Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
sein Wolfsfell umgelegt und sich einige schöne Muster mit roter Erdenfarbe auf die Arme gemalt, damit die Sippe auf der Wanderung von den Göttern geschützt wurde.
Auf dem Rücken trug Kittoo ein Gestell aus Zweigen- und Grasgeflecht, in dem einiges verstaut war. Oben auf dem Gestell saß der Rabe, den er gepflegt hatte und der bei ihm geblieben war. Die Wölfin lief neben ihm und beäugte den seltsamen schwarzen Vogel, der da auf dem Rücken des Rudelführers thronte. Sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Offenbar konnte der Vogel nicht mehr fliegen, nur hüpfen und eine kleine Strecke flattern. Trotzdem hatte man ihr klar gemacht, dass er nicht als Beute zu betrachten war. Pinaa hatte sich so lange mit Ruhe und Bestimmtheit zwischen sie und den Vogel gestellt , bis die Wölfin verstanden hatte, dass der Vogel wohl auch ein Rudelmitglied war und sie ihn in Ruhe lassen sollte. Sobald der Rabe aber realisiert hatte, dass der Wolf ihm nichts tat, hüpfte er ihr vor der Nase herum und pickte ihr in den Schwanz. Als er allerdings auch noch versuchte, etwas von ihrem Futter zu stehlen, reichte es der Wölfin. Sie richtete sich abrupt auf und knurrte tief, so dass der Vogel zurück zuckte und schließlich in seinem komischen Rabengang davon stolzierte. Von da an versuchte er zumindest nicht mehr, an ihr Fleisch zu gehen.
Die Wölfin wandte sich von dem Raben ab und bemerkte, dass sie sich schon ein Stück vom Lager und damit von ihrem alten Rudel entfernt hatten. Offenbar musste sie diese nun endgültig hinter sich lassen. Das war ein seltsames Gefühl, aber sie hielt nicht inne. Sie hatte sich für die Menschen entschieden und würde bei ihnen bleiben.
Sie suchte Pinaa und fand sie mit einer vollgepackten Tasche und einigen auf den Rücken gebundenen Tierhäuten neben Minoo laufend, der ebenfalls ein Gestell auf dem Rücken hatte, in dem Waffen und Werkzeuge untergebracht waren. Beide schienen freudig erregt zu sein, obwohl sie den angestammten Lagerplatz verließen.
Minoo erzählte Pinaa gerade von den neuesten Eskapaden des Raben. Ihm war das Tier ans Herz gewachsen. Kittoo hatte getan, was er konnte und es schien dem Raben auch sehr gut zu gehen, aber er würde wohl nie wieder fliegen können. Minoo hatte ihn oft vor Kittoos Hütte besucht und ihm Futter gebracht. Er hatte miterlebt, wie der Rabe immer zutraulicher und verspielter wurde. Nur Anatoo konnte sich ihm nicht nähern. Der Vogel hüpfte dann sofort davon oder ging in Angriffsstellung. Seine Schnabelhiebe konnten ganz schön weh tun und Anatoo konnte dem Vogel nichts tun, da auch sein Vater das Tier lieb gewonnen hatte. Auch in diesem Fall schien der Rabe Bescheid zu wissen und Anatoo bewusst zu provozieren.
"Er kann Geräusche nachmachen." sagte Minoo gerade. Pinaa sah ihn ungläubig an. "Wirklich, es klingt wie echt, ich habe es gehört." beteuerte Minoo. "Er knurrt wie deine Wölfin." Er lachte. "Anatoo hat sich zu Tode erschrocken. Er saß in seiner Hütte und dachte, dass direkt hinter ihm ein Wolf steht." Jetzt lachte auch Pinaa, auch wenn sie das immer noch nicht so recht glauben konnte.
Es dauerte im Normalfall vier bis fünf Tage, zu ihrem Zwischenlagerplatz an der Höhle in der Nähe des dichten Waldes zu gelangen.
Sie liefen solange die Sonne am Himmel war und legten immer wieder kleine Pausen ein, um Wasser und Nahrung zu sich zu nehmen, sich auszuruhen, aber auch zu schauen, ob alles mitgeführte noch gut verstaut und gesichert war oder ob etwas Gefährliches oder Interessantes in der näheren Umgebung zu finden war.
Vor Einbruch der Dunkelheit wählten sie einen geeigneten Platz auf und bauten die Zelte für die Nacht auf. Sie aßen und legten sich dann schlafen, wobei sie immer ein Feuer brennen und abwechselnd Jäger das Lager bewachen ließen.
Sie bewegten sich in den Ausläufern eines Gebirges, es ging zwar einige Male bergauf, durch lichte Wälder oder dichtes Gestrüpp, und einige Wege waren beschwerlich, aber es gab keine wirklich schwierigen Stellen oder Kletterpartien. Die Wanderung war einfacher als die zum Winterlager und brachte auch immer etwas Abwechslung.
Am dritten Tag wurden sie von einem heftigen Wolkenbruch überrascht. Es donnerte und grelles Feuer schlug vom Himmel herunter. Sie verließen rasch den Wald und suchten sich einen Felsvorsprung, unter dem sie rasteten, bis Donner und Feuer fortgezogen waren. Einige sammelten den Regen in ihren Wasserblasen. Sie fanden aber normalerweise auf diesem Weg immer
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