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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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untersuchen.
    »Obsidian«, sagte er.
    »Obsidian?«, wiederholte Martine. »Ist das der Obsidian Lake ?«
    »Was ist der Obsidian Lake?«, wollte Bramble wissen.
    »Das ist der Platz, an dem der erste schwarze Felsaltar vom Himmel gefallen ist«, erwiderte sie, wobei ihre Stimme ein wenig ins Wanken geriet. »Es ist ein Ort, der in den Legenden der Wanderer beschrieben wird. Kein Ort für Menschen, heißt es. Ein Ort nur für die Götter.«
    Martine zögerte, und das war ihr so unähnlich, dass Bramble die Stirn runzelte.
    »Aber die Götter haben uns doch hierher geführt, richtig?«, fragte sie Safred. Diese nickte.
    »Ja. Wir sind dort, wo wir sein sollen. Wir müssen die Dinge tun, die von uns gefordert werden.« Diese Gewissheit beruhigte sie alle. Bramble jedoch schnitt eine Grimasse.
    »Du hörst dich an wie meine Großmutter.«
    »Bestimmt war sie eine sehr kluge Frau.«
    »Klug genug, um die Zeichen der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche zu erkennen«, sagte Bramble.
    »Du hast ein gutes Zeitgefühl«, sagte Safred nachdenklich. »Das könnte von Nutzen sein. Vielleicht ist es nur gut
so, dass du die wiedergeborene Jagdbeute geworden bist und nicht der, der dafür bestimmt gewesen war.«
    »Der, der dafür bestimmt gewesen war?« Bramble hatte das Gefühl, als verkrampfe sich ihr ganzer Körper. Es war jedoch nicht unangenehm, sondern so als stünde sie im Begriff, eine Frage beantwortet zu bekommen, über die sie schon lange Zeit nachgedacht hatte. Um welche Frage es sich handelte, wusste sie nicht, doch die Antwort war wichtig.
    »Haben die Götter dir das nicht gesagt?« Safred wirkte überrascht. »Du hättest nämlich eigentlich schon sterben sollen.«
    »Am Abgrund?« Sie kannte die Antwort. Natürlich am Abgrund. Sie vergegenwärtigte sich den Augenblick noch einmal: Die Männer, die hinter ihr her jagten, der Rotschimmel, der diesen außergewöhnlichen, unmöglichen Sprung vollführte, und dann auf halbem Weg hinüber ihr Sturz und die Drehung des Rotschimmels mitten in der Luft, um sie zu retten. Und dann danach das Dasein als lebendige Tote, das sie geführt hatte. Der Steinedeuter in Carlion hatte es ihr gesagt - sie war wirklich gestorben, und ihr Geist hatte sie verlassen, aber der Rotschimmel hatte ihren Körper gerettet. Sie wäre nach wie vor tot in ihrem Körper, wäre er bei ihrem ersten Frühlingsrennen nicht so schnell gelaufen und hätte die Jagdbeute überholt, sodass sie dieser das Banner entreißen konnte und damit wiedergeborene Jagdbeute wurde, Symbol des neuen Lebens. Anders als die anderen wiedergeborenen Jagdbeuten, die es in der Geschichte gegeben hatte und die lediglich ein Rennen mit großem Abstand gewonnen hatten, war sie wahrhaftig wiedergeboren worden.
    »Ja«, sagte Safred. »Die Götter haben dem Rotschimmel bei seinem Sprung geholfen, nicht dir. Der Rotschimmel hätte an Beck gehen sollen, damit er die wiedergeborene Jagdbeute würde.«

    » Beck?« Blitzartig tauchte dessen Gesicht vor Brambles Augen auf - ein dünner, alter Mann mit braunem Haar und einem Bärtchen, das Gesicht, das die Meute anführte, die sie in den Abgrund gehetzt hatte. Auch an die Narben und Male auf der Flanke des Rotschimmels, die Beck dort hinterlassen hatte, erinnerte sie sich. »Sie waren im Begriff, ihn Beck zu geben?«
    »Er war ein guter Reiter. Gut genug, um die wiedergeborene Jagdbeute zu sein. Auch er war ein Mischling und zweifellos ein Mörder. Er war geeignet für diese Aufgabe.«
    Bramble war empört. »Es wäre eine Schande gewesen, wenn man den Rotschimmel einem so grausamen Herrn übergeben hätte!«
    »Ja«, sagte Safred leise. »Eine Schande für den Rotschimmel. Aber der Rotschimmel hat dich geliebt und gerettet, um dich an seiner Stelle zu haben. Deswegen sind wir hier.«
    »›Die Liebe durchkreuzt jedes Schicksal‹«, zitierte Cael mit leisem Vorwurf in der Stimme. Bramble wusste, dass er versuchte, ihren Zorn von Safred abzulenken, und sie wusste auch, dass er Recht hatte. Das hier war nicht die Schuld der Quelle der Geheimnisse. Und eigentlich auch nicht die Schuld der Götter. Sie taten, was sie konnten, um das Gleichgewicht im Chaos wiederherzustellen. Es war Sakers Schuld, und er würde dafür bezahlen.
    Sie machte ein finsteres Gesicht, schaute dabei jedoch auf den See hinaus und beobachtete, wie die leise Brise verebbte und die Wasseroberfläche wieder spiegelglatt wurde.
    »Was hast du eben damit gemeint«, fragte Martine, »›er war zweifellos ein

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