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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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abkaufen.«
    Tudor nickte wortlos, riss ein Stück aus Johns Wams und tauchte es in die Waschschüssel, um das Blut abzutupfen.
    »Was fällt dir ein, Tudor? Was soll ich anziehen?«
    »Du kannst nicht immer und ewig in Lumpen daherkommen.«
    »Ich hab aber nichts anderes.«
    »Ja, ja. Ich find schon was. Halt still.« Und mit einem Blick auf ein paar weitere Blessuren fügte er hinzu: »Du hast ganz schön was abgekriegt, he?«
    John senkte den Kopf. »Es war grauenhaft. Sie waren … so viele. Und anders als bei Agincourt hatten wir keine Zeit für eine Schlachtaufstellung. Sie kamen von allen Seiten, trieben uns auseinander und schlachteten einen nach dem anderen ab.«
    »Dann sollten wir Gott danken, dass du noch lebst und auch Somerset nur in Gefangenschaft geraten ist.«
    John schnaubte. »Nur …«
    »Oh, keine Bange. Nicht einmal der Dauphin ist so verrückt, dass er wagen würde, dem Cousin des Königs ein Haar zu krümmen. Somerset ist ein Vermögen an Lösegeld wert, und auch der Dauphin muss seinen Krieg irgendwie bezahlen.«
    »Somerset kann kaum ein Wort Französisch, Owen«, wandte John ein. »Dabei sind Worte sein Element. Aber solange er ein Gefangener in Frankreich ist, kann er seinen Wächtern kaum die Tageszeit sagen. Er … er wird eingehen!«
    »Das wird er nicht«, gab Tudor entschieden zurück. »Er ist viel zäher, als du glaubst. Ein Lancaster, vergiss das nicht.« Und nach einem kurzen Schweigen fragte er: »Hast du auf dem Schlachtfeld von Baugé wenigstens den gefunden, nach dem du schon bei Melun immerzu gesucht hast?«
    John schüttelte den Kopf.
    Er nahm an, dass er Baugé nur deswegen fast unbeschadet entkommen war, weil er bei seiner verzweifelten Suche nach Victor de Chinon wie ein Besessener alles niedergemacht hatte, was in seine Nähe kam. Er hatte nur verschwommene Erinnerungen daran, doch er wusste, er hatte wieder gewütet.
    Die einfachen englischen Soldaten nannten ihn den »Schlächter von Melun«, auch das wusste John. Sie sagten es mit Anerkennung, beinah so etwas wie Ehrfrucht, doch er verabscheute diesen Titel. Er verabscheute das, was aus ihm wurde, wenn er das Schwert gegen die Männer des Dauphin zog. Sein Bruder Raymond hatte sich seinen legendären Ruf auch nicht durch Blümchenpflücken erworben, hatte vermutlich gar mehr Feinde erschlagen als John, weil er schon so viel länger Soldat war. Aber es war anders. Es schien seine Seele kaum berührt zu haben – Raymond hatte sich eine eigentümliche Unschuld bewahrt.
    »Nein, ich habe ihn nicht gefunden. Er … er hat irgendein Lungenleiden und wird kurzatmig, sobald er nur die kleinste Anstrengung unternimmt. Vielleicht lassen sie ihn deswegennicht ins Feld ziehen. Und das würde bedeuten, dass ich ihn nie finden werde, Owen.«
    Tudor hatte die Bandagen ausgewaschen und wickelte sie nun wieder fest um Johns Brustkorb, während er seinem Freund schweigend zuhörte.
    »Ich wünschte, ich könnte aufhören, ihn zu suchen. Ich glaube nicht, dass Gott mir je vergeben wird, was ich in Melun und bei Baugé getan habe. Aber … ich kann einfach nicht. Es ist unmöglich. Sobald ich einen Franzosen mit erhobener Waffe vor mir habe … kommt alles zurück.«
    Tudor holte eine Decke vom Lager des Kammerdieners und hängte sie John über die Schultern, schob gleichzeitig mit dem Fuß die kleine Kohlenpfanne näher an den Tisch. »Nun, zumindest hat Gott beschlossen, dich wider alle Wahrscheinlichkeit leben zu lassen«, bemerkte er. »Ich muss gestehen, Gott habe ich noch nie verstanden. Du solltest mit Bischof Beaufort darüber reden, weißt du. Er ist ein wirklich kluger Kopf. Und ein Fachmann.«
    »Ja, mach dich nur über mich lustig …«
    »Das tu ich nicht«, entgegnete Tudor unerwartet scharf. »Glaub mir, ich weiß ganz genau, wie es in dir aussieht. Dein Hass auf die Franzosen kann nicht bitterer sein als der, den ich früher für euch Engländer gehegt habe. Wie ein heißer Knoten unter dem Herzen, immer da. Meinen ersten Engländer hab ich mit ungefähr acht oder neun getötet. Glendowers Männer lockten eine Schar englischer Bogenschützen und ihren Captain in den Bergen in einen Hinterhalt, und sie hatten mich mitgenommen. Damit ich lerne, wie man so etwas macht, nehme ich an. Niemand passte sonderlich auf mich auf, also habe ich mich während des Kampfes von hinten an einen der Engländer herangeschlichen und ihm mit meinem Jagdmesser die Schlagader am Oberschenkel durchtrennt. Höher konnte ich nicht reichen. Dann

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