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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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zurechtgelegt hatte, nicht herauswollte. Er senkte den Kopf. »Wir gerieten bei Baugé in einen Hinterhalt, Sire. Euer Bruder, der Duke of Clarence, ist gefallen.«
    Dem König entfuhr ein halb unterdrückter Laut des Entsetzens. John hielt den Kopf immer noch gesenkt und konnte deswegen nur Harrys Beine in den eleganten blauen Seidenhosen sehen. Sie entfernten sich langsam einige Schritte von ihm, verharrten, gingen weiter bis zum Bett.
    »Steht auf, John«, sagte Harry erstickt und ließ sich auf die Bettkante sinken.
    John erhob sich und trat ans Fenster. Er wandte dem König den Rücken zu, damit Harry unbeobachtet trauern konnte.
    Es dauerte eine geraume Zeit, bis der König die Fassung wiederfand. Er war nicht blind für die Schwächen seiner Brüder, aber er liebte sie alle drei gleichermaßen. Er vertraute ihnen, und er brauchte sie. Er konnte auf keinen von ihnen verzichten …
    Schließlich fuhr er sich mit dem Ärmel über die Augen. »Erzählt.«
    John drehte sich wieder zu ihm um. »Unsere Taktik hatte endlich Früchte getragen: Wir hörten, der Dauphin wolle sich zur Schlacht stellen.« Den ganzen Winter über hatten sie Prinz Charles mit gezielten Überfällen jenseits der Loire provoziert, hatten nebenbei reiche Beute gemacht und waren zum Albtraum der unschuldigen, bedauernswerten Franzosen rund um Orléans geworden. Dem Dauphin blieb kaum etwas anderes übrig, wenn er nicht jegliche Unterstützung seines Adels verlieren wollte. »Wir zogen ihm also entgegen, mit allem, was wir hatten. Euer Bruder führte die Vorhut an, etwa tausend Mann. Salisbury die Hauptstreitmacht mit allen Bogenschützen. Der Duke of Clarence …« Es war nicht leicht, dies zu berichten, ohne zu sagen, wie verantwortungslos Clarence gehandelt hatte. »Ich nehme an, ihm war nicht bewusst, wie weit Salisbury hinter uns lag, Sire. Jedenfalls befahl er den Angriff, ehe die Hauptstreitmacht zu uns aufgeschlossen hatte, und die Dauphinistenfielen uns in den Rücken. Wir saßen in der Falle. Hoffnungslos unterlegen und ohne Bogenschützen. Sie … sie haben unsere Männer einfach niedergemetzelt. ›Agincourt, Agincourt!‹, schrien sie. Man kann wohl sagen … sie haben ihre Rache bekommen.«
    Harry fuhr sich mit der Rechten nachdenklich über Mund und Kinn, während er lauschte, die Linke auf seinem Knie war zur Faust geballt. »Und die Verluste?«
    »Praktisch die ganze Vorhut. An die tausend Mann. Somerset ist in Gefangenschaft.« Er sagte es ganz nüchtern. Dabei verkrampften sich seine Eingeweide jedes Mal, wenn er daran dachte, was seinem Freund in den Händen des Feindes geschehen mochte. »Der Earl of Huntingdon ebenfalls. Vielleicht hundert von uns waren noch übrig, als Salisbury schließlich kam. Ihm stellten die Dauphinisten sich natürlich nicht, sondern gaben Fersengeld. Sie … hatten ja, was sie wollten.«
    Harry schlug donnernd mit der Faust gegen den Bettpfosten. »Oh, Clarence, was hast du nur getan …«, stieß er verzweifelt hervor. »Tausend Engländer tot, verschwendet, dein eigenes Leben dazu. Der Respekt, den wir uns bei Agincourt erworben haben, zunichte. Und wofür? Wofür , John?«
    John fuhr leicht zusammen. »Ich … kann Euch keine Antwort geben, Sire.«
    »Warum nicht?«, fragte Harry. » De mortuis nihil nisi bene, ist es das? Ihr denkt, mein Bruder hat aus Ruhmsucht gehandelt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und Ihr habt Recht. Sein ganzes Leben hat er darunter gelitten, der Jüngere zu sein. Er wäre so gerne König geworden. Immer hat er versucht, mich zu übertrumpfen, schon als wir aufwuchsen. Bei jedem Wettstreit, beim Schwimmen, bei der Jagd, immer wollte er besser sein. Raymond hat schon damals gesagt, seine Geltungssucht sei gefährlich. Ich wollte das nie glauben. Und nun ist das passiert …« Er konnte nicht weitersprechen. Die katastrophalen Folgen dieser Niederlage und der persönliche Verlust schienen ihm die Luft abzuschnüren.
    »Es stimmt, dass er eine Fehlentscheidung getroffen hat, um der Welt zu beweisen, was für ein grandioser Feldherr er ist«, räumte John zögernd ein. »Aber bei allem, was er getan hat, hat er Euch immer treu gedient, Sire. Wenn es wirklich so war, dass er Euch beneidete, hat er nie zugelassen, dass sein Neid einen Schatten zwischen Euch warf. Und das ist nicht so einfach für einen jüngeren Bruder …«
    Der König hob den Kopf, sah ihn einen Moment versonnen an und nickte dann. »Ihr tröstet mich, John. Ich … will nicht schlecht von meinem Bruder

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