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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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schalt er sie, war nicht so grenzenlos nachgiebig wie ihre Mutter, aber wenn sie in ernsthafte Nöte geriet, dann war er ihre Fluchtburg.
    »Lasst uns nach oben gehen«, schlug Raymond vor. »Es gibt viel zu bereden. Ich fürchte, unsere Jagd muss noch einen Tag warten, mein Junge«, schloss er an seinen Sohn gewandt.
    Robert war enttäuscht, aber er hatte es schon geahnt, als er seinen Onkel die Halle betreten sah. »Natürlich, Vater«, murmelte er. Doch Raymond war bereits an der Tür.
    John versuchte erst gar nicht, Kate abzusetzen und aufzufordern, mit ihrem Cousin zu spielen. Er hatte sehr wohl gemerkt, dass sie keine großen Stücke auf Robert hielt. Vermutlich waren dessen Jungenspiele ihr zu wild, nahm er an. Er trug sie die Treppe hinauf und drückte sie oben der ersten Magd in die Arme, der er begegnete. »Hüte sie ein Weilchen, Janet.«
    Janet war entzückt. »Natürlich, Sir John. Lass uns nachschauen gehen, was wir in der Küche Gutes für dich finden, Engel …«
     
    »Die Franzosen nennen sie ›die heilige Jungfrau von Orléans‹«, berichtete Raymond. »Bedford nennt sie eine Hexe und Teufelsbuhle. Ich kann euch nicht sagen, was stimmt. Ob es das Glück des Teufels oder die Führung der Engel ist, die sie besitzt. Aber eins von beidem hat sie todsicher. Und letzte Woche, ob ihr’s glaubt oder nicht, hat sie den Dauphin nach Reims gebracht, wo er in der Kathedrale nach diesem komischen französischen Ritual zum König von Frankreich geweiht wurde.«
    » Was ?«, riefen John und Juliana wie aus einem Munde. »Das ist ein glatter Verstoß gegen den Vertrag von Troyes«, fügte John erbost hinzu.
    Raymond hob die Schultern. »Den der Dauphin nie anerkannt hat.«
    »Der Erzbischof von Reims hingegen wohl!«
    Der ältere Bruder nahm mit einem dankbaren Nicken den gläsernen Weinpokal, den Juliana ihm reichte, und ließ sich auf den Fenstersitz sinken. Unten im Rosengarten schimpfte eine Amsel. »Ich kann dir auch nicht erklären, was plötzlich in ihn gefahren ist, John. Es liegt an ihr. Jeanne von Domrémy. Sobald sie irgendwo aufkreuzt, kriegen die Franzmänner glasige Augen und werden ungewohnt mutig. Und vor Orléans hat sie uns gewaltig ans Bein gepinkelt …« Raymond geriet ins Stocken, weil man so etwas von einer Frau nicht sagte. Es war schon verdammt verwirrend, wenn plötzlich ein Weibsbild eine Armee kommandierte.
    »Wann hast du sie gesehen?«, fragte Juliana neugierig.
    »Als sie St. Loup einnahm. Eine Festung nahe Orléans, wo ein Teil unserer Belagerungstruppen stand. Der Angriff kam so plötzlich, wir waren zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen.« Er hob ratlos die freie Hand. »Es war einfach nicht zu halten. Ihr Ansturm kam wie eine Flutwelle. Das konnten die Franzosen noch nie. Aber wo immer Jeanne auftaucht, haben sie plötzlich Feuer unterm Hintern. Und ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein zierliches Persönchen sie ist. Blutjung – noch keine zwanzig. Winzig kleine Hände.« Er brach schon wieder ab. Sie war so schwierig zu beschreiben, ihr Zauber erst recht. Ihre neue Rüstung funkelte in der Sonne, in einer der kleinen Hände hielt sie ihr weißes Banner mit den goldenen Lilien und zwei Engeln, die Gott Vater flankierten. Und in der Rechten hielt sie ein Schwert. Ein richtiges Schwert. Wie so viele Frauen vom Land war sie viel kräftiger, als sie aussah. Ihre größte Schwachstelle war ihre Stimme, denn wenn sie versuchte, sich über den Schlachtenlärm Gehör zu verschaffen, klang sie doch eher wie ein keifendes Fischweib denn wie ein Feldherr. Die Engländer hatten darüber gefeixt. Aber auch wenn es komisch klang, ihre Befehle waren immer goldrichtig gewesen, und die englischen Belagerer waren aus St. Loup vertrieben, ehe sie so recht begriffen hatten, was eigentlich geschah. Und die ganze Zeit hatte Raymond auf der Brustwehr gestanden und immer wieder zu ihr hinabgeschaut, während er die eingedrungenen Franzosen zurückzuschlagen versuchte, weil er fürchtete, ihr könne in dem wilden Treiben etwas zustoßen.
    »Anschließend zog sie nach Nordosten und versammelte alles um sich, was Beine hatte und französisch sprach, und nirgendwo konnten wir sie aufhalten. Nichts gelingt uns mehr, es ist wirklich wie verhext. Am achtzehnten Juni hat sie Talbot und Fastolf bei Patay eine wirklich bittere Schlappe beigebracht, allein Talbot hat fast vierhundert Mann verloren und geriet in Gefangenschaft. Danach hätte sie Paris nehmen können, wenn sie gewollt hätte.

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