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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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wandte sich der Gruppe von Stammesführern zu. Baluch sank nieder und legte den Kopf auf Ragnis Schoß. Sie strich ihm fahrig über das Haar.
    »Ich fordere Rache«, sagte Acton. »Meine Mutter. Mein Stammesführer. Meine Freunde.« Er wandte sich Asgarn zu. »Ich weiß, dass du hier Stammesführer bist, und das stelle ich nicht infrage. Aber wir müssen es diesen Bestien vergelten, Tod mit Tod, diesen verlogenen, hinterhältigen Verrätern. Und das werde ich tun.«
    Seine Stimme war emotionslos. Angesichts seiner übergroßen Wut und seines Kummers empfand er nichts mehr. Nur das Verlangen zu töten war noch übrig, spiegelte sich deutlich in seinen Augen wider und zeigte sich an der Haltung seiner Schultern und seinen geballten Fäusten. Endlich, dachte Bramble mit einer Art Erleichterung. Da war er nun, Acton der Mörder. Er ist noch so jung. Wie jung, achtzehn? Neunzehn? Jedenfalls jung.
    Sie wollte wieder den Hass, die Verachtung und die Wut, die sie immer für Acton, den Eindringling, empfunden hatte, spüren. Da war er nun, mordlustig, bereit zum Ausmerzen. Doch sie erinnerte sich daran, wie ihr zu Mute gewesen war, als sie von Maryroses Tod erfahren hatte. Genauso wie Acton. Haargenau. Auch ihr Gesicht war auf die gleiche Art ausdruckslos gewesen. Mordlustig, bereit zum Ausmerzen. Wäre Saker da gewesen, hätte sie es getan. Würde Saker vor ihr auftauchen, wenn sie am Obsidian Lake aufwachte,
würde sie es tun. Freudig und erbittert. Ohne Reue, genau wie Acton. Sie verdrängte diese Vorstellung. Einen Mann zu töten, den Mörder der Menschen, die man geliebt hatte, das konnte sie begreifen. Aber Acton hatte ein ganzes Volk getötet.
    Die Stammesführer wechselten Blicke und nickten zustimmend. Da war noch etwas, dachte Bramble, etwas, das sie nicht aussprachen, nicht laut. In ihrer Einschätzung von Acton war etwas Berechnendes. Etwas … Politisches.
    »Tötet sie alle«, sagte Asgarn leise. »Wir werden sie alle töten und uns alles nehmen, was sie besitzen, und dabei werden wir lachen. Du hast das Recht dazu, Acton. Du wirst das Werkzeug der Götter im Kampf gegen diese Schlächter sein.«
    Die anderen Stammesführer stimmten murmelnd zu. Acton nickte und richtete sich kerzengerade auf. Ragni legte sich die Hand aufs Herz und dann auf den Mund, so als wolle sie ihre Worte aufhalten. Sie fing leise an zu schluchzen, woraufhin Baluch den Kopf hob, um sie zu trösten. Er berührte sie sanft an der Schulter, erhob sich, nahm sie in den Arm und wiegte sie.
    Der alte Mann, der bei der Großen Versammlung den Vorsitz innegehabt hatte, legte Acton die Hand auf die Schulter. »Bei dieser Schlacht wirst du der Kriegsherr sein, Acton. Dazu berufen wir dich und verpflichten uns, dich zu unterstützen.«
    Schweigen breitete sich aus. Durch Ragnis Tränen hindurch konnte Bramble in den Gesichtern der Stammesführer lesen. Der alte Mann war weiter gegangen, als es beabsichtigt gewesen war. Das war ein Fehler, alter Mann, dachte sie bitter. Ein schlimmer, schlimmer Fehler.

Martine
    Nach dem Essen vergruben Zel und Martine die Essensreste unter einem Baum am Waldrand, damit sie keinen Bären oder Vielfraß damit anlockten.
    »Wir haben keinen neuen Feuerstein«, sagte Zel, während sie das Loch zuschüttete.
    »Ich weiß. Auch ich habe gestern gesucht.«
    »Was machen wir jetzt?«
    Zel wirkte besorgt, und das zu Recht. Martine dachte über die Warnungen nach, die sie als kleines Mädchen so häufig gehört hatte. Das Ritual dauerte drei Nächte und musste vollendet werden, sonst würde sich im Verlauf des folgenden Jahres eine Katastrophe ereignen. Dabei waren auch immer zahlreiche Beispiele genannt worden, Waldbrände, niedergebrannte Häuser, sogar Menschen, die plötzlich in Flammen aufgingen. In Zeiten wie dieser, in der die Zukunft für alle sowieso an einem seidenen Faden hing, konnten sie es sich nicht leisten, ihn zu verärgern.
    Martine hatte über das Problem nachgedacht, war sich aber nach wie vor unschlüssig, was sie tun sollte. »Einer meiner Deutungssteine ist ein Feuerstein«, sagte sie.
    Zel hörte auf zu schaufeln und starrte sie an. »Einen Deutungsstein benutzen?«, fragte sie zweifelnd. »Geht das denn?«
    Martine zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich
habe noch nie davon gehört, dass es jemand getan hätte. Aber es war ein Feuerstein, bevor er seine Funktion als Deutungsstein bekam.«
    Zel dachte darüber nach. »Welcher Stein ist es denn?«
    »Der leere.«
    »Mist und Pisse, Martine,

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