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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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er dich jetzt – so vieles gilt es neu zu regeln.«
    »Tja.« Raymond hatte die langen Beine ausgestreckt und stierte auf seine Stiefel hinab.
    Robin seufzte leise. »Was ist es, Raymond?«
    Sein Sohn hob den Kopf, ergriff seinen Becher und nahm einen kräftigen Zug. Als er wieder abgesetzt hatte, antwortete er endlich: »Es geht um John, Vater. Ich würde ihn gern mitnehmen. Es wird Zeit.«
    »Ich glaube, das zu entscheiden solltest du lieber mir überlassen«, antwortete Robin eine Spur kühl.
    »Aber es würde ihm gut tun.«
    »Er ist noch nicht wiederhergestellt. Kein Zeitpunkt könnte unglücklicher sein als gerade jetzt.«
    »Ach, das waren doch nur ein paar Kratzer! Nächste Woche ist es vergessen.«
    »Du irrst dich. Wenn man dem Tod so nahe war, braucht es ein wenig länger, bis es vergessen ist. Wie du sehr wohl weißt.«
    »Ist das wirklich der Grund? Oder kannst du dich einfach nicht von ihm trennen?«
    Sein Vater wurde nicht ärgerlich. Höchstens ein wenig verwundert fragte er: »Hältst du mich wirklich für so selbstsüchtig? Oder glaubst du, mein Greisenalter habe mein Urteilsvermögen getrübt?«
    »Nein.« Beschämt senkte Raymond den Blick. Das glaubte er nun wirklich nicht. »Aber es wäre nur natürlich. Er ist dein Jüngster. Und außerdem ist er …« der Beste von uns allen , hatteer sagen wollen, doch dann entdeckte er John in der offenen Tür und beendete seinen Satz daher mit: »ein ungezogener Bengel, der Gespräche belauscht, die nicht für seine Ohren bestimmt sind.«
    Robin wandte den Kopf. »Ich kann mich nicht entsinnen, dir erlaubt zu haben, das Bett zu verlassen, John.«
    Der Junge trat ein, schloss die Tür und kam dann an den Tisch. Ohne auf die väterliche Rüge einzugehen, fragte er: »Und hattet ihr irgendwann auch vor, mich nach meiner Meinung zu fragen?«
    »Nein«, antwortete Raymond schroff. »Wozu? Mach dich rar, Brüderchen …«
    John wandte sich an seinen Vater. »Es ist keine erhebende Vorstellung, alle Tage der großspurigen Herablassung meiner Brüder ausgesetzt zu sein, Sir, aber ich würde sehr gerne an den Hof des Königs gehen.«
    Robin hatte Mühe, sich ein Lächeln über Johns so beiläufig angebrachte Spitze und Raymonds empörte Miene zu verbeißen. Er winkte seinen Jüngsten näher, und als der vor ihn trat, legte er ihm die Hand auf die Schulter. »Ich weiß. Und ich verstehe deine Ungeduld. Aber ich möchte, dass du den Sommer noch hier verbringst. Im Herbst kannst du gehen, so wie abgemacht. Wenn du vierzehn wirst. Nicht eher.«
    »Warum nicht?«
    Sein Vater schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe gute Gründe. Ich fürchte, das muss dir genügen.«
    John senkte den Blick. Robin gab seine Schulter frei, und ohne Vater oder Bruder noch einmal anzusehen, verließ der Junge den Raum. Die Tür schloss sich ein wenig lauter, als strikt notwendig gewesen wäre.
    »Da.« Robin seufzte. »Gut gemacht, Raymond. Jetzt ist er gekränkt.«
    »Siehst du?«, entgegnete Raymond aufgebracht. »Das ist es, was ich meinte. Er ist also gekränkt, ja? Na und? Jo und du und alle anderen hier, ihr behandelt ihn wie ein rohes Ei! Er verweichlicht!«
    Robin schüttelte den Kopf. »Er wächst nicht anders auf als du. Behütet. Aber nicht verhätschelt. Dafür arbeitet er zu hart. Ich will lediglich, dass er dieses halbe Jahr noch hat, um ein bisschen robuster zu werden. Er … lässt es niemanden merken, aber er hat den Tod seiner Mutter noch nicht wirklich überwunden.«
    »So wenig wie du«, murmelte Raymond betrübt.
    »So wenig wie ich«, stimmte Robin zu. Aber nicht ich habe sie mit zerschlagenen Gliedern und gebrochenem Genick am Fuß der Treppe gefunden, sondern er, fügte er in Gedanken hinzu.
    Die Burg von Waringham war beinah dreihundert Jahre alt, die steinernen Treppenstufen daher ausgetreten und glatt. Blanche war an einem warmen Sommerabend vor knapp zwei Jahren mit einem dicken Buch unter dem Arm auf dem Weg in den Rosengarten hinunter gewesen und offenbar auf einer der oberen Stufen ausgeglitten. Sie musste ja auch immer diese unvernünftigen, modischen Seidenschuhe tragen – Robin hatte sie tausend Mal gewarnt, es sei gefährlich. Und immer lief sie so schnell, war immer in Eile, als fürchte sie, etwas vom Leben zu versäumen. John hatte im Garten auf seine Mutter gewartet, und als sie nicht kam, wollte er nachschauen, wo sie blieb. Robin meinte heute noch manchmal, den gellenden Schrei durch das alte Gemäuer hallen zu hören.
    Er schüttelte die düstere

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