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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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an.«
    »Nein, das ist wahr.«
    Gleichzeitig standen sie vom Boden auf, kaum einen Schritt voneinander entfernt, und sahen sich an, ratlos und immer noch misstrauisch.
    »Was ist mit dem Fuchs?«, fragte John.
    Tudor senkte kurz den Blick und schüttelte den Kopf.
    John verzog den Mund, sagte aber nichts. Er war müde. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit er gefesselt zu sich gekommen war. Viele Stunden, so kam es ihm vor. Stunden, die er in der Gewissheit verbracht hatte, dass er den Sonnenaufgang nicht mehr erleben würde. Die Furcht und das Ringen um Haltung hatten ihn erschöpft, und jetzt, da er weiterleben sollte, kam ihm alles ein wenig hölzern und unwirklich vor. »Gott verflucht, Owen Tudor. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Tudor hob mit einem geisterhaften Grinsen die Schultern. »Das Leben steckt voll seltsamer Schicksalsschläge.« Er entdeckte einen gefüllten Krug auf einer niedrigen Reisetruhe nahe der Zeltwand, ergriff ihn mit der unverletzten Linken und trank. Dann reichte er ihn John. John nahm ihn in beide Hände und setzte ihn ebenfalls an die Lippen. Es war ein kräftiger Rotwein, wie Knappen ihn nur selten zu kosten bekamen. »Hm. Belebend«, murmelte er.
    »Komm, wir nehmen ihn mit«, schlug Tudor vor, und als er John zögern sah, fügte er hinzu: »Ich glaube nicht, dass der Earl of Cambridge ihn noch braucht.«
    »Nein«, stimmte John finster zu. »Ich hoffe, sie reißen ihm die Eingeweide aus dem Leib. Und Scrope ebenso. Und ich hoffe, Scropes verfluchter Bruder Arthur muss zusehen.«
    Tudor, der um ein paar bittere Erfahrungen reicher war als John, hörte den hilflosen Zorn in dessen Stimme und verstand, dass sein englischer Gefährte nicht wirklich meinte, was er sagte. Dass er sich Luft machen musste, um die Angst loszuwerden und die Scham, die ihn quälte, weil er gefesselt zu Füßen seiner Feinde gelegen hatte. »Wusstest du, dass diese spezielleArt der Hinrichtung eigens von einem englischen König für einen Waliser ersonnen wurde?«, fragte er im Plauderton.
    »Ist das wirklich wahr? Wer war es?«
    »Ein Erzschurke.« Tudor grinste flüchtig. »Und nun komm, Waringham. Lass uns ein ruhiges Plätzchen suchen und diesen Krug leeren. Das wird dich über deinen verletzten Stolz hinwegtrösten und das Pochen in meiner Hand lindern. Und während wir uns betrinken, kannst du mir erzählen, was eigentlich geschehen ist. Ich bin nur zu Cambridge gegangen, um ihm brühwarm zu erzählen, dass du seinen Gaul auf dem Gewissen hast …«
     
    Das Schwert königlicher Gerichtsbarkeit fuhr dieses Mal besonders schnell und scharf nieder, denn eigentlich waren sie alle doch im Begriff, in den Krieg zu ziehen. Die Flotte lag bereit, und der Sommer verging.
    Thomas Grey wurde in Southampton vor ein Gericht gestellt und noch am ersten August, dem Tag der geplanten Ermordung des Königs, enthauptet. Scrope und Cambridge gehörten zum Adel und genossen deswegen das Vorrecht, sich vor einem Gericht, das sich nur aus ihresgleichen zusammensetzte, zu verantworten. Doch in diesem Falle war es ein zweifelhaftes Privileg. Des Königs Bruder Clarence, der ja ebenfalls hatte sterben sollen, führte den Vorsitz, und auch unter den übrigen Lords regte sich kein Funken Mitgefühl. Beide Angeklagte wurden zu dem schrecklichen Verrätertod verurteilt.
    Einzig der König zeigte Barmherzigkeit. Nachdem sein Cousin Cambridge ein umfassendes schriftliches Geständnis abgelegt und sich der königlichen Gnade anempfohlen hatte, verfügte Harry, dass er lediglich enthauptet werden sollte. Scrope hingegen zeigte keine Reue und flehte auch nicht um Gnade, denn er wusste, dass seine Bitte auf taube Ohren fallen würde. Sein Verrat wog am schwersten, denn er hatte zum Kreis der engsten Vertrauten des Königs gezählt. Also wurde er auf der Richtstätte von Southampton an ein hohes Gerüst gekettet, damit die zahlreichen Schaulustigen auch einen ungehindertenBlick auf das Spektakel hatten, und ausgeweidet. Und bevor er verbluten konnte, schlug man ihm den Kopf ab.
    John sah nichts von alldem, denn er war in eine Kirche geflüchtet, hatte die Messe gehört, und lange nachdem die Gemeinde und auch der Priester das Gotteshaus verlassen hatten, kniete er noch in einem dunklen Winkel auf der Erde und bat Gott um Vergebung dafür, dass er kein Mitgefühl für Lord Scrope empfinden konnte. Ein ersticktes, aber jammervolles Schluchzen riss ihn schließlich aus seiner Versunkenheit. Verstohlen wandte John den Kopf und

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