Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
genug Wasserquellen.
Am vierten Tag, kurz nachdem die Sonne am höchsten stand, waren sie nicht mehr weit von der Anhöhe entfernt, unter der sich der Lagerplatz auf einem Felsvorsprung mit der gut geschützten Höhle befand. Man musste auf die Anhöhe klettern und konnte dann über einen kleinen Pfad durch den Wald den Vorsprung erreichen.
Es gab keinen anderen Zugang, der große Platz vor der Höhle war rundherum bewaldet und so von keiner Seite einsehbar. Die Blätter der meisten Bäume waren zwar schon vom sommerlichen Grün in verschiedene Gelbtöne übergegangen, aber sie würden noch einige Zeit an den Bäumen bleiben. Der Vorsprung fiel in alle anderen Richtungen steil ab. Um genug Platz für alle Zelte zu machen, hatten sie die Lichtung vor der Höhle vergrößert, indem sie selbst mühsam einige Bäume und Büsche entfernt hatten. Die Höhle an sich war eher klein und hatte im Gegensatz zu der sehr großen und weit verzweigten Winterhöhle keine weiteren Zugänge. Sie war schwer zu finden und die Sippe war stolz und froh, diesen Platz für sich entdeckt zu haben. Dort drohte ihnen kaum Gefahr. Zwar war das Wasserholen etwas mühsamer, der angrenzende Wald jedoch bot vielfältige Pflanzen, Beeren, Wurzeln und Nüsse in Fülle und Reichweite.
Sie schlugen den Weg Richtung der Anhöhe ein, doch die Wölfin blieb auf einmal stehen und versteifte sich. Pinaa bemerkte nach ein paar Schritten, dass sie nicht mehr neben ihr lief und schaute sich um. Auch Minoo, Pinaas Vater und einigen anderen Sippenmitgliedern fiel das seltsame Verhalten auf.
Die Wölfin schien Witterung aufzunehmen, eine Witterung in Richtung der Anhöhe. Sie knurrte leise. Dann sah sie Pinaa an. Pinaa wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte und sah hilfesuchend ihren Vater an „Sie scheint etwas zu wittern.“ Der Vater nickte „Vielleicht einen Bären. Oder ein anderes Wolfsrudel. Er wandte sich an die Sippe. „Wir sollten vorsichtig sein.“
Anatoo rümpfte die Nase. „Sie möchte nur einen Hasen jagen. Oder einen männlichen Wolf.“ Er sah sich Beifall heischend um, aber sein Vater schüttelte den Kopf. „Nein, ich denke, Vorsicht ist angebracht. Sie gehört zu uns und scheint uns beschützen zu wollen.“ Er schickte zwei Männer in Richtung Höhle, um die Situation einzuschätzen und die Wölfin folgte ihnen.
Zudem hielten die anderen Männer ihre Waffen griffbereit und verteilten sich um die Gruppe.
Die beiden ausgewählten Männer näherten sich vorsichtig und kampfbereit der Anhöhe. Sie kletterten langsam nach oben, bewegten sich leise im Windschatten vorwärts und versuchten die Deckung von Büschen auf dem Weg zu nutzen bis sie die ersten Ausläufer des Waldes erreichten. Die Wölfin war hinter ihnen, aber gab keinen Laut von sich. Ein Stück vor der Anhöhe im Schutz des Waldes verharrten sie einen Moment, schnupperten und lauschten.
Die Wölfin winselte, hielt den Kopf nach unten und ging dann langsam ein paar Schritte rückwärts. Doch die Männer verstanden nicht. Sie hatten offenbar noch keine Witterung aufnehmen können. Das konnte doch nicht sein. Sie wusste, dass Menschen in dieser Hinsicht nicht mit ihr mithalten konnten, aber sie hatte schon vor vielen Schritten den Geruch des Feuers, der Felle, der Haut und des Fleisches wahrgenommen. Sie waren inzwischen so nah, dass sie die anderen Menschen sogar hörte. Ferne Stimmen, ein Klappern, das Weinen eines kleinen Menschen. Es waren einige. Möglicherweise nicht mehr als ihr Rudel Menschen. Aber hier waren nur zwei des Rudels, Kämpfer zwar, aber nur zwei. Und die Absichten der anderen Menschen waren unklar. Vielleicht waren sie sich schon begegnet, vielleicht nicht. Auf jeden Fall war ein erster Kontakt mit einem fremden Rudel immer gefährlich. Das wusste sie.
Ihr altes Rudel war auch einige Male auf andere Rudel gestoßen. Oft nur ein Pärchen auf der Suche nach einem Territorium für das neuzugründende Rudel, teilweise sogar Söhne oder Töchter, die das eigene Rudel zu diesem Zweck verlassen hatten – dann gab es kein Problem. Einmal jedoch waren sie auf ein fremdes Rudel getroffen, dass offenbar absichtlich in ihr Revier eingedrungen war, um es zu übernehmen. Es war ein großes starkes Rudel und sie und ihre Brüder hatten ziemlichen Respekt vor der Meute, Vater und Mutter jedoch strahlten keinerlei Ängste oder Zweifel aus als sie sich mit breiter Brust den Fremden näherten.
Die Situation wurde durch das Eintreffen eines weiteren Rudels
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