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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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mein Testament diktieren«, bekundete die Königin. »Ich werde diese Welt sehr bald verlassen, Jean.« Sie war gefasst und voller Würde – eine Königin in der Tat.
    »Wenn das stimmt, wird es eine ärmere Welt sein, die Ihr zurücklasst, Madame.«
    Sie ging nicht darauf ein. »Ich wollte, dass Ihr mich seht, damit Ihr dem König erklären könnt, wieso ich ihn nicht zu mir gerufen habe, um mich zu verabschieden.«
    John nickte, obwohl er genau wusste, dass nichts, was er sagen konnte, Henry darüber hinwegtrösten würde. Seit Katherine Owen Tudor geheiratet und sich vom Hof zurückgezogen hatte, hatte der König sich von seiner Mutter vernachlässigt, gar ungeliebt gefühlt. Aber John wusste, er durfte nicht riskieren, dass sein junger König miterleben musste, was er hier vorhin gehört hatte. Henry war empfindsam, alles andere als robust. Sein seelisches Gleichgewicht war einigermaßen gefestigt, solange nichts geschah, was seinen geregelten, von Gottesdienst und Gebet bestimmten Alltag durcheinander brachte. Ihn mit der erschütternden Krankheit seiner Mutter zu konfrontieren, hätte bedeutet, ihn in einen Abgrund zu stürzen.
    »Erzählt mir von ihm, Jean«, bat Katherine wehmütig. »Er ist mir so fremd geworden, und das habe ich selbst verschuldet. Sagt mir, was für ein König er geworden ist. Gleicht er seinem Vater?«
    Nein, wäre die ehrliche Antwort gewesen. Es gab nicht viel, was der junge König mit seinem kriegerischen, unkomplizierten und lebensfrohen Vater gemeinsam hatte. Doch John wählte seine Worte wie üblich mit Bedacht. »Er ist über jedes vernünftige Maß hinaus großmütig, genau wie Harry«, begann er. Bis heute war ihm nie in den Sinn gekommen, dass der König diese Eigenschaft, welche dem Lord Treasurer schlaflose Nächte bereitete, tatsächlich im Blut haben mochte. »Und ebenso wie er ist Henry ein unermüdlicher Beschützer der Kirche. Er tut alles, was in seiner Macht steht, um ein neuerliches Schisma zu verhindern, und hält Papst Eugenius unbeirrt die Treue. Aber sein größtes Anliegen ist ein dauerhafter Frieden mit Eurem Bruder, Madame.«
    Sie blinzelte verwirrt. Offenbar hatte ihr gepeinigter Verstand die Erinnerung an den verhassten Bruder ausgelöscht.
    »Henry ist der Krieg aus tiefstem Herzen zuwider«, fuhr John hastig fort. »Und er hat seinen Großonkel, Kardinal Beaufort, ersucht, eine neue Friedenskonferenz mit Frankreich und Burgund zu verabreden. Die Commons im Parlament und die kleinen Leute, die Bauern und armen Handwerker, die in den letzten Jahrzehnten für den Krieg haben bluten müssen, sie alle segnen ihn dafür. Das Volk liebt Euren Sohn, Madame. Er ist noch furchtbar jung, und die Bürde, die er trägt, eigentlich zu schwer. Aber er trägt sie mit Würde und erstaunlicher Weisheit. Er wird England ein guter, besonnener, kluger König sein, seid ganz beruhigt. Kein Krieger wie sein Vater. Ein Friedenskönig. Und England braucht Frieden so dringend wie Euer geliebtes Frankreich. Er weiß das. Henry ist der erste König seit hundert Jahren, der das wirklich versteht und dem Frankreichs Geschick nicht gleichgültig ist, ist er doch Frankreichs gekrönter König genauso wie Englands.«
    Für einen Moment lag ein Schimmern in Katherines Augen,doch gleich darauf schlossen sich ihre Lider wieder. »Danke, mein Freund. Dann kann ich also beruhigt gehen.« Sie atmete lang aus, ihr ganzer Körper entspannte sich, und beinah schlagartig schlief sie wieder ein.
    »Danke, John«, sagte auch Tudor. Er flüsterte, um sie nicht wieder aufzuwecken. »Das hast du großartig gemacht. Es ist egal, wenn die Hälfte nicht stimmt. Du hast ein gutes Werk an ihr getan.«
    John sah stirnrunzelnd auf. »Kein Wort war gelogen.«
    »Nein.« Tudor verzog die Mundwinkel – es wirkte matt und höhnisch zugleich. »Die weniger schönen Details hast du einfach weggelassen. Dass der König seit Bedfords Tod wieder zunehmend unter Gloucesters Fuchtel geraten ist, zum Beispiel.«
    »Da weißt du mehr als ich«, gab John kurz angebunden zurück.
    »Gloucester ist jetzt sein Erbe, oder etwa nicht?«
    Es stimmte. Und es war ein schwerer Schlag für England gewesen, als Henrys Onkel Bedford, der klügste und fähigste von Harrys Brüdern, vor zwei Jahren gestorben war, vollständig ausgebrannt nach all den fruchtlosen Mühen seines jahrzehntelangen Krieges. Als die Dauphinisten Paris genommen hatten, war er krank geworden, und als die große Friedenskonferenz von Arras scheiterte, war er

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