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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Nein. Es lief doch nicht so gut …
    Baluch schrie auf. Sein Mund öffnete sich weiter, als es möglich erschien, und ein wilder, gequälter Schrei drang unkontrolliert und gedankenlos aus seiner Kehle. Es war die Art Schrei, die eine Frau bei einer Entbindung ausstößt, es war ein unmenschlicher, ein animalischer Schrei. Es war sogar noch schlimmer, weil in dem Schrei Kummer und Entsetzen mitklangen.
    Alle in der Halle sprangen auf. Acton trat dicht neben Baluch und streckte die Hand nach ihm aus, wartete jedoch ab. Asgarn und die Stammesführer kamen von der anderen Seite des Feuers angerannt, blieben aber stehen, als Baluch erneut aufschrie. Dann rang er nach Luft und fing an zu sprechen, die Augen geweitet, doch nun wieder die eigenen, Baluchs Augen.

    »Aufhören! Aufhören!«
    »Hat er einen Anfall?«, fragte einer der Stammesführer.
    Acton schüttelte den Kopf. »Nein. Nein. Manchmal sprechen die Götter zu ihm.«
    »Er ist kein Stammesführer«, sagte Asgarn.
    »Trotzdem. Ragni weiß es.«
    Die alte Frau nickte. »Harald hat es nie anerkannt, aber wir alle wissen es. Die Götter sprechen zu ihm.«
    Vorsichtig legte Acton Baluch eine Hand auf die Schulter. Baluch zitterte.
    »Was ist passiert?«, fragte Acton leise.
    Baluchs Zittern verstärkte sich so sehr, dass nur noch Actons Griff ihn aufrecht hielt.
    »Sie bringen sie um.«
    »Wer?«, fragte Asgarn. Er trat näher und machte seine Rolle als Stammesführer geltend, woraufhin Acton verstummte, jedoch seinen Arm um Baluch legte und ihn so stützte.
    »Hawk. Hawk und seine Leute …« Baluchs Augen fielen zu, als könne er den Anblick nicht mehr ertragen. » Nein !«, brüllte er. »Friede!« Er versuchte, sich von Acton loszureißen, als wäre es ihm möglich, durch das Feuer zu gehen und sie zu retten. Acton erbleichte, verstärkte jedoch seinen Griff.
    »Hawk hat angegriffen?«, fragte Asgarn.
    »Angegriffen«, stöhnte Baluch. »Getötet. Friede. Alle Männer. Umgebracht. Edwa! Asa …« Er stieß Asas Namen mit einem langen Atemzug aus und verstummte dann.
    In der Halle herrschte Totenstille. Baluch ließ den Kopf sinken, und Bramble spürte, dass die Götter ihn verließen. Wäre sie in ihrem eigenen Körper gewesen, hätte sie vor Wut gezittert und geweint. Wie hatte sie nur glauben können, es würde ohne Blutvergießen verlaufen? Warum hatte sie sich erlaubt zu hoffen? Gegenseitige Hilfe? Pah! Von Kriegern durfte man niemals gegenseitige Hilfe erwarten,
ganz gleich welche Haarfarbe sie hatten. Sie wollten immer bloß töten. Brambles Herz war eingeschnürt und stach in ihrer Brust wie ein spitzer Stein. Oder war das Ragnis Schmerz?
    Baluch hob den Kopf, um Acton in die Augen zu sehen. »Asa. Deine Mutter hat gekämpft. Sie hat einen dabei getötet, als er versucht hat …« Baluch schüttelte den Kopf. »Ein anderer hat sie niedergestreckt.«
    »Sie hat schon einmal einen Vergewaltiger umgebracht«, sagte Acton mit ausdrucksloser Stimme. »Mein Vater wird ihn zweifellos in der kältesten Höllengrube willkommen heißen.«
    »Friede …«, seufzte Baluch.
    »Erzähl uns von Friede«, drängte Acton.
    Baluch verbarg sein Gesicht in den Händen und weinte. »Auch sie hat gekämpft. Swef hat versucht, sie zu schützen. Drei Männer waren nötig, um ihn zu töten. Dann haben sie sie umgebracht. Es war …« Er brachte es nur abgehackt hervor. »Es ging schnell, immerhin.«
    Acton wandte sich ab. Ragni beobachtete ihn, wobei sich ihr Herz verkrampfte. Das eine Mädchen, das sich nicht für ihn interessierte, dachte Bramble … Sie wollte für keinen von ihnen Mitgefühl empfinden, aber was hätte sie dagegen tun sollen?
    »Edwa?«, fragte Asgarn. »Du hast ihren Namen genannt …?«
    Baluch wischte sich die Tränen ab und schaute sich zu der Gruppe der Stammesführer um. »Sie haben die jüngeren Mädchen gefangen genommen. Für späteren Gebrauch. Um Sklavinnen aus ihnen zu machen. Sie haben die Männer getötet, alles gestohlen, die Halle niedergebrannt. Sie …« Er geriet ins Stocken. »Sie haben auch die älteren Frauen getötet, nachdem sie … sie benutzt haben. Wer tötet Frauen, die
nicht kämpfen? Das war mehr als ein Angriff. Es war mehr als ein Angriff. Sie wollten uns ausmerzen.«
    »Ist sie immer noch am Leben?« Asgarn war angespannt.
    »Edwa. Wili. Ein paar der anderen. Die Hübschesten.« In seiner Stimme lagen Verachtung und Hass.
    Als wären Baluchs Worte ein Signal, brach in der Halle ein Tumult aus. Rufe, Schreie, Schluchzer. Acton

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