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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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empfand, als sie sie begrüßte. Daheim in Wooding hatte sie die morgendlichen Gebete gehasst, umgeben von denen, die Angst vor den Göttern oder vor dem Leben hatten, von den Frommen und denjenigen, die für fromm gehalten werden wollten, wie die Witwe Farli. Hier aber nahm Bramble bei den anderen nur reine Hingabe wahr. Wenn die Quelle der Geheimnisse einen im Blick hatte, war es sicher schwierig, Frömmigkeit zu heucheln.

    Der Fels lag auf einer Lichtung und war von alten, riesigen Buchen umringt, die oben so knorrig und verschlungen waren, dass sich ihre Äste berührten und der Altar mitten unter einem kuppelförmigen Blätterdach zu stehen schien. Moos und frisches Gras bedeckten den Boden, und Bramble hörte das Plätschern eines Rinnsals, das die Götter gern in ihrer Nähe hatten. Obwohl sie nicht weit entfernt von einer Stadt waren, hatte Bramble den Eindruck, tief in einem Wald zu sein, womöglich sogar in jenem Großen Wald, von dem sie schon so häufig geträumt hatte.
    Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Sie spürte, dass die Götter ihre Aufmerksamkeit auf alle ihre Anhänger gerichtet hatten, nicht nur auf sie.
    In dem silbernen Licht kurz vor Sonnenaufgang, während ein leichter Morgenwind einsetzte, kamen sie am Altar an und knieten sich gemeinsam stumm davor nieder. Safred beugte den Kopf, Martine und Ash schauten auf ihre Hände hinab. Zel betete, wobei sich ihr Mund stumm bewegte, während sie Flax’ Hand umschloss. Sein Gesicht war ausdruckslos. Überraschenderweise betete auch Cael inbrünstig, die Hände vor der Brust gefaltet.
    Bramble war nicht nach Beten zu Mute. Sie spürte lediglich Trauer um Maryrose und eine dunkle Wut auf die Götter, weil sie ihre Schwester nicht beschützt hatten. Sie gaben ihr keine Antwort in Worten, doch Bramble nahm ihr Gefühl tiefer Reue wahr. Es reichte zwar nicht aus, um ihren Kummer zu besänftigen, aber ihre Wut kühlte ein wenig ab und richtete sich stattdessen auf Saker. Ich werde ihn töten, dachte sie. Bei dieser Vorstellung verstärkte sich der Druck in ihrem Kopf. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, als seien die Götter unentschlossen. Soll ich ihn töten?, fragte sie sie, vernahm als Antwort jedoch nur ein noch nicht .
    Als das erste Tageslicht die Baumkronen berührte und
Schatten auf den Altar warf, standen die anderen Städter auf und zogen sich respektvoll zurück, bis sie aus dem Kreis der Bäume herausgetreten waren. Safred hingegen bedeutete der Gruppe, näher zu treten. Sie legte eine Hand auf den Altar.
    »Heute trennen wir uns. Bald aber treffen wir uns wieder, um die Teile der Antwort zusammenzufügen.«
    »Jawohl«, sagte Cael. »Aber wo und wann?«
    Sie schauten Safred an. Diese zögerte. Bramble begriff, dass die Götter auf diese Frage keine Antwort gaben.
    Stattdessen gab Martine eine Antwort. »In Turvite«, sagte sie.
    »Die Steine?«, fragte Safred. »Sagen die Steine das?«
    »Der gesunde Menschenverstand sagt das, und der ist mehr wert«, erwiderte Martine munter. »Dort fand Actons letzte große Schlacht statt. Es ist die größte Stadt in den Domänen. Früher oder später wird dieser Saker auch dorthin gehen, und seine Armee wird er mitbringen.«
    »O ja«, sagte Bramble, in deren Ohren Martines Worte logisch klangen. »Bestimmt will er Turvite. Er will dort Erfolg haben, wo einst die Zauberin scheiterte.«
    »Ja. Er wird sie übertreffen wollen«, sagte Safred langsam.
    »Also Turvite«, sagte Cael.
    Ash zuckte ein wenig zusammen, als hätte Caels Stimme seine Erinnerung wachgerufen. »Äh … Turvite könnte für Martine und mich ein gefährlicher Ort sein«, sagte er.
    Martine lachte. »Das stimmt«, meinte sie. »Vielleicht sollten wir uns kurz vor Turvite treffen. Ein paar Kilometer flussaufwärts ist ein Dorf namens Sanctuary. Dort könnten wir uns treffen.«
    »Sobald wir können«, sagte Safred widerstrebend. Alle bemerkten, dass sie irritiert darüber war, Zeit und Datum nicht von den Göttern genannt bekommen zu haben.

    »Wo wirst du die Lieder suchen?«, fragte sie Ash.
    Seine Miene war verschlossen. »Südlich«, sagte er.
    »Aber ich muss wissen …«, begann Safred, doch im gleichen Moment brüllten die Götter Bramble drohend in den Kopf. Nein!, befahlen sie. Safred machte eine ruckartige Bewegung, als auch sie den Befehl vernahm. Ash zitterte ein wenig, als hätte er ebenfalls die Stimme der Götter gehört, doch sein Gesicht blieb versteinert.
    »Nein«, gab er den Willen der Götter wieder.
    Safred

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