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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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damit angefangen haben, möchte ich es genau wissen.«
    »Es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte sie mit schmalen Lippen. »Es ist spät.«
    »So hast du es immer gemacht, meine Schöne, nicht wahr? Mit den Männern gespielt und sie fortgeschickt, sobald es dir zu gefährlich wurde.« Er schwankte leicht. Sein Gesicht hatte einen Ausdruck, den sie nicht kannte. »Ich kenn das verdammte Spiel. Hab sogar eine ganze Zeit fleißig dabei mitgetan. Aber es geht nicht gut auf Dauer, weißt du das? Es geht niemals gut. Wenn der Haken erst einmal sitzt, tut es weh. Und je mehr du zappelst, desto größer wird der Schmerz, bis er dich von innen her zerreißt.«
    Er schien nur noch zu sich selber zu sprechen.
    »Einmal musst du dafür bezahlen. Du merkst es allerdings erst, wenn es zu spät ist.« Er zog sie an sich, und sie hatte keine Kraft, sich dagegen zu wehren. »Überleg es dir gut, Ava.« Er ließ sie los, küsste flüchtig ihr Haar. »Alles. Und vergiss niemals, wer deine Freunde sind.«
    Als die Tür hinter ihm zuschlug, war ihr nach Weinen zumute. Aber Mathis war fort.

    « Du warst noch einmal bei Pacher?«, sagte Simon, als Veit zurückkam. Es dämmerte. Langsam wurde der Himmel dunkelblau. Er hatte bereits die Lampen anzünden müssen. Ein Stück Brot lag auf der Werkbank. Ein angebissener Wurstzipfel daneben. Der Mostkrug war leer getrunken, sein grünes Wams zu Boden gefallen. Feiner Holzstaub bedeckte seine bloßen Unterarme. Simon schien die Werkstatt den ganzen Tag nicht verlassen zu haben.
    »Es lag auf meinem Weg.«
    »Weshalb? Unser Lager ist übervoll. Und Marie hat das Nachtessen schon gerichtet.«
    »Weil wir nach dem Unmöglichen streben müssen, um das Gute zu erreichen.« Veit lächelte. »Das hat ein alter Meister zu mir gesagt, unten in Neapel, vor vielen Jahren. Damals war ich zu jung, um ihn zu verstehen. Heute ahne ich, was er damit gemeint hat.«
    »Und das Holz, das ich ausgesucht habe, taugt nicht dafür?«
    »Harlan hat eine brandneue Lieferung bekommen. Geflößt, entkernt, abgelagert. Etwas, das der Großvater für seinen Enkel vorbereitet. Ein Glücksgriff, Simon, wie man ihn nur einmal im Leben macht – wenn überhaupt! Er hat mich sofort benachrichtigt. So feine Linde hab ich noch nie in der Hand gehabt. Sie wird sich schnitzen lassen wie Wachs.«
    »Wachs schmilzt, wenn man es zu nah ans Feuer hält«, sagte Simon. »War die Pacherin auch dabei?«
    »Agnes? Nein. Wieso? Die schaukelt ihr jüngstes Kind.« Er spürte den Blick des Sohns, aber er hielt ihn aus. »Ich weiß, ich hätte dir Bescheid sagen sollen. Aber du wirst mit meiner Auswahl zufrieden sein. Pacher lässt es so bald wie möglich anliefern.«
    »Hier ist kein Platz dafür.« Simon starrte auf das Eisen in seiner Hand. »Manche sagen, es sei gar nicht von ihm.«
    »Was soll nicht von ihm sein?«
    »Das letzte Kind. Von Pacher. Es heißt, seine Frau mache auch anderen Männern schöne Augen. Vor allem einer soll es ihr angetan haben.«
    »Welche Frau tut das nicht von Zeit zu Zeit?«, sagte Veit. »Und wenn, dann ist das Pachers Problem. Ich hab übrigens schon mit dem Nachbarn gesprochen. Eder wird uns sein Erdgeschoss abtreten – was sagst du dazu? Über die Außenleiter kann er ins erste Stockwerk, ohne uns zu stören. Der Preis ist in Ordnung. Und die Wand nicht einmal zu dick. Kann sein, dass die Häuser früher einmal zusammengehört haben. Wir holen den Zimmermann und brechen durch. Gleich morgen lasse ich ihn kommen, um alles zu besprechen.«
    »So riesig soll die Krippe werden, dass du einen halben Wald hier stapeln musst?«
    Veit kam näher, bis er ganz dicht vor Simon stand.
    »Das mit den Königen hast du mir immer noch nicht verziehen, habe ich Recht?« Eine unmerkliche Bewegung. »Aber so funktionieren die Regeln nun einmal nicht.«
    »Deine Regeln!«, sagte Simon aufbrausend. »Regeln, die andere verletzen und die nicht einmal dir gut tun. Oder wärst du sonst krank geworden?«
    »Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?«
    »Jede Menge! Du lebst, als wärst du allein auf der Welt. Für dich sind die Menschen doch nichts anderes als Holzfiguren, Vater. Du stellst sie nach Belieben auf, arrangierst sie und packst sie wieder zusammen. Genau so, wie es dir passt.«
    »Du übertreibst. Maßlos. Woher hast du diesen Unsinn?«
    »Das ist nichts als die Wahrheit! Du sammelst sie, bestaunst sie, und manche liebst du sogar. Für eine gewisse Zeit. Aber du verstehst sie nicht und gibst dir nicht einmal

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