Die Hüter des Gesetzes (Orion 03)
braucht, und daß sie abnimmt, nicht zunimmt?«
»Natürlich. Dafür brauchen wir so gut wie keine.«
Die LANCET schwebte neben einer Sonde.
Es war eine Konstruktion, die wie die Blüte einer seltenen Blume aussah: Von einem kugelförmigen Kern gingen schlanke Röhren weg, an deren Spitzen die Kapseln verschiedener Instrumente saßen. Die Röhren waren vergoldet und von verschiedener Länge. Helga setzte sich den Helm auf und schloß die Klemmen; Atan half ihr dabei. Er kontrollierte den Sitz des Rückstoßaggregats und die Nähte des Anzugs, dann legte er dem Mädchen die Hand auf die Schulter.
»Du kannst in spätestens fünfundzwanzig Minuten wieder in der LANCET sein«, sagte er. »Du weißt, was zu tun ist?«
Sie nickte schweigend. Aus den Lautsprechern über dem Pult drangen ihre kurzen, hastigen Atemzüge.
»Passe auf, daß sich die Sicherheitsleine nicht in der Sonde verhängt. Ich kenne da eine Geschichte, in der solch ein Ding hinter einem Raumschiff hergeschleppt wurde und die Empfangsstation verwirrte, weil es ständig andere Daten funkte.«
»Ich habe trotz deiner Geschichte Angst, Atan«, sagte Helga und öffnete die innere Schleusentür, die Werkzeuge am Gürtel und den Rekorder in der Hand.
Atan zuckte mit den Schultern.
6
Über allem lag das Hämmern und Rattern der gewaltigen Maschine, die genau rechteckige Löcher in den Mond bohrte. Zähne und Schneiden aus Spezialstahl griffen in das Gestein und zerbrachen es. Der Mond würde in einigen Jahren ausgehöhlt sein; nur noch eine dünne Kruste würde dann den Namen Pallas beta tragen. Das Abraumgestein wurde geschmolzen und bildete ein Gitternetz, das ein Zerbröckeln des Mondes verhinderte. Die nunmehr erzlosen Stollen wurden damit aufgefüllt.
Die Arbeiter in den silberfarbenen Overalls kontrollierten die Maschinen und die Transportbänder, die Öfen und die Schlackenbeseitigung.
Tamara Jagellovsk, Cliff McLane, Hasso Sigbjörnson und Mario de Monti standen um einen Tisch, auf dem einige Blätter ausgebreitet waren. Zeichnungen und Notizen bedeckten die dünnen Kunststoffolien. Nigel Hall stand als stummer Zuhörer neben der Schiffsbesatzung.
Über ihren Köpfen leuchtete ein rundes Element.
»Siehst du eine Chance für uns und Pallas, Cliff?« fragte de Monti sachlich kühl.
»Ich bin kein Robotpsychologe, Mario. Was ich weiß, habe ich aus meiner Ausbildungszeit behalten.«
Mario nickte und sah auf seine Uhr.
»Es kommt darauf an«, fuhr McLane gelassen fort, »wieviel Zeit wir haben.«
Sigbjörnson nahm eines der Blätter in die Hand und folgte mit den Augen den Linien und las die Notizen.
»Wozu denn Zeit?« fragte Hasso halblaut.
»Zum Nachdenken, Hasso!« erwiderte McLane. »Wir suchen einen Weg, um die Robots zu zwingen, uns zu gehorchen.«
»Glaubst du«, fragte Hasso und sah zu, wie Tamara eine neue Zeichnung anfertigte, »daß wir mit den wildgewordenen Maschinen durch Nachdenken fertigwerden?«
McLanes Nicken war endgültig.
»Wenn überhaupt«, sagte er scharf, »dann nur durch Nachdenken. Tamara?«
Der GSD-Offizier hob den Kopf.
»Ja?«
»Sie verstehen am meisten von Kybernetik. Was kann in diesen verdammten Hirnen passiert sein? Welcher technisch beschreibbare Vorgang?«
»Nichts, das mit dem reinen Arbeitsprogramm zusammenhängt, denn die Motorik der Worker ist nicht gestört. Sie bewegen und reagieren normal, was ihre technischen Fähigkeiten betrifft.«
McLane blickte sie an, bis ihre Augen wieder zu der Zeichnung zurückkehrten.
»Also liegt die Störung in dem Grundprogramm, in den Korrelationsrelais der drei Robotgesetze?« fragte McLane.
»Meiner Meinung nach – ja!« sagte Tamara entschieden.
»Also ...«, murmelte Cliff, »entweder die Beziehungen der drei Robotgesetze zueinander oder die Übermittlungsschaltungen zwischen ihnen und der Motorik.«
»So ungefähr«, stimmte der Raumingenieur zu. Hasso kratzte ausdauernd und gedankenverloren seinen Nacken.
»Die Schaltung der Übermittlungsrelais muß gestört sein«, sagte Tamara und fügte ihrer Zeichnung einige Ziffern und Zahlen hinzu.
»Was soll das nun wieder bedeuten?« fragte de Monti laut.
McLane winkte ab.
»Offensichtlich sind die Funktionen vertauscht. Statt ›Ein‹ steht ›Aus‹ und so weiter.«
Tamara nickte. »So könnte es sein.«
»Können die Robots die drei Gesetze von sich aus beeinflussen?« fragte McLane weiter. Tamara verneinte.
»Sie bauen je nach Art der Befehle stärkere oder schwächere Potentiale auf,
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