Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
der Beute interessiert. Er senkte den Kopf etwas, sah sie freundlich an und heulte leise in ihre Richtung. Er warb sie an. Die Wölfin war überrascht, aber nicht abgeneigt. Der Bewerber war stattlich, mit breitem Kopf, aufrechtem Gang und ausgeprägten Muskeln. Sie erinnerte sich jetzt, seine Markierungen am Tag zuvor aufgenommen zu haben. Fast mechanisch hatte sie ebenfalls Paarungsbereitschaft signalisiert, die Gedanken immer auf ihr Menschenrudel gerichtet. Und nun war er tatsächlich gekommen. Und er war interessiert. Ihr rotes Fell schien ihn nicht abzuschrecken.
Sie machte einige Schritte auf ihn zu, Ohren und Haare wieder gesenkt, den Schwanz nach oben gerichtet. Sie beschnüffelten sich, dann rieben sie die Köpfe aneinander. Bevor sie sich völlig hingeben wollte, fiel ihr das Menschenweibchen wieder ein. Sie signalisierte ihm, dass sie erst die Beute wegschaffen und dann zurück kommen würde, dann drehte sie sich schnell von ihm weg und bot dem verletzten Menschen ihren Rücken an.
Renaa hatte sich die ganze Zeit über starr vor Angst an ihren Baum gedrückt. Sie hatte kaum etwas von dem fremden Wolf gesehen und nur befürchtet, dass es zu einem Kampf kommen würde. Er schien größer zu sein als Pinaas Wölfin und vermutlich war das sein Territorium. Als er geheult hatte und die Wölfin auf ihn zugelaufen war, hatte Renaa die Augen geschlossen und den Gott gebeten, die Wölfin stärker zu machen. Sie hatte nicht gewusst, wie sie sonst helfen könnte.
Aber es war nichts passiert. Die Wölfin stand jetzt seitwärts vor ihr und sah sie abwartend an. Schließlich beugte sie etwas den Rücken und drückte sich an sie. Jetzt begriff Renaa. Sie wollte sie tragen. Vorsichtig legte sie sich über den Rücken der Wölfin und schlang ihr die Arme um den Hals. Sie versuchte die Beine hinten zu verschränken, damit sie nicht auf dem Boden schleiften. Sie war eigentlich zu groß und schwer und hoffte, dass sich die Wölfin nicht verletzte.
Diese lief langsam los. Der fremde Wolf trabte noch ein Stück hinter beiden her, blieb dann aber stehen und heulte noch einmal leise.
Der kleine Mensch war nicht gerade leicht und es fiel ihr schwer, den attraktiven Bewerber am Rand seines Reviers stehen zu lassen, aber die Wölfin hielt nicht an. Sie wollte das Weibchen zum Rudel zurück bringen.
"Vater?" Setanoo sprang auf, als er die Stimme seiner Tochter hörte. War das ein Traum? Nein, auch sein Sohn und die anderen Jäger standen auf und wandten sich in Richtung der Stimme. Im Schein des Feuers formte sich ein seltsames Bild. Ein großer Wolf trug seine Tochter auf dem Rücken. Renaa klammerte sich fest um seinen Hals. Sie war bleich und zerzaust. Setanoo glaubte kurz erneut, dass ihn doch noch der Schlaf heimgesucht hatte, aber dann rannte Battoo auf den Wolf zu. "Renaa!" schrie er und fiel ihr und dem Tier gleichermaßen um den Hals. Das erweckte alle aus der Starre. Den Wolf zunächst unbeachtet lassend nahm Setanoo seine Tochter vorsichtig auf die Arme und drückte sie an sich. "Was ist passiert?" flüsterte er. "Wie geht es dir?" "Ich bin wohl gefallen. Auf den Kopf." Sie lächelte und deutete auf die blutverschmierte Beule an ihrem Hinterkopf. "Aber die Wölfin hat mich gerettet." Battoo war außer sich vor Freude. Er knuddelte Renaa. Dann knuddelte er die überraschte Wölfin. Dann rief er nach seiner Mutter. Kittoo und Tanoo kamen dazu und Kittoo sah sich Renaas Wunde an. "Kannst du richtig sehen?" fragte er. "Oder dreht sich alles?" Sie nickte. "Es dreht sich. Und mir ist schlecht." Tanoo hatte die Wölfin erkannt und sie auch ihn. Sie leckte seine Hand. Renaas Mutter kam weinend angelaufen und riss Renaa an sich. Kittoo versuchte sie zu beruhigen. "Sie darf sich nicht gleich hinlegen." riet er. "Sie soll sitzen bleiben, viel trinken und eine Kleinigkeit essen. Die Wunde scheint versorgt zu sein. Und dann redet ihr mit ihr. Anatoo?" Kittoo drehte sich nach seinem Sohn um, während nach und nach weitere Sippenmitglieder von dem Treiben aufgeschreckt aus ihren Zelten kamen.
Anatoo hatte sich eine Fackel genommen und richtete sie auf die Wölfin. Er fixierte sie mit grimmigem Gesichtsausdruck und ging auf sie zu. "Anatoo!" Kittoo hatte Angst um seinen Sohn, sah aber auch die Wölfin nach Renaas Rettung mit anderen Augen, er wusste nicht, wie er eingreifen sollte. Die Wölfin wich zurück, aber nur kurz. Dann stellte sie sich auf und knurrte tief. "Seht ihr." sagte Anatoo. "Rettung oder nicht, sie will schon
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