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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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getroffen«, sagte Hanna. »Übrigens stehen nicht nur solche drauf wie du und ich, sondern auch viele reiche Leute. Kanzler Haag zum Beispiel. Sie wollen nicht nur unser Leben, sie wollen auch Geld. Aber den Schneid lassen wir uns trotzdem nicht abkaufen. Deine Antwort lautet also nein?«
    »Ich kann nicht«, sagte Ava. »Nicht unter diesen Umständen.«
    »Das heißt, du hast nichts von ihm gehört?«, sagte Hanna. »Noch immer nicht?«
    »Nein«, sagte Ava. »Und es wäre sicherlich klüger, die Hoffnung langsam aufzugeben. Er lebt nicht mehr, Hanna. Er kann nicht am Leben geblieben sein in diesem eiskalten Fluss.«
    »Mathis ist für viele Überraschungen gut. Er kennt den Wald. Er kennt den Fluss. Er ist einer von uns.« Ihr Gesicht wurde weicher. »Weiß er, dass das Kind kommt?«
    »Nein. Ich war mir noch nicht sicher«, sagte Ava. »Heute bereue ich meine Zurückhaltung. Aber damals …«
    »Er würde sich freuen. Ich weiß, wie sehr er dich mag.« Sie nahm Avas Hände. »Willst du es dir nicht doch überlegen? Du würdest dich weniger allein fühlen. Und es gäbe kein schöneres Willkommen für das Leben, das in dir wächst.«
    Für einen Augenblick wurde Ava unsicher. Jene Nacht am Feuer war noch immer so lebendig in ihr, als sei es erst gestern gewesen. Aber damals war Mathis an ihrer Seite gewesen, hatte sie begleitet, sie beschützt, sie geliebt.
    »In Gedanken werd ich bei euch sein«, sagte sie schließlich. Denn da gab es noch etwas, was sie abhielt, auch wenn es nicht der Hauptgrund war. Lenchen würde noch kommen. Die Kinder hatten sie angekündigt. Die Kleine sollte nicht umsonst an ihre Türe klopfen, nicht in dieser Nacht. »Ich kann mir vorstellen, wie ihr …«
    »Nein, das kannst du nicht.« Hanna klang auf einmal kühl. »Es gibt nur Teilen und Schenken, kein Beobachten, kein Beurteilen. Nur wer im Feuerkreis tanzt, spürt die Kraft. Du musst dich entscheiden, Ava! Willst du drinnen sein oder draußen?«
    »Ich hab mich längst entschieden.« Ava wich einen Schritt zurück. »Ich lebe allein, schon sehr lange. Ich hab mich darin eingerichtet. Die meiste Zeit gefällt es mir sogar.« Sie lächelte. »Das ist meine Antwort.«
    »Dann pass auf dich auf!«, sagte Hanna. »Der Krieg gegen uns hat erst begonnen. Ich muss dich jetzt verlassen. Die anderen warten sicherlich schon.«
    Sie hat das Bernsteinherz des Braumeisters abgelegt, dachte Ava, als Hanna Hümlin gegangen und sie wieder mit Reka allein war. Sie wusste nicht, weshalb, aber dieser Gedanke ging ihr eine ganze Weile nicht mehr aus dem Kopf.

    « Da ist kein Häubchen. Nirgendwo. Du musst es irgendwo anders verloren haben.« Selina hatte sich an der Leiter postiert, die nach oben führte. Ihre Geduld war zu Ende.
    »Vielleicht dort hinten.« Lenchen machte ein paar zögerliche Schritte.
    »Da waren wir schon. Überall waren wir. Da ist nichts. Du hast dich geirrt.«
    »Hab ich nicht. Es muss da sein. Muss. Muss!« Zornig stampfte die Kleine auf.
    »Wenn du so weiterhampelst, geht noch das Licht aus. Sieh nur, wie es in deiner Hand flackert …«
    Die dünne Flamme schwankte tatsächlich gefährlich, aber Lenchen kümmerte sich nicht darum.
    »Ich will mein Häubchen. Wenn du mir nicht hilfst, dann sag ich es Lenz! Ich bin nämlich ein Glückskind, hat Ava gesagt – und du nicht!«
    Lenchen bewegte ihre Lippen so seltsam, dass Selina nicht jedes Wort verstand, aber den letzten Satz hatte sie ganz genau abgelesen. Was bildete der kleine Bastard sich ein? Ihr erst den Vater stehlen, dann die Otterfrau ins Spiel bringen und zum Schluss auch noch mit Lenz drohen!
    Feindselig starrte sie auf Lenchen hinunter. Unter anderen Umständen hätten sie Schwestern sein und sich lieb haben können, aber so empfand Selina nichts als Ablehnung und Ekel.
    »Ich gehe jetzt«, sagte sie. »Du kannst mitkommen, wenn du willst. Und wenn nicht, dann ist es mir auch egal.«
    »Nein! Du bist gemein. Das darfst du nicht. Ich will mein Häubchen!«
    Sie schrie. Selina sah es daran, wie sie den Mund aufriss und ihre kümmerlichen Milchzähne entblößte. Ein Gefühl der Genugtuung breitete sich in ihr aus. Sollte der Bankert doch plärren! Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh, dass sie nicht hören konnte.
    Unbeirrt kletterte Selina ein paar Sprossen nach oben. Dann schaute sie über ihre Schulter zurück.
    »Bist du dort unten vielleicht angewachsen, Glückskind?«, rief sie. »Dann pass auf, dass du keine Wurzeln schlägst!«
    Lenchen stand am Fuß

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