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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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segnend die Hand auf den Kopf. »Ich werde sehen, was ich für dich tun kann, mein Sohn«, murmelte er verschwörerisch. Dann ließ er die Hand sinken.
    John fühlte sich seltsam berührt. Er hatte für gewöhnlich einen Knoten in der Zunge, wenn er vor einem Fremden stand, doch jetzt fand er den Mut zu sagen: »Ich danke Euch für Eure Freundlichkeit, Mylord. Und … ich bedaure Euren Verlust.«
    Beaufort schien einen Moment überrascht, aber dann nickte er. »Ja, es ist bitter. Er fehlt mir sehr, mein Bruder, der König. Auch wenn niemand außer dir das glaubt, mein Junge«, schloss er mit diesem kleinen, spöttischen Lächeln, das John eben schon aufgefallen war.
    John sah fragend zu seinem Vater, und als dieser nickte, verneigte er sich vor dem Gast, wandte sich ab und verließ die Halle.
    Er verspürte kein besonderes Bedürfnis, zu Francis Aimhursts Unterricht zurückzukehren. Stattdessen stieg er die Treppe hinauf, ging in seine Kammer, setzte sich auf die gepolsterte Fensterbank und dachte über diese seltsame Begegnung nach.
    Er wusste weit mehr über das Haus Lancaster, als sein Vater und seine Brüder vermutlich ahnten. Da das Geschick seiner eigenen Familie so eng mit dem der Lancaster verknüpft war, hatte John sorgsam alles gesammelt, was er je über die Familie des Königs gehört hatte. So wusste er auch, dass Henry Beaufort, der Bischof von Winchester, Ende dreißig sein musste und – wenngleich er von dem sagenhaften Lancaster-Vermögen nichts geerbt hatte – als der reichste Mann Englands galt. In den vergangenen schweren Jahren hatte er oft gegen den alten König und dessen mächtigsten Berater, den Erzbischof vonCanterbury, opponiert, nicht selten gemeinsam mit dem Prinzen. Jetzt war dieser Prinz König. Und Bischof Beaufort sein Chancellor. Kein Wunder, dass die Spötter bei Hofe argwöhnten, der Bischof weine seinem königlichen Bruder keine Träne nach. Dennoch war John die Trauer in den Augen des Bischofs aufrichtig erschienen. Und mit Trauer kannte er sich aus.
    Er zog die Knie an, schaute in den weiten Innenhof der Burg hinab und verschränkte die Arme. Seine Kameraden und ihr Lehrer waren vom Sandplatz verschwunden. Die Schatten im Hof wurden länger und verdichteten sich allmählich. Es wurde Abend; bald Zeit zum Essen.
    John verspürte ein Ziehen in der Magengegend, aber es war kein Hunger. Eine eigentümliche Unruhe hatte ihn erfasst. Er hatte plötzlich den Verdacht, dass dies ein sehr wichtiger Tag in seinem Leben war, und es machte ihn verrückt, dass er nicht begriff, warum. Auf jeden Fall hatte es etwas mit diesem Bischof zu tun. Welches Interesse konnte ein so mächtiger Mann am jüngsten, unbedeutendsten Sohn eines alten Landedelmannes haben? Und was hatte Raymond mit diesen seltsamen Andeutungen gemeint, zu denen er sich durch seine Trunkenheit hatte verleiten lassen?
    Die Erkenntnis, was es war, das sein Vater im Schilde führte, durchzuckte ihn schließlich wie eine gleißende Flamme. Auf einmal fügte sich alles zusammen und ergab einen Sinn. Zuerst war John wie gelähmt vor Schreck. Dann packte ihn der Zorn.
    Und er wusste genau, was er zu tun hatte.
     
    »Ich war in jedem Haus im Dorf«, berichtete Fitzroy. »Aber dort ist er nicht. Conrad hat jeden Winkel auf dem Gestüt durchsucht. Keine Spur von dem verdammten Bengel … Ich bitte um Verzeihung, Exzellenz.«
    Bischof Beaufort, der mit Joanna in Robins Wohngemach am Tisch saß und kaum weniger besorgt wirkte als sie, erteilte seinen Dispens mit einer nachlässigen Geste.
    »Ihr müsst in den Wald reiten«, sagte Joanna nicht zum ersten Mal. »Dort verkriecht er sich manchmal, wenn ihm etwaszu schaffen macht. Und da sein Pferd fehlt, ist es nahe liegend, oder? Gott, wenn er gestürzt ist und sich schon wieder etwas gebrochen hat …«
    »Ihr könnt aufhören, ihn zu suchen«, sagte Robins Stimme von der Tür. Sie klang seltsam. Erschüttert und erleichtert zugleich. Er hob den Papierbogen, den er in der Linken hielt.
    »Was ist das?«, fragte Joanna angstvoll.
    Robin trat näher und ließ sich in seinen Sessel sinken. »Ein Brief von John. Er … ist uns davongelaufen.« Er schloss die Lider und drückte für einen Moment Daumen und Zeigefinger der Linken darauf. »Oh, mein armer Junge. Wie konnten wir uns nur so vollkommen missverstehen?«
    »Davongelaufen?«, wiederholte Fitzroy verständnislos. »Wohin?«
    »Nach Westminster. Er war das Warten satt und hat offenbar beschlossen, sich auf eigene Faust und ohne meine

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