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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Unsinn. Ein Knabe mit einer zu großen Krone auf dem Kopf. Jeder wird auf einen Blick erkennen, dass ich der Aufgabe noch gar nicht gewachsen bin.«
    John trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du täuschst dich, Sire. Sie werden einen Lancaster sehen, der sein Erbe antritt. Alle werden erleichtert sein, endlich wieder einen gesalbten und gekrönten König zu haben. Und sie werden sehen, dass du zwar noch sehr jung, aber für diese hohe Würde geboren bist. König von Gottes Gnaden.«
    Der Junge hob den Kopf und schaute mit furchtsam geweiteten Augen zu ihm hoch. »Woher willst du das wissen?«
    John lächelte auf ihn hinab. »Weil ich es sehe.«
     
    Und er behielt Recht.
    Westminster Abbey war am nächsten Vormittag bis auf den letzten Platz mit Adligen, Rittern und den feinsten der Bürger von London und Westminster gefüllt, und sie alle verfolgten die feierliche Krönungszeremonie mit hoffnungsvollen Blicken. Diejenigen, die den König lange nicht oder sogar noch nie gesehen hatten, staunten, dass ein achtjähriger Knabe so hoch gewachsen sein und so ernst und feierlich wirken konnte.
    John und Juliana standen seitlich des Altars im dichten Gedränge. Gelegentlich trat ihnen jemand auf die Zehen, doch es war ein guter Platz mit einem freien Blick auf den Thronsessel.
    John beobachtete gebannt, wie Beaufort die schwere Krone feierlich hochhielt und dem kleinen König dabei verstohlen zuzwinkerte. Henry lächelte nicht, aber er entspannte sich sichtlich – vermutlich ohne es überhaupt zu merken. Dann senkte die schwere, mit kostbaren, großen Edelsteinen besetzte Goldkrone sich auf seinen gelockten Schopf hinab. John wusste, sie war mörderisch schwer. Doch der Kardinal setzte sie dem König in einem beinah verwegenen Winkel nach hinten geneigtauf, und Henry hielt den Kopf gerade und still. Es gab kein Malheur.
    »Wie schön er aussieht«, murmelte Juliana und tat einen Seufzer, der beinah etwas Schmachtendes hatte, sodass sie von ihrem Mann einen verwunderten Blick erntete.
    Doch als er den König wieder anschaute, musste er ihr Recht geben. »Wie ich zu ihm sagte«, raunte er. »Man sieht, dass er dafür geboren ist.«
     
    Das anschließende Krönungsbankett in Westminster Hall war genauso prachtvoll wie das letzte. Dieses Mal servierten keine berittenen Diener, dafür waren die Speisen noch zahlreicher und erlesener. Die Pasteten waren von burgundischen Köchen kreiert, die sie als Nachbauten berühmter französischer Burgen geschaffen hatten. Und die französische Lilie war neben dem Löwen das vorherrschende Emblem der Tischdekoration. Niemand sollte vergessen, dass Henry der Herrscher zweier Nationen war.
    Der junge König selbst saß während der langen Festlichkeiten ernst und mit feierlicher Miene an seinem Platz. John sah ihn kein einziges Mal lächeln. Und das ist kein Wunder, fuhr es ihm durch den Kopf, Henry hat Verstand genug, um zu wissen, welche Bürde wir ihm heute auferlegt haben. Doch der König unterhielt sich angeregt mit dem Kardinal zu seiner Rechten. Die Königin an seiner linken Seite schien hingegen abwesend. John glaubte zu beobachten, dass sie Henrys Versuche, ein Gespräch in Gang zu bringen, einsilbig beantwortete. Und das ärgerte ihn.
    »Was ist los mit ihr?«, fragte er Juliana gedämpft.
    Seine Frau hob ratlos die Schultern. »Vielleicht muss sie an ihre eigene Krönung hier denken. Und an Harry.«
    »Hm«, knurrte John missfällig. »Sie könnte sich wenigstens ein bisschen Mühe geben, es für Henry leichter zu machen. Es ist ein schwerer Tag für ihn.«
    Für sie auch, dachte Juliana, aber John hatte natürlich trotzdem Recht. Seit Wochen war sie in Sorge um Katherine, aberwann immer sie sie nach ihrem Befinden fragte, lächelte die Königin und behauptete, es gehe ihr fabelhaft. Juliana wusste, dass das nicht stimmte.
     
    Am nächsten Tag begann das Parlament, und John hatte zum ersten Mal seit vielen, vielen Wochen Zeit. Der November, der am Vortag wohl aus Höflichkeit eine fahle Sonne auf den Krönungszug von London nach Westminster hatte scheinen lassen, zeigte jetzt sein wahres Gesicht: Es schüttete wie aus Kübeln, und ein eisiger Wind fegte durch die Korridore des Palastes. Trotzdem begab John sich in den Pferdestall, um nach Achilles und den kleinen, aber edlen Rössern des Königs zu sehen.
    »Wieso kneifst du immer die Augen zusammen, wenn du diesen Stall betrittst?«, fragte plötzlich eine vertraute Stimme aus dem trüben Halbdunkel der ersten

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