Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
Vom Netzwerk:
Box.
    John wandte den Kopf und erahnte Tudors unverwechselbaren Rotschopf. »Tu ich das?«
    »Jedes Mal.« Der Waliser tätschelte dem Grauschimmel in der Box das etwas ausladende Hinterteil, sodass der einen Schritt zur Seite machte und Tudor auf den Gang hinaustreten konnte. »So als hättest du plötzlich Zahnweh.«
    Mit einem verlegenen Grinsen wies John auf die Boxenwand zur Linken. »Cambridge hat mich hier mal verprügelt. Wirklich fürchterlich. Und jedes verdammte Mal, wenn ich hier hereinkomme, muss ich daran denken.«
    Tudor nickte. »Oh ja. Cambridge war ein großer Hurensohn vor dem Herrn, das steht fest.« Plötzlich grinste er. »Aber wir haben’s ihm gezeigt, was?«
    »Das kannst du laut sagen.«
    Sie lachten. Es klang eher nostalgisch als triumphierend.
    »Was treibst du hier?«, fragte John.
    »Ich habe auf dich gewartet. Ich muss mit dir reden. Ungestört.«
    »Ah ja?« John betrat Achilles’ Box, begrüßte seinen vierbeinigen Gefährten, der allmählich in die Jahre kam, und schaute ihm ins Maul. »Was gibt es?«
    Tudor räusperte sich und sagte nichts.
    John hob Achilles’ linken Vorderhuf an und betrachtete ihn von unten, während er wartete. »Was ist, Tudor? Bist du plötzlich tot umgefallen, oder warum hör ich nichts?«
    »Ich … es geht um die Königin, John.«
    Die Stimme klang seltsam. Fast ein wenig atemlos. John warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah den Waliser vor der Box von einem Fuß auf den anderen treten wie ein kleiner Bengel, der dringend pinkeln musste und nicht wollte. John ließ Achilles’ Huf los und kam wieder auf den Gang hinaus. Er hatte in vielen Schlachten Seite an Seite mit Owen Tudor gekämpft. Sie waren zusammen in manch brenzlige Situation geraten. Aber heute war das erste Mal, dass John seinen Freund nervös erlebte. Ihm schwante nichts Gutes. »Was ist mit der Königin? Ist sie krank?«
    »Nein.«
    »Warum ist sie dann so bleich und teilnahmslos und isst kaum noch etwas?«
    »Weil ihr von morgens bis abends und von abends bis morgens speiübel ist. Sie ist schwanger.«
    John starrte ihn einen Augenblick verständnislos an. »Schwanger …?«, wiederholte er dümmlich.
    »Hm.«
    »Von wem? Weißt du’s?«
    Für einen Lidschlag verzogen sich Tudors Mundwinkel nach oben, aber gleich darauf schlug er die Augen nieder und nickte betreten. »Von mir, John.«
    John sah auf den gesenkten Rotschopf, beobachtete dann die staubige Stiefelspitze, die Tudor ins Stroh bohrte, und brachte keinen Ton heraus. Furcht kroch seine Beine hinauf und machte sie schwach, und er lehnte sich mit den Schultern gegen die Boxenwand. Mit verschränkten Armen starrte er einen Augenblick zu den niedrigen Deckenbalken auf, betrachtete die staubigen Spinnweben und Vogelnester und fragte sich, was in aller Welt aus ihm werden sollte, wenn er nach Somerset nun auch noch den zweiten seiner Freunde verlöre.
    »Gott steh dir bei, Owen.«
    Der Waliser hob den Kopf und nickte. »Ja, auf seine Hilfe können wir nicht verzichten. Aber ich hatte gehofft, ich könne auch auf die deine rechnen.«
    John nahm sich zusammen. «Das kannst du«, versprach er. Es klang ruhiger, als ihm zumute war. »Was hast du vor? Ich nehme an, du willst nach Wales fliehen? Sag mir, was du brauchst, und ich besorge es dir. Du …«
    »Ich habe nicht die Absicht zu fliehen, John.« Es klang scharf. »Wofür hältst du mich eigentlich? Glaubst du, ich würde Katherine in dieser Misere allein lassen?«
    »Und was nützt du ihr, wenn du tot bist?«, gab John zurück. »Du weißt doch, dass sie dich töten werden, wenn das herauskommt, oder? Mach dir bloß nichts vor. Gloucester wird dafür sorgen.«
    Wäre es Edmund Beaufort oder irgendein anderer Angehöriger des englischen Hochadels gewesen, der die Königin in Verlegenheit gebracht hatte, hätte sich eine Lösung finden lassen: eine saftige Geldbuße für den amourösen Übeltäter, eine stille Hochzeit, dann eine lang gezogene Pilgerfahrt nach Rom oder Santiago, ganz gleich wohin, Hauptsache, das Paar des Anstoßes verschwände aus England, sodass der Hof den Skandal vergessen konnte. Für einen walisischen Habenichts, der obendrein unverzeihlich aufrichtig war und Gloucester bei jeder Gelegenheit merken ließ, was er von ihm hielt, gab es einen solchen Ausweg indessen nicht.
    »Das Risiko muss ich eingehen«, antwortete Tudor. »Ich weiß, es klingt albern, wenn ich dir sage, ich kann ohne Katherine nicht leben. Aber so ist es eben. Jetzt nicht mehr. Nicht,

Weitere Kostenlose Bücher