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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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hab ich mich auf einen Baumstumpf gesetzt und zugeschaut, wie er verblutet. Für zwei, drei Tage danach war es besser. Der heiße Knoten wurde ein angenehmes, warmes Glühen. Aber dann war alles wieder wie vorher.« Wie immer,wenn Owen Tudor eine scheußliche Geschichte erzählte, tat er es vollkommen nüchtern.
    »Und was geschah dann?«, fragte John.
    »Einer von Glendowers Vettern beschmierte mein Gesicht mit dem Blut meines Engländers. Davon wurde mir schlecht.«
    John schnaubte belustigt, sagte aber: »Ich meine, wann hat es aufgehört? Wie hast du’s geschafft, davon loszukommen?«
    Tudor hob kurz die Schultern. »Mein Stiefvater nahm mich gegen meinen Willen mit nach Westminster. Ich begegnete Harry, Somerset, dir – ich musste feststellen, dass es anständige Kerle unter den Engländern gibt. Es war keine bewusste Entscheidung. Ich bin nicht eines Morgens aufgewacht und hatte mich verändert. Aber diese … Besessenheit, dieser Drang, englisches Blut zu vergießen, hat sich einfach verloren. Wobei du mich jetzt bitte nicht falsch verstehen darfst, John: Besonders viel hab ich für euch Engländer immer noch nicht übrig.«
    »Hm. Man kann wohl sagen, das beruht auf Gegenseitigkeit.«
    Sie lachten. Das war das Wunderbare an Owen Tudor: Katastrophen und menschliche Abgründe erschütterten ihn nicht so wie andere Menschen und verloren darum in seiner Gesellschaft viel von ihrem Schrecken.
    Sie setzten sich an den kleinen Tisch und aßen Brot, Fleisch und einen herrlich deftigen Ziegenkäse, die Tudor mitgebracht hatte, teilten den Becher Wein, und nach einer Weile begann der Waliser zu erzählen, was er während der letzten Monate im Gefolge der Königin erlebt hatte.
    »Die Londoner haben ihr einen jubelnden Empfang bereitet, weiß Gott. Ich glaube, nicht einmal in Paris säumten so viele Menschen die Straßen, als sie einzog. Es hat sie gerührt, auch wenn sie das nicht zugibt. Sie hatte wohl eher mit eisigem Schweigen und fliegenden Eiern gerechnet. Ihre Krönung in Westminster war sehr feierlich und hat Stunden gedauert. Wir standen uns in der eiskalten Kathedrale die Beine in den Bauch, und der Erzbischof fand kein Ende. Aber Katherine sah mit ihrer Krone natürlich hinreißend aus, allein dafür hat sichdas Warten gelohnt. Tja, und seither ziehen wir durchs Land, besuchen Heiligenschreine und betteln um milde Gaben für die Kriegskasse. Harry und Katherine haben eine todsichere Methode entwickelt: Der König appelliert an den Patriotismus der Pfeffersäcke und lässt durchblicken, dass er sie per Gesetz zu Zwangsdarlehen verpflichtet, wenn sie nicht freiwillig genug herausrücken. Das macht sie grantig. Aber dann kommt Katherine ins Spiel – die in gerade mal zwei Monaten erstaunlich viel Englisch gelernt hat – und wickelt sie um den kleinen Finger. Selig lächelnd öffnen die Gentlemen ihre Schatullen. Es funktioniert immer.«
    »Und was für ein Leben führst du nun?«, fragte John neugierig. »Was tust du so als Ritter im Haushalt der Königin?«
    »Was gerade anfällt«, antwortete Tudor leichthin. »Ich hole ihr den Mantel, wenn sie friert – und das ist oft –, begleite sie und ihre Damen zu Ausritten, flüstere ihr zu, wie der Höfling heißt, der gerade auf sie zusteuert. Oh, und weil niemand sonst in ihrem Gefolge sich darauf versteht, versorge ich ihren Schimmel. Herrliches Pferd. Was für ein Temperament.«
    John kniff bei der Erinnerung an Katherines Schimmel schmerzlich die Augen zusammen. »Ja. Ein Prachtkerl«, knurrte er. »Und langweilst du dich nicht zu Tode?«
    Tudor runzelte verwundert die Stirn. »Langweilen? In Katherines Gegenwart? O nein.«
    »Aber ist dir dieses Leben nicht zu zahm?«, fragte John verständnislos.
    Tudor bohrte seine Messerspitze in ein Brotstückchen und lächelte darauf hinab. »Ich würde sagen, das kommt ganz darauf an, wie die Sache sich entwickelt.«
    John hob erschrocken die Hände zu einer abwehrenden Geste. »Davon will ich kein Wort hören.«
    »Ich weiß.«
    »Du hast so oder so keine Chance«, bemerkte John, um sich selbst zu beruhigen. »Es ist kaum zu übersehen, dass Harry und Katherine einander sehr zugetan sind.«
    Tudor hob gleichmütig die Schultern. »Er ist völlig verrücktnach ihr – welcher Mann ist das nicht. In seiner Hast stolpert er fast über die eigenen Füße, wenn er sie abends ins Schlafgemach führt. Abgesehen davon habe ich nicht das Gefühl, dass er sich sonderlich für sie interessiert. Unterwegs reitet er nie an ihrer

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