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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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entschuldigen, doch die meisten kamen. John stellte erleichtert fest, dass es nicht so schlimm um ihn stand, wie er befürchtet hatte.
    »Ich hab’s dir doch gesagt«, murmelte Conrad, der heute neben ihm an der hohen Tafel saß. »Sie fangen schon an, es zu vergessen. Nichts ist langweiliger als ein Skandal vom letzten Jahr.«
    John stellte Juliana seinen Gästen vor, als sei sie niemals der Stein ihres Anstoßes gewesen, und nicht wenige erlagen augenblicklich ihrem immer noch kindlich anmutenden Charme. Und die Hartgesottenen, die gegen ihre Reize immun blieben, waren Soldaten, die mit John im Krieg gewesen waren und sich um irgendwelche Hofintrigen gegen ihn nicht scherten. Vielmehr wollten sie wissen, wann Meaux seiner Meinung nach endlich fallen werde.
    Bald, antwortete er jedem, der ihn fragte, und er täuschte sich nicht.
    Sechs Monate hatte Meaux, die mächtigste Stellung des Dauphin nordöstlich von Paris, ausgehalten, doch Anfang Mai fiel sie wie alle anderen vor ihr. Und eine Woche später kam Raymond nach Hause.Es war ein sonniger, lauer Frühlingstag gewesen. Mit der Dämmerung wurde es indessen kühl. Juliana und Francis Aimhursts junge Frau Matilda, die im Rosengarten eine Partie Tables begonnen hatten, saßen nun an einem der langen Tische in der Halle und hatten das Spielfeld, das etwa doppelt so groß war wie ein Schachbrett, mit den runden Spielfiguren wieder aufgebaut. Julianas Wangen waren vom Kampfesfieber gerötet, und sie verfolgte den rollenden Würfel mit erwartungsvollen Blicken. Nur wenige Plätze entfernt hatte John mit dem Reeve und dem Heuwart – zwei Männern aus dem Dorf, die ihm bei der Beaufsichtigung des Gutsbetriebes zur Seite standen – die Organisation der diesjährigen Heuernte besprochen. Die beiden Männer hatten sich gerade nach einem letzten Krug Bier verabschiedet, als Raymond die Halle betrat.
    »Mylord!«, rief Tristan Fitzalan aus und schloss ihn in die Arme. »Willkommen daheim.«
    John erhob sich, trat seinem Bruder lächelnd entgegen und begrüßte ihn ebenfalls. »Wie war die Überfahrt?«, fragte er mit scheinheiliger Anteilnahme.
    Wie nach jeder Kanalüberquerung sah Raymond so aus, als sei er bereits vor mehreren Tagen gestorben. Er antwortete mit einem matten Grinsen und winkte ab. »Spiegelglatte See, aber trotzdem fürchterlich.«
    »Rose, bring seiner Lordschaft einen Becher Burgunder. Einen großen Becher«, bat John. Und dann fuhr er an Raymond gewandt fort: »Ich fürchte, dein Sohn ist nicht hier.«
    »Nein, ich weiß. Die Königin ist in Leeds, hab ich gehört. Ich reite heute Abend noch hin.« Trotz der kränklichen Blässe wurde sein Gesicht mit einem Mal lebhafter. »Und?«, fragte er gespannt. »Wie ist er?«
    John legte ihm lächelnd die Hand auf den Arm. »Ein Prachtkerl. Und ein echter Waringham.«
    »Keine Schönheit wie du, meinst du, ja?«
    »Ich meine, sein Haar ist blond und seine Augen blau, und er ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten. Du hast allen Grund,stolz zu sein. Und Eugénie hat uns alle erstaunt. Sie ist … na ja, nicht wie ausgewechselt. Aber nicht mehr verbittert.«
    Raymond nickte. In diesem Moment kam die Magd mit seinem Wein. Er führte den Becher mit der Linken an die Lippen und trank durstig, kniff ihr gleichzeitig mit der Rechten in die Wange. Rose gehörte zu den Mägden, denen es schmeichelte, dass Raymond die Finger nicht von ihr lassen konnte, und sie entfernte sich mit einem wissenden Lachen und wiegenden Hüften.
    Raymond ließ sich nahe der Tür auf eine Bank sinken, denn seine Beine waren immer noch wackelig. John stellte einen Fuß auf die Bank, verschränkte die Unterarme auf dem Knie, und sie unterhielten sich leise.
    »Wie war Meaux?«, fragte der Jüngere.
    »Die schwierigste Belagerung, die ich je erlebt habe. Exeter und Salisbury glaubten, es werde nie fallen. Aber natürlich hatten sie Unrecht. Meaux war … Harrys Meisterstück, John.«
    »Aber du siehst alles andere als glücklich aus.« Tatsächlich wirkte sein Bruder ausgemergelt und erschöpft, und das lag nicht nur an der Seekrankheit. John wusste, wie kräftezehrend der Krieg vor allem im Winter war.
    »Ich mache mir Sorgen um den König«, bekannte Raymond mit gesenkter Stimme. »Hast du gehört, dass er die Ruhr hatte?«
    John nickte. »Tudor hat’s mir erzählt.«
    »Er hat sich immer noch nicht richtig erholt. Furchtbar mager ist er geworden, und das ist kein Wunder, denn er isst nie etwas. Sobald er irgendwas zu sich nimmt, kriegt er

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