    Er schnalzte mitfühlend. »Armes Kind. Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du wunderschöne Augen hast?«
    Das wirkte immer. Vor allem, wenn es unvermittelt kam. Maud war keine Ausnahme. Errötend schlug sie den Blick wieder nieder, aber sie lächelte. »Nein, ich glaube nicht, Mylord.«
    »Das ist eine Schande, denn es ist die Wahrheit. Du solltest es wenigstens einmal täglich hören. Hast du denn keinen Liebsten, der dir solche Dinge sagt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Jesus, ich merke, du bist wahrhaftig ganz allein auf der Welt und …«
    »Maud?« Die Köchin steckte den Kopf durch die Tür. »Was trödelst du hier herum, Mädchen? Warum steht das Frühstück für die Herrschaft noch hier?«
    Maud war zusammengeschreckt. »Ich gehe sofort, Alice.«
    Die Köchin brummte und wollte wieder verschwinden. Dann fiel ihr Blick auf Raymond, und ihr ging ein Licht auf. Sie trat in ihrer ganzen, imposanten Leibesfülle in die Küche. »Wünscht Ihr irgendetwas, Sir Raymond?«, fragte sie honigsüß.
    Er hatte seine Ausrede parat. »Wasser und Tücher, Alice, wenn du so gut sein willst«, bat er artig. »Liz will John Wadenwickel machen.«
    »Wollt Ihr mir im Ernst weismachen, dass Ihr das nicht längst getan habt?«
    Er hob zerknirscht die Schultern.
    Maud nutzte die Gelegenheit, schlüpfte an ihm vorbei und trug das Tablett aus der Küche.
    Die Runde geht an Alice, dachte Raymond gleichmütig. Aber das Turnier ist noch nicht vorbei …Liz’ Behandlung erwies sich tatsächlich als die wirksamere. Die Verbrennungen begannen zu heilen, und Johns Fieber ließ allmählich nach. Schließlich kehrte auch sein Appetit zurück.
    Als offensichtlich wurde, dass er außer Gefahr war, verabschiedeten sich Edward und Mortimer. Ersterer, weil er die Spanne bis zum Parlament, dessen Beginn auf Mitte Mai verschoben worden war, nutzen wollte, um auf seinen Gütern in Lancashire nach dem Rechten zu sehen, Letzterer, weil er es nie lange in Waringham aushielt und weil er Sehnsucht nach seiner Frau und den Kindern hatte.
    Was Edward in Burton tun wollte, tat Raymond hier: Er schaute nach dem Rechten. Vor allem auf dem Gestüt, denn das lag ihm ebenso am Herzen wie seinem Vater und seinem Bruder, und er verstand sich weit besser darauf als auf Landwirtschaft.
     
    Am Sonnabend vor Palmsonntag verließ John zum ersten Mal das Bett. Er konnte den gebrochenen Arm in keiner Schlinge tragen, weil die auf seine Brust gedrückt hätte, aber er stützte ihn mit der unverletzten Rechten und ging langsam zum Fenster hinüber. Seine Knie waren furchtbar wackelig, und augenblicklich fühlte er Schweiß auf der Stirn. Trotzdem blieb er, wo er war, und schaute in den Burghof hinab. Ein halbes Dutzend junger Burschen in seinem Alter, die Söhne und Knappen der Ritter seines Vaters, waren auf dem Sandplatz versammelt und maßen sich unter Francis Aimhursts Anleitung im Kampf mit stumpfen Übungsschwertern. John setzte sich auf die breite Fensterbank und schaute ihnen zu, analysierte ihre Fehler, bewunderte die eine oder andere geschickte Finte. Seit es ihm besser ging, litt er unter grässlicher Langeweile. Aber vermutlich war es

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