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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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berührten. Sie saßen an einer befestigten Herdstelle, nicht bloß an einem Feuerloch. Das Haus wirkte nur deswegen klein, weil Bramble sich an die großen Hallen in Actons Heimat gewöhnt hatte. Die Wände des Hauses bestanden aus Flechtwerk und Lehm, doch der Kamin war gefertigt aus flachen Feldsteinen, die ohne Mörtel kunstvoll aufeinandergesetzt worden waren.
    »Wir haben seit einigen Jahren keine Zeit mehr für Überfälle. Wir müssen uns stattdessen verteidigen«, sagte der Mann. Bramble untersagte sich, ihn als Wanderer zu sehen.
    »Aber was, wenn sich das einmal ändert?« Asa beugte sich vor, um ihren Worten mehr Überzeugungskraft zu verleihen. »Was, wenn Euch Eure Leute zurückgegeben werden würden? Wenn Ihr Euch nicht länger Sorgen wegen Überfällen machen müsstet? Wenn Ihr starke Freunde in Eurem Rücken hättet?«
    Hawk tat so, als sei sie gar nicht anwesend.
    »Wir könnten Euch stark machen«, versuchte sie es erneut. Ratlos tauschte sie einen Blick mit Acton aus und zuckte dann kaum merklich mit den Schultern.
    Acton hob die Brauen und wiederholte: »Wir könnten Euch stark machen.«
    »Um welchen Preis?«, entgegnete der Mann sofort. In der nun folgenden Pause wandte er sich Asa zu, als sehe er sie zum ersten Mal.
    »Die Frauen arbeiten in der Spülküche«, sagte er und wies auf eine offene Tür am Ende des Raums.
    Einen Augenblick erstarrten die drei anderen Männer. Swef biss sich auf die Lippe. Asa wurde blass, doch Bramble konnte die Gedanken, die ihr durch den Kopf rasten, geradezu hören: Ihre Würde war nicht bedeutend genug, um diese Verhandlung in Gefahr zu bringen.

    »Meine Mutter ist eine kluge Ratgeberin«, fing Acton an, doch sie signalisierte ihm zu schweigen.
    »Ich werde mit den Frauen reden«, sagte sie. Sie stand auf und schritt schweigend und würdevoll zur Tür. Der dunkelhaarige Mann lächelte dünn und triumphierend.
    Bramble war schockiert. Sie war immer davon ausgegangen, dass Frauen in den Domänen deswegen weniger geachtet wurden als Männer, weil diese Einstellung mit der Invasion von Actons Leuten verbreitet worden wäre. Nie hatte sie sich die Frage gestellt, wie Frauen davor behandelt worden waren.
    »Wie stark können Männer sein, die Ratschläge von Frauen annehmen?«, fragte Hawk verächtlich.
    Gris lächelte. »Schwache Frauen zu beherrschen, die von Geburt an eingeschüchtert wurden, ist einfach. Eine Frau zu beherrschen, die ihren eigenen Kopf hat, bedarf eines ganzen Mannes.«
    »Und das seid Ihr?«
    »Meine Frau hat einen scharfen Verstand und eine scharfe Zunge, aber sie folgt stets meinen Anweisungen.«
    »So wie Ihr es von mir verlangt. Ihr wollt, dass ich Euren Anweisungen wie eine Frau folge.«
    Bramble verlor das Interesse an dem Wortgefecht um Positionen und Vorherrschaft, an den Versprechungen von Bündnis und gegenseitiger Unterstützung. Wozu überhaupt zuhören, dachte sie, wenn sie doch keine dieser Versprechungen einhielten? Wenn sie stattdessen alle abschlachteten? Sie fragte sich, was Asa wohl in der Küche tat und sagte. Wahrscheinlich versprach sie den Frauen, dass ihnen ihre geraubten Kinder, Geschwister und Ehemänner zurückgegeben werden würden. Bramble vermutete, dass selbst in dieser Kultur Männer ihren Frauen hinter verschlossenen Türen Gehör schenkten. Anders als bei den Schlafhallen von Actons
Leuten gab es in Häusern wie diesem hier eine Menge verschlossener Türen.
    Als Swef aufstand und sagte: »Es ist also abgemacht?«, widmete sie ihm wieder ihre Aufmerksamkeit.
    Der Mann machte eine vage Geste. »Es ist abgemacht, dass ich es mit meinen Beratern bespreche und ihren Rat einhole. Wenn sie einverstanden sind, könnten wir im nächsten Sommer einen Versuch unternehmen mit einer kleinen Siedlung im Norden, dort, wo der Wald endet. Wenn das Erfolg hat, ist vielleicht mehr möglich.« Er sprach, als wäre er der Anführer und die anderen Sklaven, trotzdem nickte Gris dankbar.
    Acton wirkte ungeduldig und verärgert über die Anmaßungen des Mannes. »Hawk, wer wird das Urteil darüber fällen, ob es erfolgreich ist?«, wollte er wissen.
    Gut gesprochen, Bursche, dachte Bramble. Das ist die wichtigste Frage. In wessen Macht liegt das?
    »Ich«, sagte Hawk, stand auf und rümpfte die Nase. Swef stieß beinahe schnaubend den Atem aus. Gris nickte nur.
    Aus der Spülküche kam ein Mädchen mit einer Käseplatte, Brot und Aprikosen, die sie auf einem kleinen Schemel neben Acton abstellte. Sie war hübsch, hatte schwarzes Haar

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