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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Belohnung dahin, die der Kanzler ihr in Aussicht gestellt hatte.
    All das Bangen und Warten – für nichts? Apollonia strich sich Haube und Schürze glatt und klopfte.
    »Ich muss den Braumeister sprechen«, sagte sie, als eine Frau mit braunen Locken ihr die Türe öffnete. »Dringend.«
    »Der Braumeister ist nicht zu Hause.«
    »Wann kommt er wieder?« Apollonias Herz begann laut zu schlagen. Gleich zweimal hintereinander abgewiesen zu werden  – so viel Unglück durfte einfach nicht sein!
    »Das hat er nicht gesagt. Willst du warten?«
    »Das kann ich nicht.« Sie musste sehen, dass sie so schnell wie möglich ins Pfarrhaus zurückkam. Dieser seltsame Bucklige mit den schiefen Zähnen, der sich an ihr vorbeigedrängt hatte! Vielleicht hätte sie die Schwelle doch besser verteidigen sollen. Der Weihbischof jedenfalls war bei seinem Anblick derart außer sich geraten, wie sie es noch nie bei ihm erlebt hatte. »Bist du seine Frau?«, fragte sie.
    »Nein.« Ein belustigtes Lachen. »Obwohl das manche in der Stadt vielleicht glauben. Ich führe ihm lediglich den Haushalt. Was willst du von Haller? Hast du etwas zu bestellen?«
    »Augenblick, ich denke, ich kann mich auch um die Frau kümmern!« Eine schlanke Rotblonde drängte die andere beiseite.
    »Du willst zu meinem Vater?«, fragte sie Apollonia. »Dann herein mit dir!«
    »Ich weiß nicht so recht …«
    »Aber ich weiß. Ich bin Marie Sternen, die Tochter des Braumeisters. Komm!«
    Marie zog die Zögernde in die Stube und schloss die Türe hinter ihr. Apollonia sah sie stumm an.
    »Also, was ist?«, sagte Marie. »Du siehst aus, als hättest du etwas auf dem Herzen. Rede! Wir sind unter uns.«
    »Es geht um Leben und Tod«, stieß Apollonia hervor. »Das hat der Kanzler gesagt.«
    »Kilian Haag?«
    Apollonia nickte.
    »Du hast mit dem Kanzler geredet? Wann?«
    »Immer wieder. Schon seit einiger Zeit. Ich … ich stehe in seinen Diensten, gewissermaßen. Und er hat auch gesagt, ich soll zum Braumeister gehen, wenn ich etwas Wichtiges für ihn habe und er nicht da ist. Jetzt ist er in Nürnberg, ausgerechnet heute. Und der Braumeister ist auch nicht da …« Sie brach hilflos ab, sah all die schönen Silbertaler für immer verschwinden.
    »Aber ich bin da«, sagte Marie. »Und mein Vater vertraut mir in allen Dingen. Sag, warum gibst du mir nicht das Wichtige, das du bei dir trägst?« Sie streckte einladend die Hand aus. »Ich händige es ihm aus, sobald er kommt.«
    »Versprochen?« Sie konnte es kaum erwarten, die elende Last loszuwerden.
    »Versprochen!«
    Apollonia Krieger fasste in ihr Mieder und zog das Gebetbuch heraus.
    »Hier!« Sie reichte es Marie. »Und von wem bekomme ich jetzt meine Belohnung?«
    »Ich versichere dir, dass der Kanzler sich an eure Abmachung halten wird. Sobald er zurück ist, werde ich dafür sorgen, dass du deine Belohnung bekommst.«
    Wirklich zufrieden war Apollonia mit dieser Antwort nicht, aber sie war froh, den Beweis ihres Verrats nicht länger mit sich herumtragen zu müssen. Unwirsch verabschiedete sie sich und zog die Tür hinter sich zu.
    Marie setzte sich und schaute einen Moment unschlüssig vor sich hin. Dann schlug sie das Buch auf und begann zu blättern.
    »Du warst in seiner Kammer?« Hanna Hümlin stand plötzlich vor ihr wie eine Erscheinung. Marie ließ das Buch in ihren Schoß sinken.
    »Das ist das Haus meines Vaters«, sagte sie. »Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
    »Um nachzuprüfen, ob ich bei ihm schlafe?« Hannas Hand fuhr zum Bernsteinherz. Sie hatte es gerade erst angelegt. Um sich für diese Unterredung zu rüsten? Marie nahm die Provokation deutlich wahr. »Ist es das, was du herausfinden wolltest?«
    Die beiden Frauen starrten sich an.
    »Du könntest mich auch einfach fragen«, fuhr Hanna fort, »wenn die Neugierde dich schon derart plagt. Oder ihn. Anstatt heimlich herumzuschnüffeln. Nein, ich schlafe nicht bei ihm. Bist du nun zufrieden?«
    »Ich hab nicht geschnüffelt«, verteidigte sich Marie. »Es ist mir egal, was du tust oder lässt.«
    »Was dann?«
    »Familienangelegenheiten«, sagte Marie steif. »Und jetzt möchte ich allein sein.«
    »Du bist wegen dem kleinen Mädchen da, nicht wahr?«, sagte Hanna. »Die, die sie heute in Hallers altem Felsenkeller gefunden haben.«
    »Sie haben sie gefunden? Bist du sicher? Darüber wird Selina aber froh sein!« Sie biss sich auf die Lippen. Was ging die Hümlin denn diese Geschichte an?
    »Das glaube ich kaum«, sagte Hanna.

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