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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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hatte. Sollte das der Fall sein, wollte er einen diplomatischen Weg finden, Richard Tropnell zu bezahlen. Für Kost und Logis, sozusagen.
    »Es geht auch so«, versicherte er lächelnd, nahm die Schale in die Linke und begann zu löffeln. Der Eintopf war in der Tat köstlich. »Hm. Mein Kompliment an die Dame des Hauses, Master Tropnell.«
    Der schnaubte belustigt über den gestelzten Ausdruck. »Ich werd’s bestellen, Sir John.«
    »Ihr wisst, wer ich bin?«, fragte John zwischen zwei Löffeln. Er versuchte, nicht zu schlingen, aber mit einem Mal spürte er, wie ausgehungert er war.
    Tropnell nickte. »Der Fatzke erwähnte Euren Namen, als er ging. Lord Waringham ist Euer Vater?«
    »Mein Bruder. Woher kennt Ihr ihn?« John war neugierig. Raymond hatte keinerlei Verbindung nach Sandwich, soweit er wusste.
    Der Torhüter strich sich den Bart. »Na ja. Ich kenne ihn überhaupt nicht. Aber seinen Stallmeister.«
    »Conrad?« John lächelte unwillkürlich. Wie lange hatte er sie alle nicht gesehen. Mit einem Mal überkam ihn fürchterliches Heimweh. »Er ist mein Vetter.«
    »Ist das wahr?« Richard Tropnell staunte. Dann dachte er einen Moment nach und verstand ein paar Dinge, über die er in letzter Zeit gelegentlich gerätselt hatte. »Euer Vetter erweist mir und meinen Freunden gelegentlich einen Gefallen, Sir John. Und es ist noch nicht so lange her, da hat auch Lord Waringham uns einen Gefallen getan.«
    Das klang höchst konspirativ. John zog die Stirn in Falten. »Ich kann nicht behaupten, dass ich verstehe, was Ihr da sagt.«
    Tropnell hob lächelnd die Schultern.
    »Vermutlich muss ich das ja auch gar nicht«, fügte John hinzu.
    »Nein, das ist wahr. Habt Ihr aufgegessen? Dann lasst mich die Schale mitnehmen.«
    John rieb das hölzerne Gefäß mit einem Stück Brot sauber, eher er es dem Torhüter reichte. »Sagt Eurer Frau meinen Dank. Und auch Euch danke ich für Eure Freundlichkeit. Gott segne Euch.«
    Tropnells Augen funkelten verschmitzt. »Das will ich doch hoffen. Gute Nacht, Sir John.«
     
    Es hätte eine geruhsame, geradezu angenehme Gefangenschaft werden können, denn Tropnell und dessen Frau ließen nichts unversucht, um sie John erträglich zu machen. Ihr Sohn Morris – ihr einziges Kind – war bei dem furchtbaren Gemetzel von Baugé gefallen, und Mistress Tropnell ergoss ihre angestaute Mütterlichkeit förmlich über den bedauernswerten Fremden im Keller. Aber nach einer Woche bekam John Fieber. Der Torhüter war bald in Sorge um ihn und lieh bei Nachbarn eine zusätzliche Decke. Doch sie nützte nichts. Die feuchte Kälte nistete sich in Johns Lungen ein, und Ende Februar war er todkrank.
    Richard Tropnell borgte sich den Sohn und den Esel der hilfsbereiten Nachbarn, Ersteren als Vertreter, Letzteren als Reittier, und machte sich auf den weiten Weg nach Waringham. Er durchquerte die düstere Eingangshalle des Bergfrieds. Seine Schritte waren langsam und unwillig, denn er wusste genau, was er am Fuß der Treppe vorfinden würde. Aber er hatte keine Wahl. Es war, als habe sich eine kräftige Hand auf seinen Rücken gelegt, die ihn unerbittlich vorwärts schob. Ein heller Fleck schimmerte dort an der Treppe. Wie ein Klecks mattes Licht in der Düsternis. Ihr weißes Kleid, wusste John. Noch zwei Schritte. Noch einer. Dann blieb er stehen und sah auf den zerbrochenen Leib seiner Mutter hinab. Die kecke kleine Haube war ihr bei dem Sturz vom Kopf gefallen, die schwarzen Locken hatten sich wie ein Fächer ausgebreitet. Sie lag auf dem Rücken, die Hände in losen Fäusten links und rechts neben dem Gesicht, und diese Haltung ließ sie vollkommen schutzlos wirken, wie ein Kind. Ihre Augen, die schon allen Glanz verloren hatten, starrten an ihm vorbei, und ein dünner Blutfaden war aus ihrem linken Mundwinkel gelaufen. John wollte schreien. Aber er konnte nicht. Eine eigentümliche Schwäche lähmte ihn, die eher von seiner Seele als von den Gliedern auszugehen schien. Unverwandt starrte er auf den Blutfaden in ihrem Mundwinkel und stellte dann mit dem Mangel an Verwunderung, der Träumenden oft zu Eigen ist, fest, dass es nicht seine Mutter, sondern sein Neffe Robert war, der hier mit gebrochenem Genick zu seinen Füßen lag.
    Erleichtert wandte er sich ab. Um Robert war es nicht schade. Jedenfalls nicht so schade wie um seine Mutter. Mit einem Gefühl von Dankbarkeit ging er in den Rosengarten hinaus, aber ein Gewitter war aufgezogen. Drohend türmten sich die schwarzen Wolken, und die ersten

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