Die Hueterin der Krone
zutreffen, aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass das Gegenteil der Fall war.
Brian sah von dem Brief auf, den er an seinen Burgvogt in Wallingford geschrieben hatte, und sah, dass Roger, Bischof von Salisbury, zielstrebig auf ihn zukam. Sein juwelenbesetzter Stab pfiff durch die Luft, seine Augen waren schmal, die Lippen fest zusammengepresst. Brian erhob sich und kniete dann nieder, um den Saphirring an der geballten Faust zu küssen, die sich ihm entgegenstreckte.
»Darf ich Euch etwas Wein anbieten, Mylord?«, fragte er höflich.
Der Bischof nickte, und Brian füllte einen Becher aus der Karaffe auf dem Tisch. Er konnte fast spüren, wie Salisbury darauf brannte, ihm die Hölle heiß zu machen.
»Was wisst Ihr von diesen Gerüchten, die überall im Umlauf sind?«, fauchte Salisbury, als er Brian den Becher abnahm.
Brians Nacken begann zu prickeln.
»Bei Hof sind immer Gerüchte in Umlauf, Mylord.«
»Über diese geplante Hochzeit der Kaiserin mit Geoffrey of Anjou. Ihr genießt das Vertrauen des Königs, Ihr müsst davon gehört haben, denn Ihr seid weder taub noch ein Narr, genauso wenig wie ich, auch wenn ich allmählich alt werde.« Um seine Mundwinkel zuckte es.
Brian erwiderte nichts darauf, sondern schenkte sich betont langsam Wein nach.
»Ich weiß, dass er mit Euch und Gloucester darüber gesprochen hat«, knurrte Salisbury. »Wann gedenkt er denn den Rest von uns zu informieren, Mylord, oder will er uns überhaupt nicht einweihen?«
»Ich kann Euch sicherlich nichts Neues sagen, Sire«, wich Brian aus.
»Nein, aber ich sollte solche Dinge nicht durch Hintertüren und Schlüssellöcher erfahren. Wenn er sie wirklich mit diesem Mann verheiratet, wird er den Tag der Hochzeit noch verwünschen. Es wird zu Unruhen kommen, und viele Männer werden sich gegen ihn erheben. Denkt an meine Worte!«
Brian hob die Brauen.
»Das wisst Ihr so genau, Mylord? Soll ich eine Liste der Männer aufstellen, von denen Eurer Meinung nach eine Bedrohung ausgeht?« Er deutete auf sein Schreibzeug. »Und soll ich die Wache vor Waleran de Meulans Tür verdoppeln?«
Salisbury lief rot an.
»Werdet nicht unverschämt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Ihr einst als rotznasiger Knappe weit besseren Männern, als Ihr einer seid, den Hintern abgewischt habt. Auch wenn Ihr Euch für noch so klug haltet – jeder Schwachkopf kann sich selbst den Strick drehen, mit dem er sich aufhängt. Ihr betrachtet Henrys Entscheidung doch sicher nicht als raffinierte Politik, oder?«
»Darüber müsst Ihr mit dem König selber sprechen, Sire.«
»Ich habe von ihm erwartet, dass er mit uns spricht, das ist der springende Punkt.« Der Bischof trank einen Schluck Wein und stellte den Becher auf den Tisch. »Da er das nicht getan hat und da ich geschworen habe, seiner Tochter nur unter der Bedingung den Treueeid zu leisten, dass wir bezüglich der Frage ihrer Heirat zu Rate gezogen werden, muss ich jetzt sehr eingehend darüber nachdenken, ob ich das Richtige getan habe.« Er grub die Finger in den funkelnden Saum seines Umhangs. »Diesmal führt er uns direkt in einen Sumpf. Vielleicht bin ich heute Abend nicht der einzige törichte alte Mann.«
»Sire, ich glaube, der Sumpf existiert bereits, und der König schafft Pfade, die darüber hinwegführen. Ist es nicht unser eigener Fehler, wenn wir hineinfallen?«
Salisbury griff nach seinem Stab.
»Ich habe nicht die Absicht, irgendwo hineinzufallen!«
Brian fragte sich, ob dem Bischof bewusst war, dass das Wasser bereits über seine Stiefel schwappte.
»Diese Heirat wird die Grundfesten von allem erschüttern, was der König aufgebaut hat, denkt an meine Worte. Das Volk wird keinen angevinischen Knaben als Herrscher dulden, und die Verbindung ist für seine Neffen und das Haus Blois ein Schlag ins Gesicht. Ich weiß nicht, was er sich dabei denkt!« Seine Faust schloss sich um den Stab, und der Bischof verließ das Zimmer ebenso raschen Schrittes, wie er es betreten hatte.
Seufzend widmete sich Brian wieder seiner Arbeit, aber er war nicht mehr mit dem Herzen dabei. In manchen Punkten stimmte er mit dem Bischof überein, auch wenn er wusste, dass Salisbury stets nur seine eigenen Ziele verfolgte. Der König manipulierte die Situation, um sich so viele Türen offenzuhalten wie möglich, und dadurch geriet vielleicht alles aus den Fugen. Dass Henry persönlich von seiner Unüberwindbarkeit überzeugt war, half auch nicht gerade weiter. Er hatte nicht die Absicht, zu
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