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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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ausdrucksloser Diplomatenmiene hatte er an der hohen Tafel gesessen und der abscheulichen Geschichte gelauscht, als höre er sie zum ersten Mal. Nur einmal, als er Julianas Blick auf sich spürte, hatte er eine Braue hochgezogen, und seine Augen glommen kurz auf, ohne dass er seine Tochter auch nur ein einziges Mal anschaute. Und in dem Moment war ihr aufgegangen, wie mächtig und gefährlich er in Wahrheit war. Er hatte die Gemahlin seines erbitterten Widersachers irgendwie dazu bewogen, sich in eine schmachvolle Situation zu begeben und vor dem Hof Dinge zu sagen, über die eine Dame nicht sprach, und dabei legte er so große Gelassenheit an den Tag, dass niemand im Traum darauf gekommen wäre, er könnte mit der Geschichte irgendetwas zu tun haben.
    »Habt Ihr sie erpresst?«, hatte Juliana ihren Vater rundheraus gefragt, als sie ihn während Johns nächster Nachtwache noch einmal aufsuchte.
    »Wenn du es so nennen willst.«
    »Aber … aber das war nicht recht, Mylord! Es war qualvoll für Lady Eleanor, und nun habe ich ein schlechtes Gewissen und …«
    Er hatte die Hand an ihre Wange gelegt. Erschrocken war sie verstummt, denn es kam so selten vor, dass er sich ihr gegenüber väterliche Gesten gestattete.
    »Gott segne dich. Aber das solltest du nicht, Juliana. Das ist nicht nötig. Wie du sicher weißt, bedarf es eines dunklen Geheimnisses, um jemanden zu erpressen. Eleanor Cobhams ist an Abscheulichkeit kaum zu überbieten. Und nun, da sie weiß, dass ich über ihr Geheimnis im Bilde bin, muss sie ihren … nun, sagen wir, sie muss ihren Lebenswandel ändern.«
    Juliana konnte ihre Neugier nicht zügeln. »Was ist es, das Ihr über sie wisst?«
    Er hatte lächelnd den Kopf geschüttelt.
    »Und … wusstet Ihr es schon länger? Ja, nicht wahr? AberIhr habt auf eine Gelegenheit wie diese gewartet, da Lady Eleanor Euch nützlich sein könnte. Weil sie Gloucesters Frau ist.«
    »Das nennt man Politik. Im Übrigen besteht keine Veranlassung, dass du dich so entrüstest. Arthur Scrope hat bekommen, was er verdient, und wird vorläufig kaum in die königliche Leibwache eintreten. Somit habe ich der Krone einen Dienst erwiesen, dir ebenfalls und, wie es sich fügte, Lady Eleanor Cobhams Seelenheil und der heiligen Mutter Kirche auch.«
    Wider Willen hatte Juliana lächeln müssen. »Mir scheint, das war selbst für einen Kardinal keine geringe Leistung, Mylord.«
    Aber die ganze Affäre bereitete ihr immer noch mehr Unbehagen als Genugtuung, und so entschuldigte sie sich bald, um John und Raymond nicht länger zuhören zu müssen, die bei dem Thema einfach kein Ende fanden.
    »Ich geh und schaue nach Eugénie. Ich habe sie noch gar nicht begrüßt.«
    »Was immer sie dir vorjammert, gib ihr nichts zu trinken, Juliana«, warnte Raymond.
    Sie nickte seufzend.
     
    Die Familie und Daniel nahmen das Nachtmahl in dem Wohngemach über der Halle ein, nur Eugénie fehlte. Die Kinder waren still. Robert beäugte seinen großen Halbbruder, der so vertraut mit ihrem Vater umging, voller Argwohn. Selbst als er einigermaßen sicher war, dass Daniel den Vorfall mit dem Pony nicht erwähnen würde, entspannte er sich nicht. Kate saß zusammengekauert an ihrem Platz, als wolle sie sich kleiner machen, als sie ohnehin schon war, und aß so gut wie nichts. Die Erwachsenen schienen von alldem nichts zu bemerken, denn sie unterhielten sich angeregt über das Gestüt und die gerade begonnene Ernte.
    Doch nachdem die Kinder im Bett waren und Juliana zurückkehrte, murmelte Raymond: »Was für ein stilles Bürschchen er ist. Robert, meine ich. Ich war ganz anders in seinem Alter. Wahrscheinlich ist seine Mutter daran schuld …«
    »Raymond, hab ein bisschen Geduld mit Eugénie«, bat Juliana. »Und wenn du kannst, kümmere dich ein wenig um sie.«
    »Das hab ich«, protestierte er. »Ich habe dafür gesorgt, dass sie aufhört zu saufen, und eines Tages wird sie mir dafür dankbar sein.«
    »Aber du hast nichts getan, um ihr den Lebensmut zurückzugeben. Sie ist schwermütig.«
    Er knurrte angewidert. »Es hat ihr hier niemals an irgendetwas gemangelt. Sie hat einen Sohn und einen großen Haushalt, um die sie sich kümmern sollte. Was will sie denn noch?«
    »Es ist nicht so einfach, wie du annimmst«, entgegnete seine Schwägerin. »Robert … hat seine Mutter immer abgelehnt. Schon als ganz kleines Kind. Sobald er laufen konnte, war er ständig vor ihr auf der Flucht.«
    »Ich kann’s ihm nicht verübeln, armer Junge …«
    »Aber sie

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