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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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so komisch. Ich mag sie nicht.«
    »Willst du dein Häubchen nun zurück oder nicht? Du gehst mit Selina – oder gar nicht.«
    Lenz klang auf einmal so streng, dass Lenchen fügsam wurde. Sie streckte Selina sogar die Hand entgegen, als die anderen in Richtung Fluss aufbrachen, aber als diese das Angebot geflissentlich übersah, schien es ihr ebenso recht zu sein.

    Als Veit Sternen die Brücke zum Schloss Geyerswörth überquerte, fühlte er sich unbehaglich. Unbehaglich und allein, ohne Simon. Seine Hände stanken nach Leinöl, so rasch hatte er sich gesäubert, und das gute Wams lag noch immer bei Ava.
    Was wollte der Fürstbischof von ihm? Hatte Agnes ihre Drohungen wahr gemacht und geredet? Stand ihm der Rauswurf bevor? Würde er den Auftrag verlieren?
    Seine Hände wurden feucht bei diesem Gedanken und die Kehle eng.
    Wieder öffnete ihm einer der finsteren Kapuzinerpater das Tor, wieder wurde er durch lange, dunkle Flure und Zimmer geführt, bis er schließlich in einem holzgetäfelten Raum angelangt war. Veit erschrak, als er Fuchs von Dornheim erblickte. Die Wangen waren gedunsen, das Gesicht fleckig und rot. Er trug nicht seine gewohnte geistliche Kleidung, sondern einen weiten, pelzgefütterten Schlafrock und lag auf einem Ruhebett.
    »Ja, ich bin krank«, sagte er, »und ich hab keine Lust, es zu verbergen. Das Reißen quält mich wie mit tausend Spießen. Nichts hilft dagegen.«
    »Es tut mir Leid, Exzellenz«, sagte Veit. »Ich weiß genau, wovon Ihr redet. Wenn ich Euch …«
    »Spart Euch das Mitleidsgeschwafel. Davon geht die Gicht auch nicht weg. Nicht einmal das Otterfett hilft. Sagt mir lieber, was meine Krippe macht.«
    Jetzt erst bemerkte Veit Damian Keller, der unbewegt wie eine Statue an der gegenüberliegenden Wand stand und ihn mit brennenden Augen anstarrte. Wieso kam der Fürstbischof gerade jetzt darauf zu sprechen? Ava und das Ungeborene! Wenn er der Vater ihres Kindes war und Dornheim jemals davon erfahren sollte, war alles verloren.
    »Es geht voran, Exzellenz«, sagte Veit. »Unaufhörlich. Jeden Tag arbeite ich daran, oft bis spät in die Nacht. Allerdings wisst Ihr ja, dass mein Sohn noch in Italien ist, auf Euren ausdrücklichen Wunsch hin …«
    »Das hab ich niemals verlangt.« Der Fürstbischof bewegte sich ächzend. »Legt mir nichts in den Mund, Sternen, was ich nicht gesagt habe! In dem Punkt bin ich empfindlich.«
    »Binnen kurzem rechne ich mit seiner Rückkehr.« Veit ließ sich nicht beirren. »Und ich bin sicher, Simon wird die herrlichsten Stoffe für Euch im Gepäck haben.«
    »Was kümmern mich Eure Stoffe?« Die Stimme des Fürstbischofs verriet seine wachsende Ungeduld. »Was Italien? Was ich brauche, ist eine vernünftige Krippe, vor der die Menschen beten können. Ein Licht, das in ihren Herzen aufgeht in dieser finsteren Zeit. Bis Weihnachten muss alles fertig sein.«
    »Bis Weihnachten, Exzellenz?« Veit verspürte eine plötzliche Schwäche. »Aber das wird kaum möglich sein. Mein Sohn und ich waren davon ausgegangen …«
    »Euer Sohn hätte das sehr wohl geschafft.« Die Fettwülste um die Augen gerieten in Bewegung. »Das weiß ich. Ihn mit irgendwelchen Aufträgen fortzuschicken war ganz allein Eure Angelegenheit. Ich sage Weihnachten, und ich meine Weihnachten. Und jetzt lasst mich allein. Ich erwarte meinen Medicus. Auch wenn seine fragwürdigen Künste sich also ebenso sinnlos erweisen werden wie alles Übrige.«
    Veit suchte Kellers Blick, als er sich mit einer Verbeugung zurückzog, doch der Astrologe schaute an ihm vorbei.

    Lass es Mathis sein, dachte Ava, als es klopfte, aber er war es nicht, natürlich nicht, sondern Hanna Hümlin, die den Kopf durch die Türe steckte. Reka schoss von seinem Lager hoch, lief zu der Besucherin und beschnüffelte sie.
    »Ich wollte dich einladen«, sagte sie. »Wir feiern das neue Jahr. Heute Nacht.« Sie beugte sich zu dem Otter hinunter. »Du bist also der, über den ganz Bamberg tratscht. Schön, dass ich dich auch einmal zu Gesicht bekomme!«
    Reka ließ zu, dass sie ihm einen Augenblick die Hand auf den langen Rücken legte, dann lief er wieder in seine Ecke zurück.
    Avas Blick glitt über das feine Kleid, den Umhang aus gewalkter Wolle, die blank geputzten Stiefel. Hannas Locken waren im Nebel feucht geworden. Aufmüpfig umrahmten sie das Gesicht und die hohe Stirn.
    »Gerüstet wie zu einem Fest«, sagte sie. »Ihr habt den Mut zu feiern? Trotz der Drutenlisten?«
    »Wir haben unsere Maßnahmen

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