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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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darin machen.«
    »Danke, Wirtin«, sagte Ash. Er widerstand der Versuchung, Flax zu sagen, was er zu tun habe. Doch er war nicht Flax’
älterer Bruder, und der Junge war alt genug, um selbst zu entscheiden, was als Nächstes geschehen sollte.
    Nun, da das Singen beendet war, wirkte Flax ein wenig benommen, sodass Ash ihn schließlich zu den Pferden schob, um anschließend mit diesen, ihrem Zaumzeug und Flax um das Haus herum zum Stall zu gehen und es sich dort einzurichten. Sie lehnten sich mit dem Rücken an die Stallwand und tranken in Ruhe ihr Ale. Durch die Fenster des Gasthofs drang genug Licht, dass sie einander und die Pferde sehen konnten. Cam und Mud verlagerten ihr Gewicht immer wieder und stießen dabei ein paar Mal einen rauen Laut aus, als redeten sie miteinander und beruhigten sich gegenseitig damit, dass dieser seltsame Stall tatsächlich ihr Stall war, zumindest für diese eine Nacht.
    Ash hätte sich lieber die Zunge abgeschnitten, aber es musste gesagt werden. »Du singst gut.«
    »Danke«, sagte Flax.
    Ash hätte ihn schlagen können. Ihm fiel alles so leicht. Er stand einfach nur da und sang, und alle um ihn herum erledigten alles, um es ihm zu ermöglichen. »Wer hat es dir beigebracht?«
    »Zunächst einmal Mama, als ich noch ganz jung war. Dann hat Zel es in die Hand genommen. Immer wenn wir unterwegs anderen Sängern begegnet sind, hat sie mit ihnen vereinbart, dass sie mir Unterricht geben. Meistens nahmen sich die Leute Zeit dafür. Wanderer, meine ich. Blonde haben wir nie deswegen gefragt.«
    »Seid ihr je mit jemand anderem zusammen auf Wanderschaft gewesen?«
    Flax lachte kurz auf. »Zel doch nicht. Die bleibt für sich. Mir macht das nichts. Wir kommen zurecht.«
    Als Ash sich vorstellte, Zel und seine Mutter würden sich begegnen, schauderte er. Entweder würden die beiden nie
miteinander warm werden, oder sie würden auf den ersten Blick einen Gleichgesinnten im anderen erkennen und unzertrennliche Verbündete werden. In jedem Fall würden die Frauen in ihren Familien stets das Sagen haben. Außer natürlich, wenn es um die Tiefe ging. Swallow hatte das nie wirklich gutgeheißen. Ihr gefiel es nicht, mit den Frauen anderer Musiker allein zurückbleiben zu müssen, draußen im Lager, oder sich für die Tage, an denen die Männer fort waren, ein Cottage zu nehmen. Ash hatte nie danach gefragt, was während dieser Tage vor sich ging, und sie hatte auch von sich aus nie etwas darüber erzählt. Doch von einigen der anderen Frauen hatte er in Erfahrung gebracht, dass viel gebetet wurde, viel gefeiert, und seine Mutter mochte weder das eine noch das andere. Allerdings hatte sie die beiden hinterher immer mit prallgefüllter Börse empfangen, denn zu dem Feiern gehörte Würfelspiel, und bei den Knochen hatte sie höllisches Glück.
    Ash dachte an Swallows Gesicht, ein schmales, wunderschönes Oval, auf dem sich ihre Gefühle widerspiegelten. Auch Bramble war wunderschön, und obwohl ihre Hautfarbe die von Wanderern war, entsprachen ihr Knochenbau und ihre Statur eher denen von Actons Leuten. Ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen war breiter, ihr Kinn runder. Sie wirkte robuster. Seine Mutter sah aus, als könne ein Wind sie hinfortfegen, was so wenig den Tatsachen entsprach, dass es schon zum Lachen war. Niemand war zäher oder gesünder als sie. Zumindest das hatte er von ihr geerbt. Krank war er nie. Je länger er im Dunkeln saß, desto schwerer fiel es ihm, seine Gedanken von der bitteren Erkenntnis abzulenken, dass er Flax hinterher zu Swallow mitnehmen musste. Dass er ihn ihr übergeben und zusehen musste, wie sie ihn singen hörte. Die Begegnung mit seinem Vater würde schon schlimm genug für ihn sein. Bei Swallow, die das Singen so
sehr liebte, dass alles andere für sie in den Hintergrund rückte, würde es für ihn so sein, als ramme ihm jemand ein Messer in die Eingeweide.
    Nun, mit Messern kannte er sich ja mittlerweile aus und auch damit, wie man ihnen ausweichen konnte oder sie, wenn es sein musste, zum Wohl anderer einsetzte. Das gehörte zu den Aufgaben einer Schutzwache.
    Vage getröstet von diesem Gedanken stand er auf, um seine Decke auszubreiten. Dabei wurde er jedoch von einem Geräusch unterbrochen, das von draußen kam. Er zog sein Messer, drückte sich mit dem Rücken an die Tür und bedeutete Flax zurückzubleiben. Flax riss lediglich die Augen auf und starrte ihn an.
    Quietschend öffnete sich die Tür einen Spalt. Ash spannte sich an, auf alles vorbereitet.

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