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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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würde genügen. »Das ist dann wohl meine Sache«, sagte Flax fröhlich.
    »Ich dachte, Zel hätte dir aufgetragen, dich aus Schenken fernzuhalten?«, sagte Ash. Er hob die Brauen, um Flax damit zu bedeuten, er dürfe nichts unternehmen, was Zel verboten hatte.
    Flax schnitt ihm eine Grimasse, wobei er sehr jung wirkte. »Ich muss nicht in eine Schenke gehen, um Silber zu verdienen«, sagte er.
    Wenig später standen sie an einer Weggabelung. Beide Wege führten letztendlich nach Gabriston, wobei die Straße,
die durch Cold Hill führte, die nächste Stadt, länger war. An der Abzweigung stehend, wusste Ash, dass sie den kürzeren Weg einschlagen sollten, doch die andere Straße zog ihn stärker in ihren Bann. Dabei war etwas im Spiel, das seinen seherischen Fähigkeiten ähnelte - oder etwas anderes. Dieser Eindruck beunruhigte ihn, aber letztendlich entschied er sich für den längeren Weg. Er begründete dies damit, dass sie von den Göttern geführt wurden und weder die seherischen Fähigkeiten noch etwas Ähnliches ignorieren sollten, wenn sie die Reise unbeschadet überstehen wollten.
    In Cold Hill, das kaum größer war als ein Dorf, banden sie die Pferde neben einen Wassertrog auf der Wiese an, sattelten sie ab und hängten ihnen die Futtersäcke um. Flax ging über die Wiese Richtung Gasthof. Sie waren den ganzen Tag geritten, und es war Abend, die Nacht näherte sich langsam, aber beständig, so wie es im Norden immer war. Der Himmel nahm die Farbe von Lavendel und Flieder an, die abendliche Luft duftete nach den Lilienblüten, die in dem Vorgarten des Gasthauses wuchsen. Vor Letzteres waren Tische gestellt worden, und das Gros der Gäste hatte es vorgezogen, den Krug mit nach draußen zu nehmen und sich in die milde Luft zu setzen.
    Gegenüber dem Gasthof blieb Flax stehen, legte ein großes viereckiges, umbrafarbenes Stück Stoff auf den Boden und fing an zu singen. Er stand einfach da, unbefangen und entspannt und ließ die warmen Noten sanft über die Köpfe der Gäste erschallen.
    Er sang ein beliebtes, sentimentales Lied, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ash hatte häufig genug mitbekommen, wie das gemacht wurde. Bring sie dazu, zuzuhören, ohne es zu bemerken, und dann trag ein lauteres oder mehr Aufsehen erregendes Lied vor. Er seufzte. Ich sollte auch einen Beitrag leisten, dachte er. Nicht weit entfernt
stand eine Bank, zweifellos als Rastplatz für ältere Leute gedacht, wenn die Wiese als Markt genutzt wurde. Er kniete sich neben sie und fing an, mit den flachen Händen sanft darauf zu trommeln, wobei er den Rhythmus des Liedes unterstrich. Flax warf ihm einen überraschten Blick zu und grinste.
    In der kühlen Wildnis der Dämmerung kommt meine Liebste zu mir,
    Golden im Sonnenuntergang, ihr Haar wie Sommergetreide.
    Tief im Wald, behaglich unter einem Baum liegen wir,
    Liegen meine Liebste und ich bis zum Morgen beide.
    Sie hörten zu. Wie auch nicht?, dachte Ash. Ein wenig hatte er sich gewünscht, Flax wäre schlecht, seine Stimme hätte keine Kraft, um die Lieblichkeit zu untermalen, die Ash beim Reiten bereits vernommen hatte. Nein, seine Stimme erhob sich stark und klar und klang wunderschön, und er sang ohne Anstrengung, ohne Mühe, ließ den Noten freien Lauf, öffnete sich dem Lied so, als sänge es sich wie von allein. Irgendwo, irgendwie war er gut ausgebildet worden. Ash spürte die Anstrengung, mit der er trommelte, und wurde rot. Es war ein einfacher Rhythmus, und der war in seinem Kopf auch klar und leicht, aber sobald Ash versuchte, ihn wiederzugeben, gerieten seine Hände ins Stocken.
    Er konzentrierte sich. Er konnte das, was er tat, hatte es schon zuvor getan, Abend für Abend, so gut, dass den Gästen nie aufgefallen war, dass er kein wirklicher Musiker war. Aber was merkten die denn schon? Falls ihm ein Fehler unterlief, würde Flax ihn mit Sicherheit bemerken, und das könnte er nicht ertragen.

    Er schaffte es fehlerfrei bis zum Ende des Lieds und entspannte sich ein wenig, rieb sich die rot werdenden Handflächen und wünschte, er hätte eine Trommel. Einige Gäste nickten ihm zu, tranken aber weiter, ohne den Eindruck zu erwecken, als wären sie gewillt, ihnen Münzen zuzuwerfen. Ash machte sich keine Sorgen darüber. So lief es immer.
    Flax schaute zu ihm herüber und formte mit den Lippen das Wort »Todespass?«. Ash nickte. Die Ballade über Acton war weithin bekannt und sehr beliebt. Sie hatte einen ausgeprägten Takt. Das Stück ließ sich nicht ohne Trommler

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