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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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selbst, so wie wir alle sie kennen. Aber immer seltener. Meist wandelt ihr armer Geist in der Finsternis, wohin keiner von uns ihr folgen kann. Und was immer sie dort sieht, macht ihr solche Angst, dass sie schreit. Das ist es, was die gelehrten Brüder sagen, und man muss ihr nur einmal in die Augen schauen, um zu wissen, dass sie Recht haben.«
    Sie hatte langsam und gefasst gesprochen, doch jetzt weinte sie bitterlich. Ohne jeden bewussten Entschluss legte John dieArme um sie und hielt sie. Es kam ihm nahe liegend vor, weil sie Juliana so ähnlich sah.
    »Wo ist …« Das Entsetzen hatte ihm die Stimme verschlagen, er musste sich räuspern. »Wo ist Owen?«
    »Was glaubt Ihr wohl?«, hörte er sie antworten, dumpf, weil sie das Gesicht in seinen dicken Mantel gepresst hatte. »Dort drin bei ihr. Er ist der Einzige, der sie überhaupt noch zurückholen kann.«
    »Und die Kinder?«
    »Bis heute früh waren sie hier. Die Brüder hatten sie mit der Amme in einem Haus hinter der Kirche untergebracht, damit sie ihre Mutter nicht hören mussten. Sie sind so gut, die Brüder hier, John. Doch heute Morgen haben sie Owen gesagt, dass es bald zu Ende gehen wird. Da hat er mich gebeten, jemanden zu holen, der die Kinder irgendwo hinbringt, wo sie sicher sind. Ihr wart der Erste, der mir in den Sinn kam. Also bin ich nach Westminster geritten.«
    Die gepeinigten Schreie im Gästehaus wurden leiser, verklangen allmählich zu einem jammervollen Wimmern.
    John kniff erleichtert die Augen zusammen. »Das war sehr mutig, aber sehr unvernünftig, Lady Margaret. Alles Mögliche hätte Euch geschehen können.«
    Sie nickte und schniefte undamenhaft. »Ich weiß. Aber es war mir gleich. Klar zu denken ist nicht einfach, wenn man das hier ein paar Tage mitgemacht hat. Ungefähr der Erste, der mir in Westminster in die Arme lief, war Euer Neffe. Er sagte, dass ich Euch vermutlich erst nach dem Bankett erwischen würde, und ist sofort hergeritten, um die Kinder zu holen und nach Waringham zu bringen.«
    John verzieh Daniel sein Pflichtversäumnis auf der Stelle. »Gott segne dich, du ausgekochter Lump«, murmelte er.
    »Dann habe ich im Hof auf Euch gewartet.«
    »Im Hof? Den ganzen Tag?«
    Er fühlte ihr Nicken. »Mein Gemahl weilt bei Hofe. Ihm zu begegnen war das Letzte, was mir heute gefehlt hätte.«
    John hatte keine Ahnung gehabt, dass sie verheiratet war.
    »Kommt, Sir. Sie ist still geworden. Wenn Gott gnädig ist, schläft sie gleich ein. Aber eh sie Euch nicht gesehen hat, wird sie diese Welt nicht verlassen. Also lasst sie nicht warten, ich bitte Euch.«
    John nickte, ließ sie los und ging zur Tür – sein Schritt entschlossener als sein Herz.
    Bermondsey Abbey verfügte über mehrere Gästehäuser. Das, welches man der Königin und ihrem Gefolge zur Verfügung gestellt hatte, war natürlich das komfortabelste. Die Tür führte in einen behaglichen Wohnraum mit verglasten Fenstern. Niemand war dort, aber im Kamin brannte ein Feuer. John durchquerte den Raum und klopfte leise an die Tür zur hinteren Kammer, wartete einen Augenblick und trat dann unaufgefordert ein.
    Owen Tudor saß auf dem breiten Bett, den Rücken an das prunkvoll geschnitzte Kopfteil gelehnt. Seine Frau lag halb aufgerichtet zwischen seinen angewinkelten Knien, entspannt jetzt, den Kopf mit geschlossenen Augen an seine Brust gebettet. Nur drei oder vier Kerzen auf einem Tisch an der Wand spendeten Licht, aber John sah genug, um zu erkennen, dass Katherine im Sterben lag. Sie war so abgemagert, dass sie ihn an die halb verhungerten Kinder erinnerte, die er früher nach einer langen Belagerung in den Städten der Normandie gesehen hatte. Ihr wundervolles Haar war stumpf und grau, das Gesicht von tiefen Furchen gezeichnet, die oft besungenen Lippen farblos und rissig, die makellosen Wangen eingefallen.
    Tudor hob langsam den Kopf, als er den Luftzug von der Tür spürte, als sei er unwillig, irgendwen zu sehen.
    John biss die Zähne zusammen, damit sein Gesicht nicht preisgab, was er empfand. Tudor sah ebenso todgeweiht aus wie Katherine.
    Doch der Waliser lächelte, als er seinen Freund erkannte. »Gut von dir, John«, sagte er leise. »Danke.«
    »Keine Ursache.« Wie lächerlich waren doch all diese Floskeln. »Schläft sie?« Er flüsterte. Ihm graute davor, sie zu wecken und womöglich einen neuen Anfall auszulösen.
    »Ja. Hast du sie gehört?«
    John nickte.
    »Kein Mensch verdient es, so zu sterben, John.«
    »Nein.«
    »Sie glaubt, Gott habe sie

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