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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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war besinnungslos.
    »Oh, Jesus Christus«, flüsterte John, »nicht schon wieder. Bitte nicht schon wieder …«
    Behutsam hob er seine Frau auf, legte sie aufs Bett und deckte sie zu. Ihre Lider flackerten, sie wälzte sich stöhnend auf die Seite und krümmte sich. Die Bewusstlosigkeit war nicht tief, und John wusste, sie litt an furchtbaren, wehenartigen Krämpfen, wenn das hier passierte. Er nahm eine ihrer eiskalten Hände zwischen seine. Ihr Gesicht erschien ihm weißer als die Laken. »Ich hole Eileen. Es dauert nur einen Augenblick, ich bin sofort zurück. Hab keine Angst.«
    Aber er brauchte noch einen Moment, ehe er sich überwinden konnte, ihre Hand loszulassen und hinauszugehen. Denner war derjenige, der Angst hatte. Er musste sich zwingen, auf das besudelte Bodenstroh hinabzuschauen, und erkannte mit einem beinah schon geübten Blick, dass sie dieses Mal viel Blut verloren hatte. Und er hatte wenig Hoffnung, dass die Blutung bereits versiegt war.
    »Geh nicht weg, Juliana.« Er küsste ihr die feuchte Stirn, ließ ihre Hand los und eilte hinaus.
    Eileen war eine junge Magd aus Waringham und diente Juliana als Zofe, seit John seine Frau so häufig mit an den Hof nahm, dass sie eine eigene Dienerin brauchte. Und als Eileen erfahren hatte, dass ihre Herrin zu Fehlgeburten neigte, hatte sie sich von Liz Wheeler ausführlich erklären lassen, was in einem solchen Fall zu tun sei. Wie John erwartet hatte, fand er sie im warmen Küchenhaus.
    Als Eileen sein Gesicht sah, sprang sie auf. »Sir John! O Gott, sagt nicht …«
    »Schsch.« Er schüttelte warnend den Kopf. »Komm. Beeil dich.«
    Die junge Frau nickte, füllte eine Schüssel mit heißem Wasser aus einem Kessel, der in dieser riesigen Küche den ganzen Tag über einer der großen Feuerstellen hing, und eilte an Johns Seite hinaus in den Hof. Die neugierigen Blicke der Küchenmägde folgten ihnen. John wusste, es war so gut wie aussichtslos, ein Vorkommnis wie eine Fehlgeburt hier geheim zu halten. Dabei verschlimmerte es Julianas Verzweiflung jedes Mal, wenn es herauskam. Sie sah in ihrer Unfähigkeit, Kinder auszutragen, einen schweren persönlichen Mangel. Eine göttliche Strafe für ihre Sünden oder die Sünden ihrer Eltern. Und das beschämte sie. Aber im Moment hatte John ganz andere Sorgen.
    »Komm, lass mich das Wasser tragen.« Er nahm Eileen die schwere Schüssel ab und legte einen Schritt zu.
    »Ist es schlimm?«, fragte sie.
    Er nickte. »Es sieht jedenfalls schlimm aus.«
    Doch sie dachten nicht daran, den Medicus zu holen. Keiner von beiden erwähnte es auch nur. Der Leibarzt des Königs wareiner der zahlreichen Vertreter seiner Kunst, die die Auffassung vertraten, Schwangerschaften und alles, was damit einherging, seien Angelegenheiten der Hebammen und unter der Würde eines Gelehrten.
    Als sie das Zimmer betraten, war Juliana aufgewacht. Sie lag auf dem Rücken, einen Arm auf den Unterleib gepresst. Tränen rannen aus den Augenwinkeln über ihre Schläfen und verschwanden im blonden Haar.
    John kniete sich auf die Bettkante und fuhr ihr mit dem Finger über die Wange.
    »Oh, John. Es ist so furchtbar.« Er erkannte ihre Stimme kaum. Sie klang schleppend und beinah tonlos.
    Er nickte. Er suchte immer noch vergeblich nach den richtigen Worten für diese Situation.
    Eileen war an die andere Seite des Bettes getreten, betrachtete ohne erkennbaren Schrecken die Blutspuren im Stroh, schlug dann die Decke zurück und begann, Julianas unteren Bauch in sicheren, kreisförmigen Bewegungen zu massieren. Juliana drehte den Kopf zur Seite und biss sich auf die Unterlippe.
    »Ich weiß, Madam«, murmelte die junge Magd tröstend. Sie hatte selbst ein Kind verloren und wusste, wie wund und zerschunden Juliana sich fühlte, aber die Massage war der einzige Weg, die Blutung zu stillen. »Gleich bringe ich Euch einen guten Tee aus Nesseln und Melisse. Der lindert die Krämpfe und die Blutung, Ihr werdet sehen.« Und an John gewandt fuhr sie leise fort: »Es ist viel zu kalt hier drin, Sir John. Wir brauchen ein Kohlebecken. Und Wein.«
    Er war dankbar für ihre Umsicht und Ruhe. »Ich gehe«, erwiderte er und machte sich auf den Weg.
     
    Als die frühe Dunkelheit hereinbrach, war das Schlimmste überstanden. Die Blutung hatte fast gänzlich aufgehört, die Krämpfe hatten nachgelassen. Was blieb, waren Erschöpfung und Trauer.
    John hatte einen Knappen zu Kardinal Beaufort geschicktund gebeten, ihn und Juliana heute Abend beim König zu entschuldigen.

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