Die Hueterin der Geheimnisse
sich einmal, zweimal, dreimal …
Kurz vom Ufer entfernt kam sie mit den Füßen im Wasser auf. Sie platschte schwer ins Wasser und landete auf Händen und Knien. Das Wasser spritzte auf und übergoss sie, und der Geruch, was immer es war, wurde schlagartig stärker.
Zel kniete stumm im Wasser. Sie wirkte erstarrt. Versteinert.
»Zel?«, rief Bramble, aber diese antwortete nicht. Das Zaumzeug nach wie vor in den Händen haltend, schob sich Bramble zentimeterweise am Strom entlang, bis sie Zels Gesicht von der Seite aus sehen konnte. Es hatte sich zu einer Grimasse des Erstaunens verzogen.
»Zu Stein geworden?«, fragte Cael und drückte damit aus, was ihnen allen durch den Kopf ging. Er hob einen Kiefernzapfen vom Weg auf und warf ihn Zel auf den Rücken. Als Reaktion darauf zuckte sie zusammen. Er tat es ein zweites Mal, und nun rappelte sie sich auf. Dabei wich ihre Überraschung allmählich Furcht, und ihr Blick folgte etwas zu ihrer Rechten; sie drehte sich nach etwas um, was gar nicht da war.
»Zel, geh weiter!«, rief Safred. Doch Zel verharrte reglos. Cael warf einen weiteren Zapfen nach ihr, dann noch einen. Zels Rücken zuckte, und unfreiwillig machte sie einen halben Schritt nach vorn. Dann schrie sie auf. Es war der Schrei eines Kindes, das ein Monster gesehen hat. Bramble bückte sich, packte einen Zapfen und warf ihn ebenfalls nach ihr. Dann warfen sie alle Zapfen, wobei einige in der Nähe von Zel landeten, andere ihre Beine und ihren Rücken trafen und einer von ihrem Kopf abprallte.
»Aua!«, sagte sie und machte einen weiteren Schritt nach vorn. Dieser reichte aus, um sie aus dem Wasser zu bringen.
Sie stand da, schaute auf den Weg und schüttelte den Kopf, als wolle sie ihn freimachen. Dann drehte sie sich um, wobei sich ihr eigentlich biegsamer Akrobatenkörper schwerfällig bewegte. Ihre Füße klatschten tollpatschig in den Matsch.
»Alles in Ordnung?«, rief Martine ihr zu.
Zel nickte und schaute sich erneut um. Dann räusperte sie sich, als habe sie längere Zeit nicht mehr gesprochen.
»Mir geht es gut.«
»Was ist passiert?«, wollte Safred wissen.
Zel zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Alles … hat sich verändert. Als wäre ich irgendwo anders gewesen. Da waren Elche. Ich glaube, es waren Elche, aber sie waren riesig. Eine ganze Herde von ihnen. Und die Bäume waren anders … Eichen, glaube ich, vielleicht auch ein paar Ulmen und Gräser und … und dann war da dieses Wesen , wie eine riesige Katze, verdammt groß, es hat die Elche gejagt, und sie sind gerannt und gerannt, und der Boden hat unter ihren Hufen gebebt, und dann hat dieses Ding, diese große Katze, sie hatte Zähne bis hier unten«, sie deutete für die anderen auf eine Stelle unterhalb ihrer Schultern, »sie hat aufgehört zu laufen und hat sich mir zugewandt und ist auf mich losgegangen. Sie war im Begriff zu springen, so wie ein Wolf springt, sie hatte es auf meine Kehle abgesehen, das konnte ich riechen . Dann hat mich etwas am Hinterkopf getroffen, und ich machte einen Schritt nach vorn, und da … da war es weg. Alles war auf einmal einfach verschwunden .«
Schwerfällig setzte sie sich hin, als habe das Reden sie erschöpft.
»Du warst genau hier«, versicherte ihr Cael. »Du warst nie weit weg.«
Zel biss sich auf die Lippe. »Wenn das Ding mich erreicht hätte, dann wäre ich jetzt tot«, sagte sie mit Gewissheit. »Ob hier oder nicht, dort oder nicht. Ich wäre jetzt tot.«
»Hmm«, sagte Safred. »Dann ist es besser, die Pferde nicht durch das Wasser zu führen.«
»Wie kommen wir dann hinüber?«, fragte Martine.
»Wir binden ein Seil an einen der Bäume hier auf dieser Seite«, sagte Cael, »und dann werfen wir es Zel zu. Sie kann es auf der anderen Seite an einem der Bäume befestigen. Wir gleiten dann an dem Seil entlang. Wir können einen der Führzügel dazu verwenden, um uns daran festzuhalten.«
Safred wirkte skeptisch. »Ich kann nicht so gut auf Bäume klettern«, gab sie zu. Bramble war amüsiert zu hören, dass auch die Quelle der Geheimnisse Schwächen hatte. »Es geht auch leichter«, sagte sie. »Es ist einfach. Mach dir einfach ein Seil um den Bauch, wirf das andere Ende Zel zu und lass dich von ihr rüberziehen. Wenn sie nicht stark genug dafür ist, schlingt sie es drüben um einen Baum, wirft es wieder zurück, und dann zerren wir alle daran. Ganz gleich was du bei deiner Überquerung siehst oder riechst, du bist im Nu drüben und wieder bei vollem Bewusstsein.«
»Das
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