Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Anschein nach müsste sie die erste Anhöhe erreichen können, um festzustellen, ob es dort vielleicht einen geeigneten Unterschlupf gab oder einen weiterführenden Weg.
Sie bedeutete der Wölfin zurückzubleiben und kletterte unter Zuhilfenahme geeigneter Einbuchtungen im Fels vorsichtig nach oben. Der Abschnitt war nur knapp drei Schritte hoch, aber durch den Schnee auch rutschig. Sie klammerte sich an einem Gebüsch fest und kroch schließlich über die Felskante auf die nächste Ebene. Sie sah sich um. Es war nur ein sehr kleiner Vorsprung im Fels, auf dem sie saß und es ging lediglich weiter nach oben, noch steiler und felsiger. Das sah nicht gut aus. Zudem hörte sie jetzt die Wölfin unten kratzen. Sie sah hinunter, die Wölfin machte Anstalten, zu ihr nach oben zu klettern. Pinaa gab ihr Zeichen, dass sie nicht kommen sollte und hörte in diesem Moment hinter sich ein Geräusch. Direkt über ihr stand ein Luchs. Pinaa zuckte zusammen. Die Katze fauchte wütend, vermutlich hatte sie hier irgendwo ihren Unterschlupf, und Pinaa beschloss, schnell den Rückzug anzutreten. Sie rutschte bäuchlings Richtung Abhang und suchte noch mit den Füßen nach Halt, als der Luchs auf ihre Ebene sprang. Vor Schreck konnte sie sich nicht mehr halten. „Aaah.“ Sie fiel, ruderte mit den Armen und schlug unsanft im Schnee auf, zum Glück nicht auf einem Felsen. Ihr Rücken tat weh, aber es schien alles noch ganz zu sein. Die Wölfin war direkt über ihr und leckte ihr das Gesicht. Dann schauten beide nach oben. Der Luchs starrte grimmig zurück, jedoch verwirrte ihn die unerwartete Kombination offenbar. Er blieb einen Moment unschlüssig stehen, gab dann ein kurzes Abschieds-Fauchen von sich und verschwand wieder nach oben. Pinaa und die Wölfin sahen sich einen Moment lang an. „Vielleicht essen wir erst einmal etwas.“ sagte Pinaa.
Danach liefen sie weiter an der Felswand entlang, während der Schneefall fast zum Sturm wurde. Bei Sonnenabstieg war Pinaa völlig erschöpft. Sie versuchte ihr Bestes, um unter einem schmalen Felsvorsprung ein Nachtlager zu bauen, aber es gelang nur teilweise. So tief es ging grub sie sich mit der Wölfin in den Schnee ein und bedeckte sich mit Fell. Frierend und hungrig wachte sie am nächsten Tag auf. Sie hatte nur wenige Vorräte mitgenommen, die Fackel war kaum noch zu gebrauchen und es wurde zunehmend notwendig, einen trockenen Unterschlupf zu finden oder zumindest eine Stelle, wo sie vielleicht einen aufbauen konnte. Aber der Wald schien niemals zu enden oder lichter zu werden. Der Schneefall hatte etwas nachgelassen, aber nicht aufgehört und Pinaa hatte bald das Gefühl, blind und taub durch den immer gleichen Traum zu ziehen. Sie hatte die Orientierung verloren, war müde und hungrig und steif von der Kälte. Durch den Schnee schien es immer dunkel zu sein und die Bäume zogen nach und nach wie in Trance an ihr vorbei. Sie wusste nicht mehr, ob sie noch lief oder gezogen wurde, ob es Tag oder Nacht war oder warum sie hier war. Die Bäume wurden immer schneller und ihre Gedanken immer langsamer. Und schließlich tauchte sie in einen Strudel aus weißen Flocken ein. Sie kam wieder zu Bewusstsein als eine warme raue Zunge über ihr Gesicht fuhr. Pinaa schlug die Augen auf. Die Wölfin hatte sie unter einen Nadelbaum ins Dickicht geschleppt. Sie lag dicht an sie geschmiegt und Pinaa spürte ihren warmen Körper. Wie lange hatten sie hier gelegen? Und wo waren sie genau? Waren sie weiter vorwärts gekommen oder nur im Kreis gelaufen? Egal, sie war noch am Leben und fühlte sich besser. Sie umarmte die Wölfin fest, richtete sich auf und kroch ein Stück unter dem Baum hervor. Es hatte aufgehört zu schneien. Und es war noch recht hell. Oder schon wieder hell? Sie mussten jetzt etwas zu essen finden, das war das wichtigste. Pinaa schüttelte erst einmal alle anderen Gedanken ab.
Sie stand auf, suchte ihre Tasche und holte den Bogen und die Pfeile hervor. Sie versuchte, den Bogen zu spannen, konzentrierte sich dann, ging in die Hocke, machte in dieser Haltung ein paar sanfte Schritte vorwärts und schoss einen Pfeil Richtung des nächstgelegenen Baumes. Der Pfeil traf dort, wo sie es erhofft hatte. Sie sah die Wölfin an, die sich Zweige und Schnee aus dem Fell geschüttelt hatte und sagte „Wir müssen auf die Jagd.“ Die Wölfin sah sie und den Bogen aufmerksam an. Pinaa deutete in eine Richtung „Kannst du die Beute suchen?“ Die Wölfin schien zu verstehen und begann zu
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