Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Schlimmeres angerichtet hat." Pinaa schluchzte. "Was wird nun passieren?" "Ich denke, Kittoo wird sich noch weiter um Anatoo kümmern." antwortete Tanoo. "Dann werden sie sich wahrscheinlich morgen beraten. Ich soll die Wölfin in die Höhle bringen, sag ihr gute Nacht."
Kapitel 6 – Flucht und Verbannung
Pinaa wusste, dass sie nicht viel Zeit hatte. Ihr Vater hatte ihr gesagt, dass die Jäger zusammensaßen, um über das Schicksal der Wölfin zu entscheiden. Er hatte ihr versichert, dass sie bestimmt neutral entscheiden und eine gute Lösung finden würden und sie hatte so getan, als ob sie das glaubte. Aber sie wusste, dass es nicht so kommen würde. Nach den Schilderungen von Battoo sah die Sippe die Wölfin wieder als wilde Bestie. Kittoos Sohn war schwer verletzt. Vielleicht würde den Arm verlieren. Zumindest aber leiden. Sie würden sie töten wollen. Da war sie sicher.
Sie hatte also nur diese eine Chance. Sie hatten die Wölfin mit mehreren Leinen hinten in der Höhle angebunden. Nonoo sollte sie bewachen.
Pinaa zog sich alle Sachen an, rollte ihr Schlaffell zusammen und packte hektisch Pfeil, Bogen, Messer, Feuersteine, etwas Feuerbinder, Heilpflanzen, Vorräte und schließlich die kleine Figur, die Tisgar ihr geschenkt hatte, in eine große Tasche. Sie hielt kurz inne als ihr bewusst wurde, was sie zu tun im Begriff war. Sie würde ihre Sippe verlassen. Ihren Vater. Minoo. Sie streifte diese Gedanken ab. Die Wölfin war zu ihr gekommen. Sie hatte ihr vertraut. Sie konnte sie jetzt nicht im Stich lassen. Zum Glück war Minoo nicht da. Er hätte sicher geahnt, was sie vorhatte und versucht, sie daran zu hindern oder sie zu begleiten. Diese Diskussion blieb ihr nun zumindest erspart.
Die meisten Frauen waren noch nicht vom Bach zurück und die restlichen Sippenmitglieder hielten sich in der Nähe von Kittoos Hütte auf, wo die Jäger zusammengekommen waren, um über das Schicksal von Pinaa und der Wölfin zu entscheiden.
Obwohl es um ihre Wölfin ging, beachtete sie im Moment niemand. Blieb nur noch Nonoo. Aber Pinaa wusste schon, wie sie das lösen würde. Nonoo war nicht dumm, aber hatte ein gutes Herz und mochte Pinaa. Zudem war er - auch durch seine inzwischen etwas krummen Beine - nicht mehr der schnellste.
Sie warf sich den übergroßen Fellmantel ihres Vaters über und versuchte, die prall gefüllte Tasche auf ihrem Rücken so gut wie möglich darunter zu verstecken. Dann begab sie sich zu der Höhle.
Nonoo sah sie kommen und breitete die Arme aus. "Oh Kleine ..." sagte er und Pinaa kuschelte sich kurz in seine Arme. "... es tut mir so leid." Ihr kamen jetzt tatsächlich die Tränen, umso besser. Sie sah ihn an und schluchzte. "Ich ... ich möchte noch ein bisschen bei ihr sein." Nonoo schaukelte sie hin und her und nickte.
"Ja, ich verstehe." antwortet er. "Ich muss mir auch ein bisschen die Beine vertreten." Er stand auf und sah ihr in die Augen, und Pinaa ahnte auf einmal, dass er ihre Absicht durchschaute. "Pass auf dich auf." sagte er und verließ die Höhle schnellen Schrittes - trotz der krummen Beine.
Pinaa schluckte kurz und überlegte, ob er wohl schlimmen Ärger bekommen würde, aber dann konzentrierte sie sich wieder ganz auf ihr Vorhaben. Die Wölfin zog aufgeregt an den Leinen, als sie sie kommen sah. "Schsch ... ruhig." flüsterte Pinaa. Schnell schnitt sie eine Leine nach der anderen mit dem scharfen Steinmesser durch, nahm die brennende Fackel, die Nonoo auf seinem Platz zurückgelassen hatte und wies die Wölfin mit einer Handbewegung an, ihr zu folgen. Sie liefen los, in die Tiefen der Höhle, und Pinaa hoffte inständig, dass sie sich richtig an den Weg erinnerte. Die Höhle ging tief in den Berg hinein, sie war sehr groß, tief verzweigt und hatte drei weitere Ausgänge. Pinaa wollte den am weitesten entfernten Ausgang auf der anderen Seite des Berges erreichen, der direkt in den dichten Wald führte. Sie hoffte, durch den Schnee ihre Spuren so verwischen zu können, dass sie sie nicht finden würden. Dazu musste sie aber möglichst schnell sein. Sie folgte den Verzweigungen der Höhle, so wie sie es vom letzten Winter in Erinnerung hatte.
Die Wölfin folgte ihr ohne Zögern. Sie schien zu wissen, dass ihre Konfrontation mit dem Sohn des Anführers nichts Gutes zu bedeuten hatte und dass sie nun auf der Flucht waren. An einer Abzweigung blieb Pinaa unschlüssig stehen. Es konnte nicht mehr weit sein, aber sie war nicht mehr sicher, welche Richtung richtig war. Sie sah
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