Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
konnte, wer er war und in wessen Auftrag er den Grafen zu sprechen wünschte. Daraufhin wurden sie unter strenger Bewachung bis zur Wohnstätte der Grafenfamilie begleitet.
    Während Jori bei den Pferden blieb, führte man Arnaut durch den alten Palast, der in der Stadt von den arabischen Emiren der Banu-Ammar-Familie errichtet worden war. Ohne die provenzalischen Wachen und ein paar Kreuzen an den Wänden hätte man meinen können, man hielte sich in Bagdad oder Alexandria auf. Palmen und bunte Vögel zierten den Garten, das Plätschern von Wasser erfreute das Ohr, und überall luden bequeme Diwane zum Verweilen ein. Die christlichen Herren in Outremer hatten sich schnell an die Annehmlichkeiten des Orients gewöhnt.
    Nicht ganz so freundlich war der Empfang im Audienzsaal des Fürstenpaares, denn Graf Raimon musterte ihn äußerst mürrisch und misstrauisch. Seine Gemahlin dagegen betrachtete ihn mit Neugier. Hier war der Mann an Bertrans Seite, der sie so lange in Atem gehalten hatte.
    Es entging Arnaut nicht, dass er Eindruck auf sie machte. Doch mit Unmut nahm er zur Kenntnis, dass auch Josselin de Puylaurens zugegen war.
    »He, Montalban!«, rief der. »Welch unerwartete Freude.« Seine saphirblauen Augen blitzten vor boshaftem Vergnügen. »Ich hoffe, du passt noch gut auf mein Schwert auf.«
    »Ich verspreche dir, du Bastard«, knurrte Arnaut, »dass du an diesem Schwert noch verrecken wirst.«
    Es war unbedacht gesagt, und Arnaut biss sich auf die Lippen, aber Josselin lachte nur und schien sich nicht daran zu stören.
    »Es ist ziemlich frech, hier aufzutauchen«, polterte der Graf. »Was soll mich daran hindern, dich auf der Stelle aufzuknüpfen?«
    »Ich bin gekommen, Euch einen Handel anzubieten, wie wir die Feindseligkeiten beenden könnten.«
    »Mit Wegelagerern verhandelt man nicht.«
    »Sei still, Raimon«, sagte Hodierna mit Bestimmtheit. »Ich will hören, was der Mann vorschlägt. Also lass ihn gefälligst reden.«
    Raimons Miene verdüsterte sich bei diesen Worten noch mehr. Aber er nickte widerstrebend. »Also sag, was du zu sagen hast«, murrte er.
    Es war jetzt fast ein Jahr her, dass Arnaut den Grafen zum letzten Mal gesehen hatte, damals in Caesarea. Er kam ihm noch unruhiger und aufbrausender vor, als er ihn in Erinnerung hatte. Auch schien es nicht zum Besten zwischen dem Grafenpaar zu stehen, nach dem gereizten Ton zu urteilen, der zwischen ihnen herrschte.
    Arnaut trug seine geplante Rede vor, die der Graf zwar häufig durch geringschätziges Schnauben unterbrach, aber ohne weitere Wutausbrüche über sich ergehen ließ. Selbst als Arnaut von Bertrans Verlobung mit seiner Tochter sprach, blieb er ungewohnt ruhig, wenn er dieses Ansinnen auch als wirre Träumerei abtat. Arnaut hatte den Eindruck, der Mann bellte mehr, als dass er biss.
    Weit mehr erstaunte Arnaut die Aufmerksamkeit, mit der Hodierna ihm gelauscht hatte. Sie befragte ihn nach Einzelheiten seines Vorschlags, als könnte sie einen solchen Handel durchaus in Betracht ziehen. Arnauts Herz begann, schneller zu schlagen. Sollte es denn möglich sein, sie zu überzeugen? Dann fing er verstohlene Blicke zwischen dem Grafen und Josselin auf, als würde Letzterer ihn anweisen, sich zurückzuhalten. Wer von diesen dreien hatte denn nun das Sagen?, fragte er sich verwirrt. Etwa Josselin?
    »Ich möchte nicht vorgreifen«, sagte der, »aber ich glaube, die Sache ist eine Überlegung wert. Was meint Ihr, Graf?«
    Der zog eine mürrische Miene, nickte aber schließlich.
    »Wie darf ich das verstehen?«, fragte Arnaut hoffnungsvoll.
    »Das meiste ist natürlich Unsinn«, erwiderte Raimon verdrießlich. »Aber das eine oder andere …«
    »Komm in vierzehn Tagen wieder«, lächelte Josselin ungewöhnlich freundlich. »Bis dahin lässt sich mehr sagen.«
    »Gut«, sagte Arnaut. »Aber da ist noch etwas.« Er war sich bewusst, dass er das Erreichte vielleicht wieder völlig in Frage stellen würde, aber er konnte die selbstgefällige Fresse dieses Kerls nicht länger ertragen. Er deutete auf Josselin.
    »Dieser Mann hier hat Alfons Jordan ermordet.«
    Der lachte auf. »Wie kommst du auf so was?«
    »Ich habe gesehen, wie du die Becher vertauscht hast.«
    Da wurden Josselins Augen schmal, und er funkelte Arnaut bösartig an. »So ein Unsinn.«
    »Er soll uns übergeben werden«, fuhr Arnaut fort, »auf dass wir ihn richten, wie es sich gehört.«
    »Jetzt reicht’s mir aber«, schäumte Raimon. »Alfons ist an schlechtem Fisch verreckt.

Weitere Kostenlose Bücher