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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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schon mehr als zehn Sommer zurücklag. Die Hüter lebten abgeschieden wie Einsiedler in ihren Hütten. Nur zu wichtigen A nlässen durften sie ihren Platz verlassen – entweder, wenn nach dem T od eines Hüters ein Nachfolger in den Zirkel aufgenommen werden musste, oder wenn – wie Jemina – ein Elev die Prüfung ablegen wollte, die ihn in den Stand eines Novizen erhob.
    Novizen besaßen alle Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein Elev erlangen musste, um das Erbe eines Hüters anzutreten. Doch erst, wenn sein Mentor verstarb, wurde der Novize im Rahmen einer feierlichen W eihezeremonie in der Feste der Magier endgültig in den Stand eines Hüters erhoben. Denn erst im A ngesicht des T odes gab der Hüter dem Novizen das geheime W issen weiter, das nicht vererbt und nicht erlernt werden konnte. W ar dies nicht möglich, musste das W issen dem Novizen durch die anderen Hüter übertragen werden.
    Jemina schüttelte den Kopf und verscheuchte den Gedanken. So weit wollte sie nicht denken. Efta war nicht mehr jung, aber gesund und voller T atendrang und würde noch viele Jahre die Kraft besitzen, die Magie des Schattenbergs aufrecht zu halten.
    Jemina schlug die Decke zurück und wandte sich dem Feuer zu. W enn Efta zurückkehrte, würde sie sich über etwas W ärme freuen.
    Auf der Suche nach etwas Glut stocherte Jemina mit einem langen Stock in der A sche herum. Sie hatte Glück. Ganz unten fand sie etwas glimmende Holzkohle, die aufglühte, als sie die A sche darüber entfernte. Jemina griff in die T asche mit trockenem Moos, die nahe dem Feuer bereit stand, und warf eine Handvoll auf die Glut. Nur wenige A ugenblicke später züngelten die ersten Flämmchen in die Höhe und Jemina legte etwas von dem Reisig nach, das sie am A bend gesammelt hatte. Der Nebel hatte die Zweige befeuchtet, aber sie qualmten nur wenig. Bald fanden die Flammen auch in dem Holz Nahrung und Jemina konnte ein paar von den dickeren Ästen darüber schichten.
    Als sie aufblickte, entdeckte sie Efta. In ihren dunklen Reiseumhang gehüllt, stand sie nahe der Barke am Ufer und starrte auf den Fluss hinaus, als würde sie am Ende eines W eges vor einem unüberwindlichen Hindernis stehen. Jemina zögerte, sie anzusprechen. So hatte sie Efta noch nie erlebt. Ihre Körperhaltung war angespannt, ganz so, als würde sie auf etwas lauschen oder versuchen, im Nebel etwas zu erkennen.
    Jemina erhob sich und ging zu Efta. »Was ist los?«, fragte sie nach einem A ugenblick des Innehaltens.
    »Nichts.« Efta drehte sich um und lächelte. »Es … war nur so ein Gefühl.«
    »Was für ein Gefühl?« Jemina war verunsichert.
    »Ich weiß nicht.« Efta nahm einen tiefen A temzug. »Es war plötzlich da. A ber ich habe keine W orte, mit denen ich es beschreiben könnte.« Sie legte die Stirn in Falten. »Seltsam war es, anders und … dunkel.« Sie schüttelte den Kopf.
    Ganz in der Nähe begann eine Uferbraunelle zu singen, und als sei dies ein Zeichen, kehrten auch andere Geräusche in die frühmorgendliche Flusslandschaft zurück.
    »Ist es fort?«, wagte Jemina zu fragen, der die V eränderung nicht entging.
    »Ja.« Efta lächelte und nickte. »Es ist fort.« Sie legte Jemina den A rm um die Schultern. »Komm, lass uns etwas essen. W enn wir den Nebelsee vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wollen, müssen wir bald aufbrechen.«
    Wenig später setzten sie die Reise fort. Lautlos glitt die Barke, von der Strömung getragen, durch den Nebel, und nur die Stechpaddel, die Jemina und Efta hin und wieder mit gleichmäßigen Bewegungen ins W asser tauchten, erzeugten auf dem W asser ein paar W ellen.
    Jemina saß am Bug des schlanken Bootes. Efta hatte den hinteren Platz eingenommen. Bis auf eine Schlange, die den Fluss schwimmend durchquerte, einen einsamen Purpurreiher, der im flachen W asser auf Beute wartete, und die überall herumschwirrenden Sumpflibellen, begegnete ihnen an diesem Morgen niemand.
    Die Büsche am Flussrand mit den ausladenden Zweigen und das mannshohe Schilfgras waren im Nebel nur schemenhaft zu erkennen. Dann traten die Ufer allmählich zurück, der Flusslauf begradigte sich und wurde breiter. Im dichten Nebel konnte Jemina nicht erkennen, wann sie die Mündung des Stillen Flusses in den Nebelsee passiert hatten und auf die weite W asserfläche hinausgeglitten waren. Erst als die Barke langsamer wurde und Efta zu paddeln begann, begriff Jemina, dass sie ihr Ziel erreicht haben mussten.
    »Wir sind bald da!«, hörte sie Efta hinter sich

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